Änderung der Arzneimittelrichtlinie

Verbandmittel: G-BA klagt gegen Bundesgesundheitsministerium

Berlin - 01.08.2018, 16:00 Uhr

Der G-BA soll klassische Verbandmittel von sonstigen Produkten zur Wundheilung abgrenzen. Doch das Bundesgesundheitsministerium hat die G-BA-Lösung beanstandet. (c / Foto: Photographee.eu/ stocke.adobe.com)

Der G-BA soll klassische Verbandmittel von sonstigen Produkten zur Wundheilung abgrenzen. Doch das Bundesgesundheitsministerium hat die G-BA-Lösung beanstandet. (c / Foto: Photographee.eu/ stocke.adobe.com)


Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) war nach der Hilfsmittelreform des vergangenen Jahres aufgerufen, die Abgrenzung von Verbandmitteln zu den sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zu konkretisieren. Dies hat er auch getan – allerdings in einer Weise, die dem Bundesgesundheitsministerium nicht schmeckt. Es beanstandete den Beschluss teilweise. G-BA-Chef Josef Hecken will allerdings nicht einlenken, sondern vor Gericht für Rechtsklarheit sorgen.

Gesetzlich Krankenversicherte haben einen Anspruch, mit Verbandmitteln versorgt zu werden. Im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber diesen Anspruch durch eine Definition des Verbandmittel-Begriffes in § 31 Absatz 1a SGB V konkretisiert. Verbandmittel sind demnach Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Inkontinenzmittel fallen damit beispielsweise nicht unter den Verbandmittelbegriff. Die Verbandmitteleigenschaft entfällt nicht, wenn das Produkt ergänzend eine Wunde feucht hält. Erfasst sind überdies Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren.

Was ist unmittelbar verordnungsfähig, was ausnahmsweise?

Dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erteilte der Gesetzgeber den Auftrag, bis zum 30. April 2018 das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln und sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zu regeln: Klassische Verbandmittel sollen weiterhin unmittelbar als Verbandmittel zu erstatten sein, während für die sonstigen Mittel zur Wundbehandlung die medizinische Notwendigkeit nachgewiesen werden muss – der G-BA regelt also, welche Produkte als medizinisch notwendig eingestuft werden.

BMG: G-BA zieht zu enge Grenzen

Tatsächlich beschloss der G-BA am 19. April 2018 eine Ergänzung der Arzneimittel-Richtlinie um einen neuen Abschnitt P und eine Anlage Va, in denen die Details zur Abgrenzung von Verbandmitteln und sonstigen Produkten zur Wundbehandlung festgelegt sind. Allerdings hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diesen Beschluss Ende Juni teilweise beanstandet. Das Ministerium bemängelt, dass der G-BA eine „selbstständige inhaltlich eingrenzende Bestimmung des Verbandmittelbegriffs“ vorgenommen habe, „für die es keine Ermächtigungsgrundlage gibt“. Es geht unter anderem darum, dass der G-BA die Verbandmittel insoweit eingrenzen will, als dass ihre die Hauptwirkung ergänzende Eigenschaft auf physikalischem Weg auf die Wundheilung einwirken muss – und zwar ohne eine eigenständige therapeutische Wirkung zu entfalten. Eine solche Eingrenzung könne weder dem Gesetzestext noch dem Willen des Gesetzgebers entnommen werden, heißt es im BMG-Schreiben. Das Ministerium gibt zu bedenken: „Durch die Abgrenzung der therapeutischen Wirkung sind auch Gegenstände, die antimikrobiell im Sinne einer bakteriziden/bakteriostatischen, auf pharmakologischer Wirkung basierenden Eigenschaft wirken, keine Verbandmittel mehr und folglich grundsätzlich nicht erstattungsfähig“.

Hecken: Beschluss bleibt unverändert und unveröffentlicht

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken will die Beanstandung nicht akzeptieren und kündigte an, zur Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen Rechtsmittel einzulegen. Der G-BA habe zudem entschieden, den Beschluss vom 19. April 2018 weder zu ändern noch zu veröffentlichen. „Damit ergibt sich der Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Verbandmitteln vorerst unmittelbar aus § 31 Abs. 1a SGB V“. Hecken betonte, dass der G-BA bei seiner Auffassung bleibe, „dass es für die Bestimmung der Hauptwirkung als Verbandmittel nicht belanglos ist, ob und welche konkreten Wirkungen ein Produkt neben dem Bedecken und/oder Aufsaugen entfaltet, um es als ‚sonstiges Produkt zur Wundbehandlung‘ einer Bewertung des Nutzens für die Patienten unterziehen zu können“. Daher werde er eine über die Teilbeanstandung vorgenommene Modifizierung des Regelungskonzepts nicht mittragen.

Der Beschluss des G-BA zu Verbandmitteln wird daher nun vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu prüfen sein.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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