Statistik 2017

„Pille danach“: Absatz steigt weiter, der Großteil enfällt auf EllaOne

Stuttgart - 06.08.2018, 17:00 Uhr

EllaOne gaben Apotheken deutlich häufiger ab als die Levonorgestrel-haltigen Mittel. (m / Foto: imago)

EllaOne gaben Apotheken deutlich häufiger ab als die Levonorgestrel-haltigen Mittel. (m / Foto: imago)


808.000 Mal gaben Apotheken im Jahr 2017 die „Pille danach“ ab. Das berichtete die Bild-Zeitung am Wochenende unter Berufung auf die Zahlen der ABDA. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von 6,7 Prozent. Den stärkeren Anstieg seit dem OTC-Switch führt die ABDA auf den leichteren Zugang zurück. Einen Missbrauch gebe es aber nicht, wie Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, erklärt. 

Die Anzahl der Packungen der „Pille danach“, die in den Apotheken abgegeben wird, steigt von Jahr zu Jahr – und das war auch schon der Fall bevor sie aus der Rezeptpflicht entlassen wurde. Die absoluten Zahlen variieren je nach Quelle, aber die Tendenz ist dieselbe. So wurden nach Angaben von Insight Health Notfallkontrazeptiva mit den Wirkstoffen Levonorgestrel oder Ulipristal im Jahr 2010 in knapp 342.000 Fällen verschrieben, im Jahr 2011 in über 367.000 Fällen. 2012 war dann laut dem Portal Statista die 400.000er-Marke geknackt – mit über 453.000 Packungen. 2014, dem letzten Jahr, in dem die Notfallkontrazeptiva komplett verschreibungspflichtig waren, gingen in Apotheken laut ABDA 475.000 Packungen über den HV-Tisch. Die ABDA bezieht ihre Zahlen ebenfalls von Insight Health. Statista kommt bereits 2013 auf 475.000 Packungen und 2014 auf 483.500.

Warum variieren die Zahlen je nach Quelle? 

Die unterschiedlichen Zahlen kommen dadurch zustande, dass bei den vor dem OTC-Switch mehrheitlich auf Privatrezept und später als OTC abgegebenen Notfallkontrazeptiva die tatsächlichen Zahlen keiner kennt. Sie werden auf Basis von Stichproben aus sogenannten Panel-Apotheken berechnet. Die Art und Weise, wie die Daten erhoben werden, ist zum Beispiel bei Iqvia und Insight Health vergleichbar. Allerdings kommen unterschiedliche Berechnungsmethoden zum Einsatz, was zu unterschiedlichen Ergebnissen der absoluten Zahlen führt, wie ein Sprecher von Insight Health gegenüber DAZ.online erklärt.

Seit der Entlassung aus der Verschreibungspflicht geht die Kurve allerdings steiler nach oben: 662.000 Packungen im Jahr 2015, 757.000 im Jahr 2016 und 808.800 im Jahr 2017 (Quelle: Insight Health). Über den jüngsten Anstieg, der einem Plus von 6,7 Prozent im Vergleich zu 2016 entspricht und der der ABDA-Broschüre „Zahlen, Daten, Fakten“ zu entnehmen ist, hat nun die Bild-Zeitung berichtet. Im Vergleich zu 2014, dem letzten Jahr vor dem OTC-Switch, hätten sich die Abgaben um 70,1 Prozent erhöht, hieß es in dem „Bild"-Bericht weiter. Die ABDA schreibt dazu in ihrer Broschüre: „Der Gesetzgeber wollte Frauen den Zugang zu diesen Verhütungsmitteln erleichtern. Dementsprechend sind die Absatzzahlen in der Selbstmedikation angestiegen, während es einen deutlichen Rückgang ärztlicher Verordnungen gegeben hat.“ Auch Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, sieht keine Hinweise auf einen zu sorglosen Umgang. Sie sagte vor wenigen Monaten der „Neuen Apotheken Illustrierten“: „Einen Missbrauch der ‚Pille danach‘ – der anfangs immer wieder thematisiert wurde – haben wir aber nicht beobachtet. Im Gegenteil: Die meisten Frauen gehen sehr verantwortungsbewusst mit dem Thema Verhütung um."

Zwei Drittel Marktanteil für Ulipristal

Abgegeben werden dabei vor allem ulipristalhaltige Präparate. Daten von Iqvia (vormals Quintiles IMS) zufolge hatten EllaOne® und die entsprechenden Reimporte einen Marktanteil von 67 Prozent, die levonorgestrelhaltigen Mittel, also Pidana® und Generika wie Unofem® oder Levonoraristo®, teilen sich die restlichen 33 Prozent. Iqvia kommt noch auf eine etwas höhere Gesamtzahl an abgegebenen Packungen als Insight Health, das Marktforschungsunternehmen, auf dessen Berechnungen die ABDA-Zahlen basieren – nämlich 822.300 Packungen. Das ist ein Anstieg um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 21.966.000 Euro setzten Apotheken laut Iqvia 2017 mit Notfallkontrazeptiva um.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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