Symposium der Bundesapothekerkammer

Pharmazeutische Betreuung darf kein Zufall mehr sein

Berlin - 12.03.2019, 16:05 Uhr

Die Referenten und Gastgeber des BAK-Symposiums (v. li.): Moderator Dr. Reiner Kern, Prof. Dr. med.
Petra Thürmann, Christine Vogler, Dr. Andreas Kiefer, Evelyne Hohmann und Prof. Dr. Ulrich Jaehde. (Foto: jb /DAZ.online)

Die Referenten und Gastgeber des BAK-Symposiums (v. li.): Moderator Dr. Reiner Kern, Prof. Dr. med. Petra Thürmann, Christine Vogler, Dr. Andreas Kiefer, Evelyne Hohmann und Prof. Dr. Ulrich Jaehde. (Foto: jb /DAZ.online)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will erreichen, dass Apotheker neue pharmazeutische Dienstleistungen erbringen. Welche das sein können, ist aber noch völlig unklar. Geht es nach der Bundesapothekerkammer, gehört die Medikationsanalyse klar dazu. Das stellte BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer am heutigen Dienstag beim Symposium der Bundesapothekerkammer in Berlin klar. Es dürfe nicht mehr dem Zufall und dem guten Willen der Ärzte oder Apotheker überlassen sein, ob die Medikation analysiert wird.

Um die Arzneimitteltherapie älterer Menschen zu verbessern, bedarf es einer engeren Zusammenarbeit von Ärzten, Apothekern und Pflegekräften. Zu diesem Fazit kamen die Teilnehmer des Symposiums „Sichere Arzneimittel für die Generation 70Plus – Probleme und Lösungen“ der Bundesapothekerkammer (BAK), das am heutigen Dienstag stattfand. Vertreter der jeweiligen Profession sowie der Patienten hatten sich dazu in Berlin eingefunden. Evelyne Hohmann, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V., Prof. Dr. med. Petra Thürmann, Lehrstuhlinhaberin für Klinische Pharmakologie der Universität Witten-Herdecke, Apotheker Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Leiter des Bereichs Klinische Pharmazie an der Universität Bonn und Mitglied der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) und Christine Vogler, Leiterin der Wannsee-Schule für Krankenpflege und Vizepräsidentin des Deutschen Pflegerats.

„Die Zeit der Modellprojekte ist vorbei“

Der Apotheke kommt dabei aber nach Ansicht von BAK-Präsident Kiefer eine besondere Rolle zu, das gelte insbesondere für ältere Patienten, die sich zu Haus selbst versorgen oder von Angehörigen versorgt werden. Schließlich sei die Apotheke die letzte Instanz, bevor das Arzneimittel dem Patienten überlassen wird. Untersuchungen hätten zudem ergeben, dass mehr als 90 Prozent der über 70-Jährigen eine Stammapotheke habe. Somit könne man mit Einschreibemodellen in der Apotheke einen Großteil der Patienten dieser Altersgruppe erreichen, so Kiefer. Umso wichtiger ist es in seinen Augen, dass das Medikationsmanagement in der Apotheke nun flächendeckend verfügbar wird.

„Die Zeit der Modellprojekte ist vorbei“, sagte der BAK-Präsident. „Die Medikationsanalyse muss eine Regelleistung werden, auf die jeder einen Anspruch hat und nicht mehr nur vom guten Willen der jeweiligen Akteure abhängen darf.“ Natürlich müsse sie dann auch honoriert werden.

Kiefer schlug dann die Brücke zur aktuellen Politik. Schließlich hat Jens Spahn vor, den Apothekern zu ermöglichen, honorierte Dienstleistungen anzubieten. Bislang wurde aber nicht konkretisiert, was das genau sein könnte. Laut Kiefer gehört die Medikationsanalyse nach Ansicht der BAK aber definitiv dazu. 240 Millionen Euro extra waren dafür ursprünglich im Gespräch, nach den aktuellen Plänen der Unionsfraktion könnte die Summe geringer ausfallen. Kiefer wollte die Höhe aber auch nicht kommentieren. „Im Zweifel ist es immer zu wenig. Es ist wichtig, die PS erst einmal auf die Straße zu bringen. Wenn die Nachfrage seitens der Patienten besteht, folgt das Geld der Leistung.“



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Schlachtenlenker oder Totengräber?

von Wolfgang Müller am 12.03.2019 um 17:37 Uhr

Wir sollen also erstmal mit der Medikationsanalyse für unsere älteren Stammkunden hoch defizitär anfangen, und auch gerne, ohne überhaupt das Personal dafür zu haben.

Aktuell werden übrigens maximal 7500 Euro dafür diskutiert, pro Apotheke pro Jahr. Also ca. 26 Euro pro Arbeitstag. In Worten: SECHSUNDZWANZIG.

Unser Kiefer sagt zu diesem Zug-Zwang, jetzt ganz schnell Medikationsanalysen machen zu müssen, am Besten wohl sogar mit gesetzlichem Kontrahierungszwang wie bei der Rezeptur (wenn jemand erstmal "eingeschrieben" ist, wobei uns gar nix Anderes übrig bleibt, als so viele wie möglich "einzuschreiben"), und zum fehlenden GELD dafür:

„Im Zweifel ist es immer zu wenig. Es ist wichtig, die PS erst einmal auf die Straße zu bringen. Wenn die Nachfrage seitens der Patienten besteht, folgt das Geld der Leistung.“

Das ist wie der Offizier, der das Kanonenfutter an die Front peitscht. Es ist völlig undenkbar, dass ein Ärzte-Interessenvertreter so etwas sagen würde. Die Ärztin neben mir lacht sich gerade schlapp über diesen Strategen Kiefer, mal ganz unabhängig von ihrer Meinung dazu, dass er ihr gerne unsere Aufsicht lieber aufzwingen als unsere Leistung anbieten möchte, das ist ein anderes Thema.

Und das was Kiefer hier apodiktisch behauptet, ist mal wieder ...... vorsichtig formuliert: vom Inhalt her einfach nur unglaublich, und unglaublich falsch. Welche Interessenverflechtungen stecken denn nun schon wieder DA dahinter?

Ich bin zweifellos einer der Ersten, die im Rahmen des ihnen Möglichen GERNE mehr Medikationsanalysen machen werden, wenn es eine bessere Grundlage und endlich KAPAZITÄT dafür gibt. Dazu unter Druck gesetzt zu werden, das unter Zwang und ohne auskömmliche Honorierung zu machen, ohne die freien Valenzen dafür zu bekommen; unter Druck von der eigenen KAMMER: Das ist der denkbar schlechteste, genau genommen völlig aberwitzige Ansatz, in unserer aktuellen Honorar- und Minderkapazitäts-Situation.

Die CDU scheint Minister Spahn ganz gut integriert zu haben, und ihn bezüglich der Apotheker-Interessen in unserem Sinne einbremsen zu können. Wer schafft das bei Kiefer?

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