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Wirtschaftsstudie
Nüchterne Bilanz: Cannabis-Verbot kostet jährlich 2,66 Milliarden Euro
Die Cannabis-Prohibition wird auf der politischen Bühne seit Jahren kontrovers diskutiert. Doch was kostet sie den Staat eigentlich und welche zusätzlichen Einnahmen wären im Falle einer Legalisierung denkbar? Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap hat in seiner aktuellen Studie Bilanz gezogen.
Cannabis ist in Deutschland die am häufigsten konsumierte illegale Substanz. Die Strafverfolgung hat offenbar ihr Ziel verfehlt, argumentieren Legalisierungsbefürworter. Verfechter der Prohibition dagegen befürchten, dass die Zahl der Konsumenten im Falle einer Legalisierung weiter steigen wird. Jugendschutz ist für beide Lager eines der wichtigsten Ziele.
Neben gesellschaftlichen und medizinischen Aspekten geht es in politischen Debatten auch gelegentlich um wirtschaftliche Fragestellungen. Denn, ob Strafverfolgung nun wirksam ist oder nicht – teuer ist sie auf jeden Fall. Hinzu kommt, dass im Falle einer Legalisierung für den Staat zusätzliche Einnahmequellen denkbar sind, beispielsweise durch Steuern.
Einnahmen plus Einsparungen durch Legalisierung
In Summe lässt sich der Staat durch die Cannabis-Prohibition rund 2,66 Milliarden Euro entgehen. Zu diesem Schluss kommt Wirtschaftsexperte Professor Justus Haucap in seiner Studie „Die Kosten der Cannabis-Prohibition in Deutschland“ im Auftrag des Deutschen Hanfverbandes (DHV). Die Gesamtsumme setzt sich aus möglichen neuen Steuereinnahmen, Sozialversicherungsaufkommen durch neue, legale Arbeitsplätze sowie eingesparten Polizeikosten zusammen. Am heutigen Freitag stellt der Volkswirt die Daten erstmals auf der Konferenz „Cannabis Normal“ des Deutschen Hanfverbandes in Berlin vor.
In seiner Studie im Auftrag des DHV legt Haucap einen theoretischen jährlichen Cannabisbedarf von 250 Tonnen zugrunde. Diese Menge errechnete der Volkswirt anhand von Konsum-Prävalenzraten auf Basis von Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys und des Statistischen Bundesamtes von 2015 und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Konsummuster. Anhand von aktuellen Schwarzmarktpreisen und Erfahrungswerten zu Produktionskosten aus anderen Ländern, die bereits legalisiert haben, wird in der Studie ein Vorsteuerpreis von 5,90 Euro und ein Einzelhandelspreis von 10 Euro pro Gramm Cannabis zugrunde gelegt.
Damit ergibt sich eine Spanne von 4,10 Euro pro Gramm für die Besteuerung. Auf die Mehrwert- beziehungsweise Umsatzsteuer bei einem Steuersatz von 19 Prozent entfallen gerundet 2,50 Euro. Verbleiben noch 2,60 Euro, die als „Cannabis-Steuer“, ähnlich wie bei Alkohol und Tabak, erhoben werden kann, um durch eine Verteuerung den Konsum zu begrenzen.
Am Schwarzmarkt verdient der Staat nichts
Hochgerechnet auf 250 Tonnen ergeben sich 650 Millionen Euro und 403,75 Millionen Euro Umsatzsteuer. Außerdem würden im Falle einer Legalisierung Unternehmen und Organisationen, die am Cannabis-Geschäft beteiligt sind, Gewerbe- beziehungsweise Körperschaftssteuern abführen müssen, was in der Studie mit 113 Millionen Euro beziffert wird.
Hinzu kommt noch ein Posten von 145,2 Millionen Euro aus Lohnsteuer. Denn, würde Cannabis legal verkauft, entstünden neue Arbeitsplätze mit steuerpflichtigen Beschäftigten. Dagegen zahlen Dealer auf dem illegalen Schwarzmarkt derzeit keine Steuern – und müssen auch keine Sozialabgaben abzweigen. Insgesamt ermittelte Haucap die möglichen Steuereinnahmen auf 1,3 Milliarden. Dass die neuen legalen Arbeitsplätze auch ein erhöhtes Sozialversicherungsaufkommen mit sich bringen würden, hat Haucap in seinen Berechnungen mit 279,54 Millionen Euro berücksichtigt.
Milliardenschwere Strafverfolgung
Zu den möglichen Einnahmen durch eine Legalisierung sind die Kosten für die Strafverfolgung, die durch eine Aufhebung der Prohibition eingespart werden könnten, zu addieren. Dabei lassen sich allerdings nur die Polizeikosten ermitteln, die anhand von Kriminalstatistiken auf rund 1,1 Milliarden Euro hochgerechnet wurden. Über die staatlichen Aufwendungen für Gerichte, Staatsanwaltschaft und Justizvollzug existieren keine belastbaren Statistiken, weshalb diese Kosten nicht in die Berechnungen mit eingegangen sind. Da der Kostenpunkt „Strafverfolgung“ folglich ausschließlich Polizeikosten enthält, sind die 1,1 Milliarden Euro als konservative Untergrenze zu betrachten.
DHV: „Fall für den Bundesrechnungshof“
Für
den Deutschen Hanfverband, der seit 16 Jahren für die Legalisierung von
Cannabis kämpft, ist das Fazit aus Haucaps Wirtschaftsstudie eindeutig. „Die Prohibition bleibt jeden Nachweis einer positiven Wirkung schuldig.
Jetzt wissen wir endlich, was diese gescheiterte und ungerechte Politik kostet.
Das Verbot von Cannabis hat ein mieses Preis-Leistungsverhältnis, ein Fall für
den Bundesrechnungshof”, erklärt DHV- Geschäftsführer Georg Wurth. Mit Haucaps Studie haben Legalisierungsbefürworter eine weitere Referenz für die Argumentation in kommenden Debatten.
In den vergangenen Jahren und Monaten haben immer mehr Länder Cannabis zur Freizeitanwendung legalisiert – wie etwa in der vergangenen Woche der US-Bundesstaat Michigan. Die Erfahrungen aus dem US-Bundestaat Colorado zeigen, dass direkt nach der Einführung des legalen Verkaufs im Jahr 2014 der Konsum insgesamt zwar initial angestiegen ist, bei den Minderjährigen jedoch erfreulicherweise zurückgegangen ist.
Haucap: In Aufklärung investieren
Cannabis hat ein deutlich geringeres Suchtpotenzial als beispielsweise Tabak – komplett von der Hand zu weisen, ist es jedoch nicht. Nach Angaben des Fachverbandes für Drogen- und Suchthilfe entwickelt etwa jeder zehnte regelmäßige Cannabis-Konsument eine Abhängigkeit. Haucap, wie auch einige Legalisierungsbefürworter, schlägt vor, die zusätzlichen Einnahmen und eingesparten Kosten in Suchtprävention und Aufklärung zu investieren.
Und mit 2,66 Milliarden Euro ließen sich möglicherweise so einige Maßnahmen realisieren. Zum Vergleich: Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums gab der Staat im vergangenen Jahr 2,3 Milliarden Euro für Gesundheit, Umwelt, Sport und Erholung aus. Branchenübergreifende Töpfe wie etwa das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ mit 2,4 Milliarden oder „Energie- und Klimafonds“ liegen in einer ähnlichen Größenordnung.
4 Kommentare
#WARUM #AUFSTEHEN Warum ich aufgestanden bin...
von Ingo Meyer am 19.11.2018 um 17:50 Uhr
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Es geht nur um die Geldwäsche!
von Jürgen Müller am 19.11.2018 um 17:43 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Nicht nicht Geld wird verbrannt !
von Albert Streichmeister am 19.11.2018 um 17:37 Uhr
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Ist ja wie bei ....
von gabriela aures am 16.11.2018 um 17:15 Uhr
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