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- Cannabistherapie: Evidenz...
Welche Cannabissorte hilft bei welchen Erkrankungen? Das fragen sich hierzulande viele Mediziner. In Kanada gibt es Cannabis als Medizin schon seit 2001, auch dort sind viele Fragen offen – insbesondere bei der Sortenauswahl. Kann eine App, die Patientendaten sammelt, dabei helfen, Licht ins Dunkel zu bringen?
Unsicherheiten bei Evidenz und Wahl der passenden Blütensorte zählen in Deutschland zu den größten Barrieren für Medizinalhanf. In Kanada ist Cannabis zu medizinischen Zwecken bereits seit 17 Jahren verkehrsfähig. Wissen die kanadischen Experten mehr?
Mehr Eminenz als Evidenz
Auf einem von dem kanadischen Cannabisproduzenten Wayland unterstützen Expertentreffen mit Medizinern, Apothekern und Psychiatern Ende Oktober in Toronto stellte sich heraus, dass auch bei den kanadischen Heilberuflern große Unsicherheiten beim Cannabis bestehen. Für welche Patienten ist Cannabis überhaupt geeignet und in welcher Darreichungsform? Sollten es die Blüten sein, welche Sorten lindern welche Beschwerden am besten? Hinzu kommt, dass die Patienten offenbar unterschiedlich auf eine Cannabistherapie reagieren. „Wir wissen immer noch nicht, was wir nicht wissen“, fasste Schmerzmedizinerin Dr. Sana-Ara Ahmed in Toronto zusammen.
Wie in Deutschland hat Medizinalhanf auch in Kanada weder eine Zulassung im klassischen Sinne, noch eine konkrete Indikation. Ähnlich wie hierzulande scheinen sich in Kanada einige wenige Ärzte auf Cannabismedizin spezialisiert zu haben und gemäß ihrer eignen Erfahrungen zu verordnen. Viele andere Ärzte jedoch scheuen sich. Die medizinischen Fachgesellschaften sind kritisch gegenüber der Cannabistherapie.
CBD-Preloading für die Verträglichkeit
Dabei sind in den letzten Jahren viele Publikationen zur Behandlung mit Cannabinoiden erschienen. So kristallisiert sich offenbar mehr und mehr heraus, dass Cannabidiol (CBD) bestimmten psychotischen Nebenwirkungen von Tetrahydrocannabidiol (THC) entgegen wirkt. Beispielsweise konnte im Tierversuch gezeigt werden, dass CBD die Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung durch THC antagonisieren kann. Außerdem soll CBD anxiolytische Effekte haben, die bereits beim Menschen bestätigt sind. In der klinischen Praxis nutzt Schmerzmedizinierin Ahmed diese Erkenntnisse aus, und führt bei einigen cannabisnaiven Patienten ein „CBD-Preloading“ durch.
Ihre Mitreferentin und Psychiaterin, Dr. Marni Brooks,
ist überzeugt, dass Cannabissorten oder -präparate, die THC und CBD in gleichen
Anteilen enthalten, THC-dominanten Sorten bei den meisten Beschwerdebildern
vorzuziehen sind. In der Schmerzbehandlung haben andere Mediziner gute Erfahrungen mit Blüten mit hohem THC-Gehalt gemacht.
Entourage-Effekt macht den Unterschied
Weshalb können Blütensorten, die sich in ihrem CBD- und THC-Gehalt stark ähneln, trotzdem so unterschiedlich wirken? Dafür könne der sogenannte Entourage-Effekt verantwortlich sein, hieß es in Toronto. Der Entourage-Effekt beschreibt, dass nicht-cannabinoide Inhaltstoffe wie etwa Terpene die Wirkung der Cannabinoide verstärken. Dadurch hängt die zu erwartende Wirkung einer Cannabispflanze nicht nur vom THC- und CBD-Gehalt ab, sondern vom gesamten Inhaltsstoffspektrum, zu dem mehr als 400 Einzelsubstanzen gehören.
Dingermann fordert Cannabis-Registerstudien
Bei der klinischen Wirkung ist folglich Cannabis nicht gleich Cannabis. Doch in bisherigen Publikationen wird häufig nur der Sammelbegriff „Cannabis“ verwendet, kritisierte der pharmazeutische Biologe Professor Theodor Dingermann, der bei dem Expertentreffen ebenfalls vor Ort war. „Aus pharmazeutischer Sicht ist das unbefriedigend, weil unterschiedliche Blütensorten und Extrakte unterschiedlich wirken. Wir brauchen dringend Registerstudien mit exakter Charakterisierung der Medikation, in die jeder Cannabis-Patient eingeschlossen werden müsste“, so Dingermann. Die Begleitforschung des BfArM in Deutschland sei für die Evidenzgenerierung noch nicht ausreichend.
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