Bundesverwaltungsgericht

Autofahren unter Cannabis führt nicht zwingend zu Führerscheinentzug

Berlin - 11.04.2019, 17:00 Uhr

Kiffen und Autofahren gehört nicht zusammen. Aber bei einem ersten Verkehrsverstoß muss nicht unmittelbar die Fahrerlaubnis verloren sein. (c / canecorso / Stock.adobe.com)

Kiffen und Autofahren gehört nicht zusammen. Aber bei einem ersten Verkehrsverstoß muss nicht unmittelbar die Fahrerlaubnis verloren sein. (c / canecorso / Stock.adobe.com)


Ein gelegentlicher Cannabis-Konsument, der erstmals unter der Wirkung der Droge Auto fährt und dabei in eine Verkehrskontrolle gerät, muss nach einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zwingend fürchten, dass ihm die Fahrerlaubnis unmittelbar entzogen wird. Die Behörde müsse vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob zunächst eine medizinisch-psychologische Untersuchung einzuholen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte über sechs Klagen von gelegentlichen Kiffern zu entscheiden, die in einer Verkehrskontrolle aufgefallen waren. Sie alle hatten trotz vorangegangenen Cannabis-Konsums ein Kraftfahrzeug geführt. Bei ihnen wurde 1 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum festgestellt. Daher gingen die Fahrerlaubnisbehörden davon aus, dass die Fahrsicherheit dieser Personen beeinträchtigt sein konnte. Wegen der fehlenden Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges fehle ihnen die Fahreignung nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung. Die Behörden entzogen den Betroffenen ohne die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Fahrerlaubnis.

Dagegen klagten die Betroffenen – mit unterschiedlichem Erfolg. Nun war das Bundesverwaltungsgericht am Zug. In seiner Pressemitteilung zum am heutigen Donnerstag ergangenen Urteil führt es aus, dass der erstmalige Verstoß gegen die gebotene Trennung von Konsum und Fahren in der Regel nicht die Annahme rechtfertigt, dass sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Das hatten die Leipziger Richter selbst schon anders gesehen – doch an dieser gegenteiligen Annahme hält das Gericht nun nicht mehr fest. Es betont zwar, dass auch ein einmaliger Verstoß Bedenken gegen die Fahreignung begründe, denen die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen müsse. Erforderlich sei eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen werde. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedürfe es in der Regel der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Fahrerlaubnisbehörde müsse nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens und die hierbei einzuhaltende Frist entscheiden.

Der Deutsche Hanfverband sprach von einem „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Grundsätzlich fordert der Verband aber die Gleichbehandlung von Akohohol- und Cannabiskonsumenten im Führerscheinrecht und die Einführung eines realistischen THC-Grenzwertes.

Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2019, Az.: 3 C 13.17, 3 C 14.17 u. a.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Verstoss gegen die Gleichbehandlung

von Bartels Hans am 06.11.2019 um 9:24 Uhr

Wird Cannabis vom Arzt verschrieben, darf , wenn nach eigenem Ermessen Fahrtüchtigkeit besteht, ein KFZ gelenkt werden. Beim privaten Konsum der angenommen gleichen Menge Cannabis riskiert man einen Führerscheinentzug.
Das macht absolut keinen Sinn, da es schliesslich bei all diesen Regelungen um die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer geht.

Es müssen einheitliche und überprüfbare Grenzwerte festgelegt werden, die für alle Verkehrsteilnehmer gelten.

Streng genommen müssen wir jedes einzelne Medikament, welches Auswirkung auf die Fahrtüchtigkeit haben kann, prüfen und entsprechende Grenzwerte festlegen.

Im Sinne der Gleichbehandlung muss unser Rechtsstaat diese Thema zeitnah angehen.

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Einige Patienten dürfen fahren

von Krankgemacht am 05.08.2019 um 20:41 Uhr

Es gibt Patienten, die schon vor Jahren mit Ausnahmegenehmigung aus der Apotheke beziehen durften, die mit THC im Blut fahren dürfen. Bei einigen Erkrankungen wie ADHS macht THC sozusagen nüchtern. Wenn diese Patienten nicht bekifft sind, dann sind sie nicht fahrtauglich. Deswegen haben die einfach eine freiwillige MPU oder andere Tests gemacht, um ihre Fahrtauglichkeit zu beweisen. Außerdem sind die Grenzwerte viel zu niedrig. Das wäre praktisch so, als würde ich einige alkoholfreie mit bis 0,5% trinken und anschließend wäre der Lappen weg.

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Verschlimmbessert

von Prinz Eisenhart am 12.04.2019 um 20:14 Uhr

Leider ist damit die eigentliche Kontroverse des Themas nicht vom Tisch:
Die Fahrerlaubnisbehörde wird in jedem Fall über die Ergebnisse des Bluttests informiert. Für die ist der aktive Wert weniger von Bedeutung! Auf Grundlage des Passiv-/Langzeitwerts wird beurteilt ob Betroffene überhaupt für die Teilnahme am Straßenverkehr geeignet ist. Da das lipophile THC-COOH auch noch Monate nach Konsum im Blut nachweisbar ist, fallen den Behörden auch die Leute ins Netz, die strikt zwischen Führen eines KFZ und Konsum Trennungsvermögen beweisen. Leider hat dies in den meisten Fällen dann negative Konsequenzen für Job und Familie. Wie mein Vorredner bereits erläutert hat, bleibt es fast nie bei den einmaligen 800€-Kosten einer MPU.
Meiner Meinung nach eine Ungerechtigkeit zumal ein dutzend Studien bereits bewiesen haben, dass Gelegenheitskonsum zwangsläufig keine Einschränkung der Verkehrstauglichkeit bedeutet.

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Nur harte tödliche Drogen legal

von Herbert am 12.04.2019 um 11:01 Uhr

Bevor der Führerschein entzogen wird werden einem erstmal durch die MPU Maschinerie 3-4tausend euros abgeknöpft und man muss denen vorgaukeln nie mehr weiche Drogen zu konsumieren sondern die harten tödlichen Substanzen wie Alkohol und Tabak. Bravo!! Der Rassist Harry J. Anslinger ist heute noch führendes Gedankengut bei Union und AfD.

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