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Diese Woche zeigte das gesamte Dilemma, die große Ratlosigkeit, in der die ABDA und damit wir Apothekers stecken: Wir wollen die Gleichpreisigkeit für verschreibungspflichtige Arzneimittel, fragt sich nur wie? Klar, mit dem Rx-Versandverbot – aber das kriegen wir nicht. Na, dann mit Plan B – aber den haben wir nicht. Immerhin, darüber, dass wir nichts haben, reden wir schon mal. Und wenn wir das Rx-Versandverbot hätten, hätten wir noch lange keine Honorarerhöhung. Und nur eine Honorarerhöhung ohne Gleichpreisigkeit, macht auch nicht glücklich. Es ist zum Mäusemelken!
12. November 2018
Also, ganz offiziell: Man darf, auch bei der ABDA, über einen Plan B oder, noch genauer, über „Pläne B“ statt eines Rx-Versandverbots diskutieren, aber nicht zu laut. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zeigte sich auf der Kammerversammlung in Mecklenburg-Vorpommern offen dafür. Es gibt natürlich noch keinen Beschluss, einen bestimmten Plan B zu verfolgen. Mein liebes Tagebuch, wenn man genau hinhört und hinschaut, stellt man fest: Es gibt ja auch noch keine spruchreife und ausgereifte Alternative zum Rx-Versandverbot. Wie auch! Sind ja auch erst zwei Jahre vergangen seit dem EuGH-Urteil. Wer will da erwarten, dass man sich Gedanken um Pläne B macht! Volltrunken und wie berauscht hatte sich die ABDA – und nicht nur die, sondern viele von uns – denn auch an ein Rx-Versandverbot geklammert, nachdem der vorige Bundesgesundheitsminister Gröhe seinen ersten Gesetzentwurf für ein Rx-Versandverbot in die Welt gesetzt hatte. Mann, das war wie Koks, es machte so schnell abhängig, aber sowas von, dass man gar keine Notwendigkeit sah, an „Pläne B“ zu denken. Wenn ein Bundesgesundheitsminister das will, dann wird das schon werden – taumelte die verfasste Apothekerschaft wie narkotisiert dem ersehnten Versandverbot entgegen. Der ABDA-Präsident räumte auf der Kammerversammlung in Dresden ein: Wir sind der Versuchung erlegen, die ABDA-Politik konzentrierte sich auf ein Rx-Versandverbot.
Tja, und dann kam der Jungspund-Gesundheitsminister Spahn, zwar kein Digital Native, aber nah dran, gerne unterwegs auf Facebook, Twitter und in der Versandhandelswelt. Er ließ uns Apothekers unmissverständlich wissen: Das mit dem Rx-Versandhandelsverbot wird in unserer Amazon-Zalando-DocMorris-Welt nichts, immer mehr Menschen wollen alles mit Klick bestellen. Und nicht nur Spahn! Die Grünen und die Gelben sind sowieso fürs Versenden, die Roten halten vom Versandverbot ebenfalls wenig bis nichts und selbst bei den Schwarzen bröckelt schon seit einiger Zeit die Front, so schnell kann man gar nicht schauen. Und jetzt? Die ABDA tritt den geordneten Rückzug an – mit Betonung auf geordnet. Nach wie vor, so eine Pressemitteilung, heißt das ABDA-Credo: Wir wollen Gleichpreisigkeit, also einheitliche Abgabepreise für Rx-Arzneimittel. Das ist der Königswunsch. Aber wie will sie Gleichpreisigkeit erreichen? Na klar, mit dem Rx-Versandverbot! Da ist es wieder, mein liebes Tagebuch. Denn andere Lösungen, die Pläne B, gibt es nicht. Wenn Du, mein liebes Tagebuch, nun glaubst, dass man sich da im Kreis dreht, dann kann ich Dir kaum widersprechen. Also, wie geht’s weiter?
Schaut man sich das Szenario von außen an, scheint eine bleierne Blockade über dem Thinktank der ABDA zu hängen. Nach außen will man vom Rx-Versandverbot nicht lassen, weil man keine adäquate Alternative hat. Die manchmal gegen die ABDA aufmuckende Kammer Nordrhein hat sich sogar dazu entschlossen, mit einer Resolution zu bekräftigen, am Rx-Versandverbot festzuhalten, weil die Politik keine Alternative dazu vorgelegt habe. Jetzt sollen die nordrheinischen Apotheker ihren Bundestagsabgeordneten ein – Achtung! – Fax mit dieser Botschaft schicken. Mein liebes Tagebuch, entschuldige, wenn ich schmunzeln muss: Ist das nicht wahnsinnig digital und modern, ein Fax, ein Fax vom Apotheker, von wem sonst – haben die Bundestagsabgeordneten überhaupt noch Faxgeräte?
Abgesehen von solchen anekdotisch-verzweifelten Anstrengungen: Wie geht’s hinter den verschlossenen Türen der ABDA weiter, worüber brütet man nun? Ganz weltfremd sind unsere Standespolitiker ja nicht. So lässt der ABDA-Präsident nun durchaus wissen: Mit dem Rx-Versandverbot werden wir keine wirtschaftlichen Verbesserungen erreichen. Und das Festhalten am Rx-Versandverbot habe unserem Image als Besitzstandswahrer schon geschadet.
Schmidt stellte mutig die Frage: Löst ein Beharren auf dem Versandverbot unsere Probleme? Tut es natürlich nicht, mein liebes Tagebuch, denn der unfaire Wettbewerb mit den ausländischen Versendern ist nur eine der vielen Widrigkeiten, denen wir uns gegenübersehen. Da gibt es noch die ausstehende Anpassung unseres Honorars, die bisher nicht mögliche Einbindung der Apotheker in honorierte Präventionsleistungen, die honorierte Weiterentwicklung unserer beruflichen Tätigkeiten, die Überbürokratisierung. Außerdem, die Telemedizin und das E-Rezept stehen vor der Tür – noch wissen wir nicht, was da genau auf uns zu kommt. Wie also soll’s weitergehen? Man kann ja nach außen das Fähnchen mit Rx-Versandverbot noch eine Zeitlang vor sich hertragen. Aber die eigentlichen Zukunftschancen werden auf anderen Gebieten liegen. Seit der Schockstarre durch das EuGH-Urteil und der anschließenden Rx-Versandverbots-Trance ist schon viel Zeit vergangen. Die ABDA sollte sich Expertenrat von außen hinzuholen und dann rasch und intensiv Gedanken machen, wie Pläne B aussehen könnten – ich habe Schmidt so verstanden, dass er diese Gedanken vorantreiben will.
21 Kommentare
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von Karl Friedrich Müller am 18.11.2018 um 21:18 Uhr
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Mission: Zero-Output-Fatalismus
von Wolfgang Müller am 18.11.2018 um 20:22 Uhr
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AW: Mission: Zero-Output-Fatalismus
von Reinhard Herzog am 18.11.2018 um 23:10 Uhr
Die Hüsgen-Strategie
von Dr.Diefenbach am 18.11.2018 um 20:00 Uhr
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Ergänzend
von Karl Friedrich Müller am 18.11.2018 um 15:48 Uhr
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AW: Ergänzend ... RXVV will auch Diesel-Nachlass ...
von Christian Timme am 18.11.2018 um 17:00 Uhr
AW: Ergänzend Gesundheitsökologie
von Reinhard Rodiger am 18.11.2018 um 20:27 Uhr
Giftbombe Rx-VV ...
von Reinhard Herzog am 18.11.2018 um 13:19 Uhr
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AW: Giftbombe----Neoliberalismus
von Reinhard Rodiger am 18.11.2018 um 14:32 Uhr
AW: Giftbombe Rx-VV
von Anita Peter am 18.11.2018 um 15:35 Uhr
AW: Giftbombe Rx-VV
von Karl Friedrich Müller am 18.11.2018 um 15:39 Uhr
AW: Giftbombe Rx-VV
von Ulrich Ströh am 18.11.2018 um 16:53 Uhr
Systembedingte Engpässe
von Reinhard Rodiger am 18.11.2018 um 12:11 Uhr
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Sparschwein der Politik ... nein Danke ...
von Christian Timme am 18.11.2018 um 11:13 Uhr
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Versandhandelsverbot (RxVV)
von Uwe Hüsgen am 18.11.2018 um 11:04 Uhr
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AW: Versandhandelsverbot (RxVV
von Anita Peter am 18.11.2018 um 12:48 Uhr
Verantwortung tragen
von Ulrich Ströh am 18.11.2018 um 8:42 Uhr
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AW: Koma und Komiker
von Andreas P. Schenkel am 18.11.2018 um 10:47 Uhr
Ausweglos ins Abseits
von Karl Friedrich Müller am 18.11.2018 um 8:29 Uhr
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AW: Ausweglos ins Abseits
von Anita Peter am 18.11.2018 um 8:40 Uhr
AW: ... Beraubt !
von Gunnar Müller, Detmold am 18.11.2018 um 10:21 Uhr
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