Dichlormethan statt Methanol

Apotheker entwickelt alternative Prüfvorschrift für Cannabisextrakt

Cannabisextrakt erfreut sich bei den verordnenden Ärzten und vor allem bei MS- und Schmerz-Patienten aufgrund seiner guten Wirkung großer Beliebtheit. Da es sich bei den Extrakten um Rezeptursubstanzen und nicht um Fertigarzneimittel handelt, stellen Verordnungen darüber den Apotheker vor einige Herausforderungen. Es gibt keine vernünftige Prüfvorschrift, die Analytiksubstanzen sind teuer und haben einen hohen Dokumentationsaufwand sowie eine lange Lieferzeit. Insgesamt ist die Analytik schwierig und aufwendig umzusetzen. Apotheker Dr. Berthold Pohl hat sich deswegen Gedanken über eine alternative Methode gemacht.

Apotheker entwickelt alternative Prüfvorschrift für Cannabisextrakt

DAZ.online: Sie haben eine analytische Nachweismethode für Cannabisextrakt Tilray THC10 CBD10 entwickelt. Gab es denn bislang keine?

Pohl: Jein. Der Extrakt ist Kühlware und BTM. Paesel und Lorei übernimmt in Deutschland den Vertrieb für die Extrakte, ist im Artikelstamm sozusagen als Hersteller geführt, verfügt aber nicht ausreichend über Kenntnisse über die besagten Produkte. Auch bei der Firma Tilray Deutschland gibt es keinen, der über die analytische Vorgehensweise fundiert Auskunft geben kann. Es wird auf die DAC Vorschrift „Eingestelltes, raffiniertes Cannabisölharz“ verwiesen.
Es müssen zwei Referenzsubstanzen bei THC Pharm bestellt werden, Cannabidiol (CBD) und Delta-9-THC (Dronabinol), jeweils 1 mg Substanz in 1 ml Methanol zu jeweils 125,00 Euro netto. Das ergibt Gesamtkosten für die Analytik in Höhe 250,00 Euro netto, die bei der Abgabe des Extraktes – Rohertrag etwa 100,00 Euro netto – nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. Die Referenzsubstanzen genügen laut Aussage von THC Pharm zwar für circa 10 Analysen, bei einmalig vorgelegten Verordnungen stellt das für den niedergelassenen Apotheker ein klares und unzumutbares Verlustgeschäft dar.

Eingestelltes, raffiniertes Cannabisölharz (DAC)

Untersuchungslösung: 0,200 g Zubereitung werden mit Methanol R zu 10,0 ml ergänzt. 

Referenzlösung I: Aus einem geeigneten Cannabidiol-Standard wird, falls erforderlich durch Verdünnen mit Methanol R, eine Lösung mit einem Gehalt von 1 mg/ml Cannabidiol hergestellt. 

Referenzlösung II: Aus einem geeigneten Δ9-Tetrahydrocannabinol-Standard wird, falls erforderlich durch Verdünnen mit Methanol R, eine Lösung mit einem Gehalt von etwa 1 mg/ml Δ9-Tetrahydrocannabinol hergestellt.

DAZ.online: Und die bisherige Nachweismethode funktioniert nicht?

Pohl: Nicht wirklich. Analog zur DAC Vorschrift soll der Extrakt in Methanol R „gelöst“ werden. Die beiden Wirksubstanzen Cannabidiol und Dronabinol sind allerdings in Traubenkernöl gelöst, welches mit Methanol R nicht mischbar ist bzw. sich nicht darin löst. Es entsteht somit ein zweiphasiges System. Offensichtlich soll der Extrakt zur Herstellung der Untersuchungslösung mit Methanol „ausgeschüttelt“ werden, was aber zu nur unzureichend reproduzierbaren Resultaten führt. 

Herstellset wie bei Dronabinol wäre hilfreich

DAZ.online: Und was ist bei der neu entwickelten Methode anders?

Pohl: Ich verwende Dichlormethan als geeignetes Lösungsmittel, um den Extrakt tatsächlich zu lösen und zu einer auswertbaren Untersuchungslösung zu verdünnen. Diese Untersuchungslösung lässt sich dann gegen die Referenzen chromatographieren. Bei der Detektion mit Vanillin Reagenz R ist zu beachten, dass die DC Platte nach Tauchen im frisch hergestellten Vanillin-Reagenz R im auf 100°C vorgeheizten Trockenschrank nur 50 Sekunden lang zu erhitzen ist. Nur so wird ein auswertbares Chromatogramm erhalten. Bereits nach 120 Sekunden ist die DC nicht mehr zuverlässig auswertbar.

Die DC nach 50 Sekunden: links der Extrakt, rechts daneben die Referenzsubstanzen CBD und THC.

Von der Untersuchungslösung, bei der die korrekte Identität nachgewiesen wurde, können ca. 0,5ml in einem Eppendorfgefäß oder auch in einer 1ml-Spritze mit Stopfen eingefroren werden. Diese Lösung kann dann für folgende Analysen als Referenzlösung herangezogen werden. Somit müssen nicht immer wieder neue Referenzlösungen bestellt werden.

DAZ.online: Jetzt hat nicht jeder Apotheker Lust und Zeit (und vielleicht auch nicht das Wissen) sich hier selbst weiterzuhelfen. Wäre es nicht hilfreich, ein Herstellset analog zum Dronabinol-Herstellset Kapseln bzw. Tropfen anzubieten, das jeweils ein Sample der beiden Testsubstanzen und den Extrakt enthält und dann vielleicht auch taxierbar ist?

Pohl: Wäre es in jedem Fall. Ich habe ein Konzept für ein Komplettset erstellt, das die Abgabe und Analytik beinhaltet und somit für die Apotheke die Prozesse vereinfacht und Wirtschaftlichkeit für die Apotheke herstellt. Das habe ich dem Hersteller bereits vorgeschlagen, Resonanz gab es mit Ausnahme von Absichtserklärungen bisher keine.

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