Pille davor

Ministerium: 40 Prozent weniger Neuinfektionen durch HIV-PrEP

Berlin - 27.07.2018, 10:15 Uhr

Dass Spahn die HIV-PrEP als Kassenleistung einführen möchte, betrachten die Liberalen als ihren Verdienst. (b / Foto: Imago)

Dass Spahn die HIV-PrEP als Kassenleistung einführen möchte, betrachten die Liberalen als ihren Verdienst. (b / Foto: Imago)


Etwa 10.000 Menschen könnten in Deutschland von einer HIV-Präexpositionsprophylaxe profitieren. Deren Versorgung würde etwa drei Prozent der Kosten ausmachen, die derzeit für die Behandlung bereits Infizierter ausgegeben wird. Dies geht aus der Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor. Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die HIV-PrEP als Kassenleistung ermöglichen will, führen die Freien Demokraten auf ihre Initiative zurück.

Auf der Welt-AIDS-Konferenz in Amsterdam haben Experten diese Woche erneut bestätigt: Die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) mit Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil schützt effektiv vor Neuinfektionen. In Deutschland ist die HIV-PrEP derzeit keine Kassenleistung. Die Bundesregierung findet, dass Versicherte mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko einen gesetzlichen Anspruch auf die HIV-PrEP haben sollen. Dies erklärt die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU) in einem Antwortschreiben auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion.

Hat die FDP das BMG inspiriert?

Diese positive Haltung überrascht nicht, denn im Zeitraum zwischen der BMG-Antwort und der FDP-Anfrage kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an, die medikamentöse HIV-Präexpositionsprophylaxe als Kassenleistung gesetzlich zu ermöglichen.

Die Freien Demokraten betrachten Spahns Vorhaben als Verdienst ihrer Anfrage. „Ich bin sehr stolz, dass unsere Kleine Anfrage offenbar im Bundesministerium für Gesundheit für einen Sinneswandel gesorgt hat. Dort wurde zuvor jahrelang nichts unternommen“, erklärt Hauptfragesteller Dr. Wieland Schinnenburg gegenüber DAZ.online. Zwischen der FDP-Anfrage und Spahns Verlautbarung zur PrEP lagen allerdings nur 14 Tage. 

HIV: Prävention kostengünstiger als Therapie

Aus dem BMG-Antwortschreiben geht hervor, dass in Deutschland etwa 10.000 Menschen von einer HIV-PrEP profitieren würden. Die Bundesregierung schätzt die jährlichen Kosten für Medikamente und ärztlichen Beratung auf 770 Euro pro Person. Demgegenüber stehen die Kosten, die für die Behandlung bereits infizierter Personen anfallen. Laut Erhebungen des Statistischen Bundesamtes betrugen die Krankheitskosten im Jahr 2015 in Deutschland 278 Millionen Euro. Die zu erwartenden Präventionskosten  – hochgerechnet 7,7 Millionen Euro im Jahr – würden damit etwa drei Prozent der Therapiekosten betragen.

Die HIV-Präexpositionsprophylaxe mit Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil könnte nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) die Zahl der HIV-Neuinfektionen um etwa 40 Prozent senken. Dies leitet das BMG aus den Erfahrungen in London ab, wo der britische Gesundheitsdienst NHS die PrEP Risikopersonen zur Verfügung gestellt hat.

FDP fordert Gesamtkonzept zur PrEP

Damit die HIV-PrEP erstattungsfähig wird, ist eine Gesetzesänderung nötig. Spahn hat diese in seinem Entwurf für das „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ mit eingeplant, welches Vorschläge zu unterschiedlichsten Themen wie beispielsweise auch zur Impfstoffversorgung umfasst.  

Für den FDP-Gesundheitspolitiker ist das Ministerium dabei auf dem richtigen Weg. Aus Sicht des Zahnarztes genügt es allerdings nicht, lediglich die Arzneimittel zur Verfügung zu stellen: „Minister Spahn sollte schnell für ein Gesamtkonzept des PrEP-Managements sorgen. Dazu gehören ein Vorschlag für eine gesetzliche Grundlage, ein Gesamtkonzept inklusive der Werbung für die zusätzliche Verwendung von Kondomen sowie eine Regelung für Privatversicherte“, fordert Schinnenburg.


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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