Versandapotheken

Die Rolle Frankreichs im EU-Versandhandel

Stuttgart - 05.09.2018, 12:15 Uhr

Einige Apotheken in Frankreich (hier ein Beispielbild) verschicken trotz eines bestehenden Rx-Versandverbotes und der EU-Länderliste, auf der Frankreich nicht steht, regelmäßig Arzneimittel nach Deutschland. ( j/ Foto: Imago)

Einige Apotheken in Frankreich (hier ein Beispielbild) verschicken trotz eines bestehenden Rx-Versandverbotes und der EU-Länderliste, auf der Frankreich nicht steht, regelmäßig Arzneimittel nach Deutschland. ( j/ Foto: Imago)


Rabattschlacht vermeiden, Rx-Versand erhalten: Gelingt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Quadratur des Kreises? Immerhin hat er angekündigt, beim Deutschen Apothekertag seine Reformpläne für den Apothekenmarkt vorzustellen. Darin enthalten ist auch eine Lösung des Versandhandelskonflikts. Wer sich die Branche der Versender genauer ansieht, wird feststellen, dass die Warenströme nicht nur aus den Niederlanden kommen. Selbstzahler, aber auch GKV-Versicherte, bestellen teure Arzneimittel gerne in Frankreich.

Die Pharmacie Billmann im elsässischen Wissembourg und die Pharmacie de la Gare in Saint-Louis im Dreiländereck mit der Schweiz haben einiges gemeinsam: Sie liegen in unmittelbarer Nähe zur deutsch-französischen Grenze und sind eher klein und unscheinbar, vor allem was ihre Präsenz im Internet angeht. Über einen Online-Shop verfügen beide Apotheken nicht. Die Pharmacie Billmann hat noch nicht mal eine Homepage, dafür aber 21 – durchweg positive – Google-Rezensionen und eine Nutzerbewertung mit 4,7 von fünf möglichen Sternen.

Es scheint, als sei Marketing auch gar nicht nötig. In einschlägigen Foren und Communities für deutsche Patienten mit unerfülltem Kinderwunsch werden beide Apotheken unzählig oft genannt und hochgelobt. Nachvollziehbar ist, dass sich die Betroffenen nach preisgünstigen Alternativen umschauen, wenn ihre Krankenkassen für die Versuche nicht oder nur zum Teil bezahlen.

Mehrwertsteuer für Arzneimittel bei 2,1 bzw. 10 Prozent

Dabei kommt den französischen Apotheken zu Gute, dass ihr Staat für erstattungsfähige Arzneimittel eine verminderte Mehrwertsteuer von nur 2,1 Prozent erhebt und für die anderen 10 Prozent. In Deutschland gilt für Arzneimittel ausnahmslos der allgemeine Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Hinzu kommen bessere Einkaufskonditionen und eine fehlende Preisbindung, da sich ausländische Apotheken und Versender nicht an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung halten müssen.

Alles über den französischen Apothekenmarkt

So kostet eine Spritze Gonal F 900 I.E. in der Pharmacie de la Gare laut Homepage nur 336,10 Euro. Deutsche Apotheken müssen sich an die Lauer-Taxe halten, die für das Originalprodukt von Merck 537,26 Euro veranschlagt und den billigsten Reimport – wenn lieferbar – mit 474,39 Euro. 90 Kapseln Progestan 100 mg sind in Frankreich nur halb so teuer wie in Deutschland (14,41 Euro zu 29,04 Euro bzw. 27,06 Euro). Erstaunlich ist auch der Preis für sieben Ampullen Decapeptyl. Diese würden in Deutschland 110,74 Euro kosten. Bei Pharmacie de la Gare gibt es sie für 40,62 Euro.

Aus den Unterhaltungen der Patienten wird deutlich: Die beiden Apotheken versenden teure, zum Teil kühlpflichtige Arzneimittel nach Deutschland und das wahrscheinlich im großen Stil. Offiziell bewirbt dies niemand – aus gutem Grund, denn der Rx-Versand aus Frankreich ist „eindeutig illegal, aber es scheint niemanden zu interessieren“, stellt der ehemalige Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Prof. Dr. Harald Schweim, fest. Zur Erklärung: Frankreichs Regierung steht dem Versandhandel traditionell kritisch gegenüber. Das Land war auch eines der letzten, das den OTC-Versand in Grenzen überhaupt zuließ. Der Rx-Versand ist weiterhin strikt verboten.

Auch die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen offenbar ihre Versicherten bei der Bestellung und übernehmen – nach Abzug einer Verwaltungsgebühr – die Kosten für die Arzneimittel aus dem französischen Versandhandel.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Solange ungewollte Kinderlosigkeit mein privatvergnügen ist..

von D. R. am 23.11.2019 um 17:28 Uhr

Solange meine kinderwunschbehandlung nicht von der Kasse bezuschusst wird weil mein Mann über fünfzig ist (ich bin 32), und in Deutschland wo seit Jahren über die sinkende Geburtenrate gejammert wird gerade mal drei IVF-versuche bezuschusst statt wie früher vier voll übernommen, während Raucher ihre chemos und herzkatheter nachgeworfen bekommen wird Herr billmann an mir weiter verdienen. :-) und da bin ich sicher nicht die einzige.

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Arzneimittelgerechtigkeit auf Europäischer Ebene?

von Heiko Barz am 06.09.2018 um 12:21 Uhr

Das sinnlose und irreale Geschwätz der juristischen Machbarkeit des RXVVes in den meisten der EU-Staaten wird langsam zue Farce.
Die Regelung bei Gesundheitsversorgung der EU-Staaten steht in der eigenen Bewertung dieser Staaten. Deshalb haben auch die meisten EU-Staaten sich die eigenen Vorschriften gegeben. Nur WIR, WIR können das nicht!
Warum nicht?
Die Antwort ist sehr einfach. Alles schaut auf den „großen“ Bruder, und der darf sich natürlich nicht das unerhörte Recht herausnehmen, europäischen Vorschriften zu widersprechen.
Den sogenannten „Entscheidern“ in Brüssel ist - mit Absicht?- entgangen, dass ihre überaus liberale Marktorientierung mit dem Arzneimittelverkehr überhaupt nichts gemein haben darf.
Da aber die Einsicht dieser Fehlentscheidung im AM-Bereich bei den „Brüssel“Bediensteten nicht zu erwarten ist, wird auch eine Rücknahmen dieses Schwachsinns nicht erfolgen. Bleibt uns nur die Hoffnung auf die „Redmann-Petition“,
Wenn ich allerdings daran denke, wieviele Millionen Protest-Unterschriften vor „ULLAS“ Amt gekarrt wurden ( vor 15 Jahren?)und was dabei „rum kam“, da tendiert meine Erwartungshaltung gegen NULL!
Jens Spahn, wie war das doch mit den gleichlangen Spießen?? In France Mehrwertsteuer auf RX von 2,1% ?!
Und die in Europa eindeutig wirtschaftsbedingten rabattierten Einkaufsmöglichkeiten der Apotheken! Und wie ist das mit unseren Rabatten,Herr Spahn? Wenn es nach Ihnen ginge, AM-Rabatt auf NULL und die MWST der AM auf 25% und das Mäxchen in Holland köpft die nächste Flasche Schampus.
Wer Überwacht eigentlich die AMVersand- Betriebe in Holland und Umgebung. Wird das etwa so behandelt, wie die Handhabung Deutscher Schweineställe, wie man hört: Alle 40 Jahre? Und bei UNS darf der APOTHEKER nicht mal zum Sch.....auf die Toilette.
Da kommt so richtig Freude auf, diesem Europa zu dienen und sich darin wohl zu fühlen!
So, Jens Spahn, können Sie in Ihrer Facebook Selbstdarstellung auch mal etwas Substantielles beitragen und zu Gehör bringen?
Wir warten!!

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Och

von Christiane Patzelt am 05.09.2018 um 12:23 Uhr

Herr Spahn, lassen Sie sich ruhig noch gemütlich Zeit - bis nur noch 14tausend Apotheken da sind, dauert es noch so seine 2-3 Jährchen...das gönnen Sie sich mal, Sie können ja nicht überall Hans-Dampf sein...wir können warten...

P.S. mit uns geht übrigens auch ein ganzer Zweig an apothekenversorgenden Betrieben mit ein..viele Mittelständler dabei - oder wie oft kann die wepa, der deutsche Apothekerverlag, die software-Häuser Umsatz mit nicht vorhandenen Betriebsstätten machen? Ja..alles keine Eile, vielleicht gönnen sich die Ärzte noch mal den riesen Schluck aus der Pulle, die sind ja unersetzlich - wir sind ja nur Logistiker mit Abitur.

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AW: Ja aber ...

von Thorsten Dunckel am 05.09.2018 um 19:26 Uhr

... Frau Patzelt! Jetzt bitte ich Sie aber! Der gute Jens kann doch seinem Busenfreund Mäxen Müller die Tour nicht vermasseln.
Wen interessieren denn bei persönlichen Interessen die paar hunderttausend Einzelschicksale?!

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