Streit um Werbegaben

BGH sieht auch kleine Apotheken-Geschenke skeptisch

Berlin - 28.03.2019, 12:15 Uhr

Die BGH-Richter fällten in der Frage, ob beispielsweise Brötchen als Zugabe in der Apotheke gestattet sind, zwar noch kein Urteil. Allerdings wiesen sie darauf hin, dass die Rx-Preisbindung das nicht zulasse. (m / Foto: hfd)

Die BGH-Richter fällten in der Frage, ob beispielsweise Brötchen als Zugabe in der Apotheke gestattet sind, zwar noch kein Urteil. Allerdings wiesen sie darauf hin, dass die Rx-Preisbindung das nicht zulasse. (m / Foto: hfd)


Während niederländische Versandapotheken seit der EuGH-Entscheidung zur Rx-Preisbindung bis zu 30 Euro Rabatt pro Rezept geben, streiten deutsche Apotheken vor dem Bundesgerichtshof derzeit um die Frage, ob ihnen zumindest geringwertige Geschenke bei Rx-Arzneimitteln erlaubt sind. Der Vorsitzende Richter ließ bei der Verhandlung am heutigen Donnerstag durchblicken, dass sie damit wohl nicht durchkommen werden. Ein Urteil steht aber noch aus.

Womit dürfen Apotheken bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel Kunden locken? Beim Bundesgerichtshof sind derzeit Verfahren gegen zwei Apotheker anhängig: Eine Darmstädter Apothekerin hatte Kunden Gutscheine für „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ mitgegeben, ein Berliner Apotheker Ein-Euro-Gutscheine zur Einlösung beim nächsten Apothekenbesuch. Geklagt gegen sie hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Diese hatte im Fall der Apothekerin mit ihren Brötchen-Gutscheinen in den Vorinstanzen Recht bekommen, während das Berufungsgericht dem Berliner Apotheker die Gutscheine gestattet hatte.

Bei der heutigen Verhandlung beider Fälle beim ersten Zivilsenat des Bundesgerichtshof ließ der Vorsitzende Richter Thomas Koch durchblicken, dass das Gericht in seinem für die nächsten Wochen zu erwartendem Urteil derartige Gutscheine verbieten wird. Er erläuterte zunächst die Rechtslage: Nach § 3a des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (UWG) handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gleichzeitig muss der Verstoß geeignet sein, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Mehr zum Thema

Eine derartige Vorschrift findet sich in § 78 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG), nach dem ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für rezeptpflichtige Arzneimittel zu gewährleisten ist. Nach § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ist es im Allgemeinen außerdem unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben – „Waren oder Leistungen“ – anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen. Ausnahmen gelten für geringwertige Zuwendungen oder Werbegaben, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes gekennzeichnet sind, wie auch geringwertige Kleinigkeiten. Dabei sieht die Norm noch eine Ausnahme der Ausnahme vor: Selbst solche geringwertigen Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Außerdem dürfen Apotheker nach § 7 HWG beispielsweise Fahrtkosten von Kunden mit dem öffentlichen Nahverkehr erstatten, die in Zusammenhang mit dem Besuch der Apotheke stehen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Rezept-Zugaben vor dem BGH

Bleibt der Ofenkrusti-Gutschein tabu?

Was die Entscheidung für Traubenzucker, Taschentücher, Kundenzeitschriften bedeutet

BGH-Urteile zu Apotheken-Gutscheinen: Was ist jetzt noch erlaubt?

Urteilsgründe des Kammergerichts liegen vor

Bundesgerichtshof muss sich erneut mit Rx-Boni befassen

Bundesgerichtshof zu Apotheken-Boni

Die Entscheidungsgründe liegen vor

Apotheken-Werbung: Vorsicht bei Pflichthinweisen und Werbegaben zu Medizinprodukten

Pflichthinweis: Zwei Millimeter sind zu klein

3 Kommentare

Kapitalismus im Arzneimittelraum Europa?

von Heiko Barz am 28.03.2019 um 18:33 Uhr

Man sieht hier ganz klar, eine wie auch immer geartete Alternative zum RXVV gibt es nicht!! Interessanterweise gibt es bei Dreiviertel der Eurostaaten diese geschwurbelte Diskussion gar nicht. Diese Länder haben es sich von vorn herein ausdrücklich eigenmächtig und ohne Angst vor juristischen Winkelzügen ihre Eigenständigkeit bewahrt.
Bei Tierarzneimittel ist dieser Fakt unumstößlich. Und die gesicherte Gesundheit bei Humanarzneien soll unwerter sein?
Wo leben wir, das soll Europa sein?
Wer sind namentlich die Lobbyisten, die europaweit nur eins im Sinn haben: Vernichtung der Deutschen Basisapotheke zum „Wohle“ kapitalistischer AMHegemonien?
Wir wollen unsere unabhängige Eigenbestimmung beim Arzneimittel jetzt und sofort zurück!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Meisterleistung

von Kapitän am 28.03.2019 um 17:30 Uhr

Ich stelle mir vor mit Ihnen eine Schiffsfahrt auf der Titanic zu machen: Während alle zu den Rettungsbooten eilen sitzen Sie im Schiffsrumpf und bohren Löcher in den Boden...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Brötchen backen will gelernt sein

von Bäcker-Blume am 28.03.2019 um 17:18 Uhr

Es geht in Deutschland um Existenzen, um Arbeitsplätze, es gibt viele Kollegen denen steht das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals und die gesamte Lage für das Apothekenwesen ist eine einzige Katastrophe - und dann streitet jemand darum, Brötchen-Gutscheine verteilen zu dürfen, das ist allen Kollegen gegenüber an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten - Bravo Fr. Kollegin, sie haben verstanden worum es geht ! Toll !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.