Fluconazol und Fehlgeburten

Vaginalmykosen in der Schwangerschaft

Stuttgart - 01.03.2019, 12:30 Uhr

Auch wenn sich Vaginalmykosen topisch rezeptfrei behandeln lassen, sollten Schwangere die Diagnose immer von einem Arzt absichern lassen, um eine unnötige Arzneimittel-Anwendung zu vermeiden. ( r / Foto: sp4764/stock.adobe.com)

Auch wenn sich Vaginalmykosen topisch rezeptfrei behandeln lassen, sollten Schwangere die Diagnose immer von einem Arzt absichern lassen, um eine unnötige Arzneimittel-Anwendung zu vermeiden. ( r / Foto: sp4764/stock.adobe.com)


Im Idealfall brauchen Schwangere keine Medikamente. Doch es gibt Erkrankungen, die auch oder gerade in der Schwangerschaft gehäuft auftreten. Dazu zählen vaginale Pilzinfektionen, die man – nach Rücksprache mit dem Arzt – mit rezeptfreien topischen Präparaten aus der Apotheke gut behandeln kann. Dennoch scheint die orale Einnahme von Fluconazol in der Schwangerschaft immer wieder vorzukommen: Die „Université de Montréal“ warnte in einer Pressemitteilung im Februar, dass eine orale Fluconazol-Therapie auch in niedrigen Dosen das Risiko für Fehlgeburten gering zu erhöhen scheint. 

Laut Embryotox sind ungefähr 30 Prozent aller Schwangeren von vaginalen Pilzinfektionen betroffen. Die hormonellen Veränderungen begünstigen das Wachstum von Hefepilzen in der Scheide. Eine Candidose an sich würde zwar vermutlich kein erhöhtes Risiko für den Verlauf einer Schwangerschaft darstellen, heißt es. Jedoch könnte durch die Veränderung des Scheidenmilieus indirekt dazu beigetragen werden, dass sich eventuell gefährliche Keime leichter vermehren. Zudem wird bei Nachweis von Hefepilzen während der letzten sechs Schwangerschaftswochen eine antimykotische Therapie empfohlen, um so Mundsoor und Windeldermatitis beim Neugeborenen vorzubeugen. Denn in 80 Prozent der Fälle würde eine vaginale Candidose am Ende der Schwangerschaft auf Mundhöhle und Magen-Darm-Trakt des Neugeborenen übertragen. 

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Eine Behandlung einer vulvovaginalen Candidose erscheint also auch in der Schwangerschaft sinnvoll, da eine akute Vaginalmykose in der Regel nicht spontan ausheilt. Mittel der Wahl in der Schwangerschaft sind dann topisch die Wirkstoffe Clotrimazol und Miconazol. Nystatin ist laut Embryotox topisch ebenso unbedenklich, könnte aber während der Schwangerschaft weniger wirksam sein. Orales Fluconazol gehört nach Einschätzung von Embryotox dagegen zu den Arzneimitteln, zu denen es „widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse gibt“. 

Warum überhaupt Fluconazol in der Schwangerschaft?

Laut Embryotox sollte eine systemische antimykotische Therapie mit Fluconazol nur bei zwingender Indikation und möglichst nicht im ersten Trimenon erfolgen. Allerdings sollten sich Schwangere keine Sorgen machen, wenn sie bereits mit Fluconazol (im ersten Trimenon) behandelt wurden: Weder ein Schwangerschaftsabbruch noch invasive Diagnostik seien dann zu rechtfertigen. Weiterführende Ultraschalluntersuchungen könnten die normale Entwicklung des Feten kontrollieren.

In dem Buch „Evidenzbasierte Selbstmedikation 2019/2020“ wird der Therapiealgorithmus bei Vaginalmykosen generell so beschrieben: Wenn bei nicht schwangeren Frauen eine topische Behandlung mit Clotrimazol oder Nystatin in der Selbstmedikation nicht erfolgreich verläuft oder immer wieder Rezidive auftreten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Schwangere sollten direkt zum Arzt gehen. Sichert dieser die Diagnose, ist auch eine verlängerte topische Behandlung mit Clotrimazol oder verschreibungspflichtigem Miconazol möglich. Oft sei jedoch eine systemische Therapie mit Triazolen wie Fluconazol oder Itraconazol erforderlich. Bei Candida albicans sollen beide Substanzen Heilungsraten von bis zu 90 Prozent erreichen. Die Behandlung dauere meist nur wenige Tage, oft genüge sogar die einmalige orale Einnahme (vor allem bei Fluconazol üblich). Weil es innerhalb von sechs Monaten bei mehr als 35 Prozent der Patienten aber zu Rückfällen kommen soll, wird bei chronisch-rezidivierender Candida-albicans-Vaginitis nach einer hochdosierten Initialtherapie mit Fluconazol oder Itraconazol eine intermittierende Erhaltungstherapie über mehrere Monate fortgeführt.

Dass auch Schwangere mit Fluconazol in Berührung kommen, und es vielleicht sogar in höheren Dosen beziehungsweise über längere Zeit einnehmen, scheint also nicht ganz auszuschließen zu sein, auch nicht in Kanada: Dort wurde im Februar eine Studie im „Canadian Medical Association Journal“ veröffentlicht, laut der orales Fluconazol in Kanada häufig auch während der Schwangerschaft eingesetzt wird, obwohl topische Azole die erste Wahl darstellen. Warum ist das problematisch, wie die Studie aus ihren Ergebnissen im Februar folgerte?



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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