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Kommentar
Warum machen die Großhändler die Lobby-Arbeit der ABDA?
Seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung geht es der ABDA in ihrer Kommunikationsarbeit darum, die Vorteile der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel zu betonen. Das ist auch richtig so. Doch gerade in den vergangenen Wochen fiel auf, dass es insbesondere die Großhändler sind, die in Gesprächen mit wichtigen Politikern für das unabhängige Apothekensystem werben – und dabei Argumente benutzen, die eigentlich auch die ABDA insbesondere während der Hitzewelle im Sommer hätte vorbringen müssen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer.
Wenn ein Postbote ein Paket aus einer Versandapotheke mit kühlpflichtigen Arzneimitteln bei 36 Grad im Schatten oder minus 12 Grad im Winter am „vereinbarten Ort im Garten“ hinterlegt, weil keiner zuhause war, dann ist das ein Zustand, den eigentlich kein guter Gesundheitspolitiker so zulassen kann. Genau das denken sich auch die Großhändler und weisen in ihrer neuen Lobby-Offensive genau darauf hin: Derzeit vergeht eigentlich keine Woche, in der es keinen hochrangigen Politikerbesuch in einer Großhandelsniederlassung gibt.
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Die Themen sind dabei immer die gleichen: Natürlich sprechen die Großhändler in erster Linie über die für sie wichtigen Themen, also etwa die anstehende Rabatt-Fixierung ihres Festzuschlags oder auch die Erhöhung ihrer Vergütung. Die Themen GDP-Richtlinie, Arzneimittelsicherheit, Kühllagerung und -kette spielen bei diesen Treffen inzwischen aber eine mindestens genau so große Rolle. Erst am vergangenen Mittwoch erklärte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nach einem Besuch bei Alliance Healthcare, dass es im Apothekenmarkt gleiche Wettbewerbsbedingungen geben müsse – und bezog sich dabei auf das Thema Kühlkettenpflicht.
Erst Ende August erklärte der Phoenix-Vorstandsvorsitzende Oliver Windholz nach einem Treffen mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU): „Wir brauchen keinen 40-Grad-Sommer wie diesen, um deutlich zu machen, dass die durchgehend temperaturkontrollierte Medikamentenversorgung durch den Großhandel und Apotheken sicherer ist als der Versandhandel mit ungekühlten Lieferfahrzeugen.“ Was die Unternehmen damit bezwecken, ist klar: Sie wollen auf die Bedeutung der eher „unsichtbaren“ Komponente in der Lieferkette, den Großhandel, hinweisen – und somit ihre politischen Forderungen, wie etwa nach einer Vergütungserhöhung rechtfertigen. Die Taktik scheint aufzugehen: Erste Politiker haben eine Honorarerhöhung im Großhandel schon aufgegriffen.
ABDA verzichtet auf Kühlketten-Thema
Auch die ABDA versucht seit Ende 2016, die Leistungen der Apotheke vor Ort vom Versandhandel abzugrenzen. Bis auf eine Kurznachricht im ABDA-Newsroom, in der Gabriele Regina-Overwiening (Apothekerkammer Westfalen-Lippe) vor der Hitzeeinwirkung auf Arzneimittel warnt, und einer Pressemitteilung aus dem Mai, in der Berend Groeneveld (Patientenbeauftragter des DAV) den Versandweg für kühlpflichtige Medikamente für nicht geeignet erklärt, hat die ABDA das Thema Hitze und Kühltransporte in diesem Sommer ausgelassen.* Aber wäre nicht gerade das eine Möglichkeit gewesen, neben den ganzen strukturellen Ungleichheiten zwischen Versand und Apotheke auch einmal auf einen wichtigen qualitativen Versorgungsvorteil hinzuweisen, den die Apotheker gegenüber den Versendern haben?
Natürlich ist das Kühlungs-Thema auch ein Großhandelsthema – schließlich tragen auch die Grossisten dazu bei, dass das Arzneimittel zu jeder Zeit vorschriftsmäßig bewegt wird. Aber auch die Apotheker hätten profitieren können: Denn die Erklärungen rund um das Rx-Versandverbot, Rx-Boni und die Apothekenstruktur – so richtig sie auch sind – sind insbesondere für Politiker, die sich nicht häufig damit beschäftigen, schwer aufgreifbar. Aber dass ein kühlpflichtiges Insulin bei stundenlanger direkter Sonneneinstrahlung irreversibel kaputt geht und damit wirkungslos werden kann – das ist eine leicht spielbare Botschaft, von der der Großhandel gerade profitiert.
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* HInweis der Redaktion: In einer früheren Version des Kommentars hatten wir die ABDA-PM zu kühlpflichtigen Arzneimitteln as dem Mai 2018 nicht erwähnt.
3 Kommentare
Unterstützung Großhandel
von Dr. Detlef Eichberg am 09.09.2018 um 9:59 Uhr
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Schweigen im aktuellen Hitzesommer....
von Ulrich Ströh am 07.09.2018 um 13:47 Uhr
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Lobby -Arbeit
von Conny am 07.09.2018 um 13:15 Uhr
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