Kommentar

Warum machen die Großhändler die Lobby-Arbeit der ABDA?

Berlin - 07.09.2018, 13:00 Uhr

DHL-Bote bei einer Auslieferung im Sommer: Warum hat die ABDA das Thema der vorschriftsmäßigen Arzneimittel-Lieferkette nicht während des Sommers aufgemacht? ( s / Foto: Imago)

DHL-Bote bei einer Auslieferung im Sommer: Warum hat die ABDA das Thema der vorschriftsmäßigen Arzneimittel-Lieferkette nicht während des Sommers aufgemacht? ( s / Foto: Imago)


Seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung geht es der ABDA in ihrer Kommunikationsarbeit darum, die Vorteile der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel zu betonen. Das ist auch richtig so. Doch gerade in den vergangenen Wochen fiel auf, dass es insbesondere die Großhändler sind, die in Gesprächen mit wichtigen Politikern für das unabhängige Apothekensystem werben – und dabei Argumente benutzen, die eigentlich auch die ABDA insbesondere während der Hitzewelle im Sommer hätte vorbringen müssen, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer.

Wenn ein Postbote ein Paket aus einer Versandapotheke mit kühlpflichtigen Arzneimitteln bei 36 Grad im Schatten oder minus 12 Grad im Winter am „vereinbarten Ort im Garten“ hinterlegt, weil keiner zuhause war, dann ist das ein Zustand, den eigentlich kein guter Gesundheitspolitiker so zulassen kann. Genau das denken sich auch die Großhändler und weisen in ihrer neuen Lobby-Offensive genau darauf hin: Derzeit vergeht eigentlich keine Woche, in der es keinen hochrangigen Politikerbesuch in einer Großhandelsniederlassung gibt.

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Die Themen sind dabei immer die gleichen: Natürlich sprechen die Großhändler in erster Linie über die für sie wichtigen Themen, also etwa die anstehende Rabatt-Fixierung ihres Festzuschlags oder auch die Erhöhung ihrer Vergütung. Die Themen GDP-Richtlinie, Arzneimittelsicherheit, Kühllagerung und -kette spielen bei diesen Treffen inzwischen aber eine mindestens genau so große Rolle. Erst am vergangenen Mittwoch erklärte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nach einem Besuch bei Alliance Healthcare, dass es im Apothekenmarkt gleiche Wettbewerbsbedingungen geben müsse – und bezog sich dabei auf das Thema Kühlkettenpflicht.

Erst Ende August erklärte der Phoenix-Vorstandsvorsitzende Oliver Windholz nach einem Treffen mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU): „Wir brauchen keinen 40-Grad-Sommer wie diesen, um deutlich zu machen, dass die durchgehend temperaturkontrollierte Medikamentenversorgung durch den Großhandel und Apotheken sicherer ist als der Versandhandel mit ungekühlten Lieferfahrzeugen.“ Was die Unternehmen damit bezwecken, ist klar: Sie wollen auf die Bedeutung der eher „unsichtbaren“ Komponente in der Lieferkette, den Großhandel, hinweisen – und somit ihre politischen Forderungen, wie etwa nach einer Vergütungserhöhung rechtfertigen. Die Taktik scheint aufzugehen: Erste Politiker haben eine Honorarerhöhung im Großhandel schon aufgegriffen.

ABDA verzichtet auf Kühlketten-Thema

Auch die ABDA versucht seit Ende 2016, die Leistungen der Apotheke vor Ort vom Versandhandel abzugrenzen. Bis auf eine Kurznachricht im ABDA-Newsroom, in der Gabriele Regina-Overwiening (Apothekerkammer Westfalen-Lippe) vor der Hitzeeinwirkung auf Arzneimittel warnt, und einer Pressemitteilung aus dem Mai, in der Berend Groeneveld (Patientenbeauftragter des DAV) den Versandweg für kühlpflichtige Medikamente für nicht geeignet erklärt, hat die ABDA das Thema Hitze und Kühltransporte in diesem Sommer ausgelassen.* Aber wäre nicht gerade das eine Möglichkeit gewesen, neben den ganzen strukturellen Ungleichheiten zwischen Versand und Apotheke auch einmal auf einen wichtigen qualitativen Versorgungsvorteil hinzuweisen, den die Apotheker gegenüber den Versendern haben?

Natürlich ist das Kühlungs-Thema auch ein Großhandelsthema – schließlich tragen auch die Grossisten dazu bei, dass das Arzneimittel zu jeder Zeit vorschriftsmäßig bewegt wird. Aber auch die Apotheker hätten profitieren können: Denn die Erklärungen rund um das Rx-Versandverbot, Rx-Boni und die Apothekenstruktur – so richtig sie auch sind – sind insbesondere für Politiker, die sich nicht häufig damit beschäftigen, schwer aufgreifbar. Aber dass ein kühlpflichtiges Insulin bei stundenlanger direkter Sonneneinstrahlung irreversibel kaputt geht und damit wirkungslos werden kann – das ist eine leicht spielbare Botschaft, von der der Großhandel gerade profitiert.

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* HInweis der Redaktion: In einer früheren Version des Kommentars hatten wir die ABDA-PM zu kühlpflichtigen Arzneimitteln as dem Mai 2018 nicht erwähnt.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Unterstützung Großhandel

von Dr. Detlef Eichberg am 09.09.2018 um 9:59 Uhr

Die Großhändler sind unsere Freunde - Wow, Dank "nach oben". Da muss ich mich in meiner 40jährigen Erfahrung doch arg getäuscht haben, dass ich Jahrzehnte - mit Verlaub - sowas von besch... worden bin. Und mein Vertrauen in den GH ist immer noch nicht reanimierbar. Klar spricht unser Erstlieferant NOWEDA pro Kundschaft, aber hintenherum reiben die sich die Hände, wenn wir treudoofen Pillendreher den Verlust der Rabatte abnicken. So wie wir uns immer geduckt haben, wenn wir fremd bestimmt wurden. Dass dieser Herr T. von pharma privat nur unser Bestes im Fokus hat, das sieht man ja an seiner Kollegialität gegenüber AEP. Wer hat´s geklagt?

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Schweigen im aktuellen Hitzesommer....

von Ulrich Ströh am 07.09.2018 um 13:47 Uhr

Mir hat bisher keiner erklären können,warum das Thema
Temperaturkonstanz bei Versandlieferungen von AM in diesem Sommer von der ABDA nicht aktuell bespielt worden ist.

Vielleicht folgt die Erläuterung jetzt an dieser Stelle...

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Lobby -Arbeit

von Conny am 07.09.2018 um 13:15 Uhr

Wir sind bei der Noweda. Dort trifft man schon seit Jahren geballte Kompetenz. ABDA ist genau das Gegenteil. Einer Schlimmer wie der Andere. Aber es wird wie immer Beifall auf dem Apothekertag geben. Es ist so furchtbar !

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