- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Arzneimittelversorgung: ...
Gastbeitrag Dr. Franz Stadler
Arzneimittelversorgung: Sind die Handelswege das Problem?
In den vergangenen Monaten standen die Handelswege der Arzneimittel im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Arzneimittelskandale wie die Lunapharm-Affäre trugen ihren Teil dazu bei. Oftmals geht es nun um mehr und bessere Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden. Aber kann ein Mehr an Kontrollen zu einem Mehr an Arzneimittelsicherheit führen? Muss nicht vielmehr über grundlegende Eingriffe in die Struktur der Arzneimittelversorgung und der Handelswege nachgedacht werden? Diesen Fragen versucht Dr. Franz Stadler nachzugehen.
Bankrotterklärung der Kontrollbehörden
Liest man den Bericht der Task Force im Detail, so fällt ein wichtiger Punkt auf: Einige der Rückstellmuster mussten zu Roche, dem Originalhersteller der Produkte, zur analytischen Untersuchung der Wirkstoffe auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geschickt werden. Die Begründung für diesen Vorgang ist so simpel wie erhellend: Ohne Kenntnis der geheimen Produktspezifikationen können Proteingemische, und alle monokloanalen Antikörper (MAK) sind Proteingemische, selbst bei bester personeller und apparativer Ausstattung, nicht valide auf ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hin untersucht werden! Nur der Originalhersteller und die EMA kennen diese Informationen. Bei diesen Produkten ist also eine analytische Kontrolle durch Behörden des Bundes oder der Länder im Regelbetrieb gar nicht möglich, sondern wird sich immer auf eine formale Kontrolle nach Aktenlage (Zertifikate, Lieferscheine, Großhandelserlaubnis etc.) beschränken müssen. Dabei sind gerade diese Wirkstoffe, wegen ihrer hohen Preise und den entsprechenden Gewinnspannen, beliebte Handelsprodukte für den Parallelim- und -export.
Angesichts der Undurchschaubarkeit der europaweiten Handelswege kommt dies einer Bankerotterklärung der Kontrollbehörden gleich.
Securpharm garantiert nicht die Wirksamkeit von Arzneimitteln
Daran wird übrigens auch Securpharm nicht das geringste ändern. Selbst wenn das System in einigen Jahren europaweit flächendeckend und lückenlos eingeführt sein sollte, ist in vielen Fällen beim grenzüberschreitenden Zwischenhandel keine analytische Kontrolle der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit möglich. Bestenfalls (und immerhin) wird Securpharm die Sicherheit von Medikamenten gegenüber Arzneimittelfälschungen erhöhen, nicht jedoch deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei der Anwendung garantieren.
Mehr zum Thema
Arzneimittelsicherheit
Ist der Großhandel die Sicherheitslücke bei Securpharm?
Interview mit Securpharm-Vorstandssprecher Reinhard Hoferichter
„Bei nicht serialisierter Ware sind alle Fälschungsschutzsysteme wirkungslos“
Denkt man jetzt an einen möglichen europaweiten Rx-Versand, steht die Sache sogar noch schlimmer. Niemand weiß, was mit den Arzneimitteln auf dem Weg vom ausländischen Versender zum deutschen Empfänger passiert. Das ankommende Produkt kann und will in diesem Fall nicht einmal irgendwer kontrollieren. Keine Stichproben, keine Aktenlage, keine Behörde. Wo bleibt hier die Arzneimittelsicherheit? Selbst wenn es Spahn gelingen sollte, seine immer wieder gern erwähnten „gleichlangen Spieße“ zwischen Versandhändlern aus dem Ausland und inländischer Vorortapotheke herzustellen (was bezweifelt werden darf), geht es bei der Forderung nach einem Rx-Versandhandelsverbot nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern auch um den Verlust von Haftung und Kontrollfähigkeit der abgebenden Stellen. Es geht auch hier um Arzneimittelsicherheit und Patientenschutz.
2 Kommentare
Lunapharm
von Gunter Kowalski am 02.10.2018 um 18:18 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Lunapharm
von Caroline Walter am 08.10.2018 um 20:14 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.