Melatonin, Hydrocortison & Co. für Kinder

PUMA-Arzneimittel: Eine bedrohte Spezies?

Stuttgart - 20.04.2019, 08:00 Uhr

Wenn es schon beim
Füttern Probleme gibt … Kinder zeigen sich bei der Arzneimitteleinnahme oft
unkooperativ. (s / Foto: bonnontawat / stock.adobe.com)

Wenn es schon beim Füttern Probleme gibt … Kinder zeigen sich bei der Arzneimitteleinnahme oft unkooperativ. (s / Foto: bonnontawat / stock.adobe.com)


Nachdem Alkindi vor circa einem halben Jahr vom Gemeinsamen Bundesausschuss keinen Zusatznutzen bescheinigt bekommen hat, droht dem ebenso speziell für Kinder entwickelten Slenyto nun ein ähnliches Schicksal – wenn der G-BA der aktuellen IQWiG-Empfehlung folgt. Werden die „intensiven Bemühungen“ der Arzneimittelhersteller zur Verbesserung der Versorgungssituation bei Kindern in Deutschland durch die Nutzenbewertung konterkariert? Das jedenfalls meint der Bundesverband der Arzneimittelhersteller. DAZ.online bietet eine Übersicht über die PUMA-Arzneimittel der letzten Jahre.

„Ein weiterer Rückschlag für PUMA-Zulassungen“, titelte der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am vergangenen Dienstag in einer Pressemitteilung. Anlass war die vom Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Montag zuvor veröffentlichte Nutzenbewertung des IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) zu dem PUMA-Arzneimittel (Paediatric use marketing authorisation) Slenyto® (Melatonin).

„Dass einem Arzneimittel, das speziell für Kinder entwickelt wurde, wieder einmal kein Zusatznutzen zugeschrieben werden soll, ist ein weiterer Rückschlag für die PUMA-Regelung“, kommentiert Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH, den Sachverhalt. Denn das IQWiG kommt in seiner Bewertung zu dem Schluss, dass sich aus den vorgelegten Daten kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Melatonin gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ergibt. Der BAH befürchtet, dass – sollte der G-BA die Sichtweise des IQWiG bestätigen – die Therapieoption Kindern in Deutschland möglicherweise nicht mehr zur Verfügung stehen könnte: „Solche Entscheidungen führen dazu, dass speziell für Kinder entwickelte Arzneimittel unwirtschaftlich werden. Damit könnte Deutschland bei innovativen Kinderarzneimitteln mit PUMA-Charakter in Zukunft leer ausgehen“, meint Kroth und denkt dabei auch an das Arzneimittel Alkindi®, dem der G-BA erst vor einem knappen halben Jahr keinen Zusatznutzen bescheinigte. 

Zusatznutzen durch die Einstufung als PUMA bereits belegt?

Das hydrocortisonhaltige Arzneimittel Alkindi® wurde 2018 zugelassen und soll bei einer Nebennieren-Insuffizienz für Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre das fehlende Steroidhormon ersetzen. Die Kapseln für Kinder enthalten ein Granulat und eignen sich somit zum Öffnen. So soll eine bessere Dosierung und eine Maskierung des bitteren Geschmacks möglich sein.

Pharmakotherapie.blog widmete sich im Dezember 2018 der Nutzenbewertung von Alkindi® und beleuchtete beide Seiten der Diskussion: Während Apothekerin und Redakteurin Solvejg Langer es für „beschämend“ hielt, dass das Hydrocortison für Kinder keinen Zusatznuzten zugesprochen bekommen hatte, schrieb Apotheker und Redakteur Dr. Stefan Fischer, das Urteil des G-BA sei „verständlich“.
Fischer meint, den G-BA treffe keine Schuld. Was nicht bedeutet, dass er Alkindi® nicht als sinnvoll erachtet – auch Pädiater hatten vom G-BA einen Zusatznutzen für Alkindi® gefordert. Fischer weiß aus eigener Erfahrung, dass speziell für Kinder entwickelte Arzneiformen sinnvoll sind, und er würde es bedauerlich finden, würde Alkindi® vom Markt genommen werden. Dennoch meint er: „Wenn Kinderarzneimitteln mit einer PUMA-Zulassung automatisch oder auf Basis von Meinungen ein Zusatznutzen gewährt werden soll, muss das so wie bei Orphan Drugs im Gesetz festgeschrieben werden. Der Handlungsbedarf liegt nicht bei der Institution, sondern bei der Legislative.“ Denn laut Fischer gab es einfach nicht genügend Evidenz (kleine Patientenzahl und Einarmigkeit der Studien), als dass der G-BA hätte anders entscheiden können.

Im Grunde sind sich Stefan Fischer und Solvejg Langer in diesem Punkt auch einig, auch wenn Langer die Entscheidung des G-BA für „unnachvollziehbar“ und „kurzsichtig“ erachtet – denn Langer schreibt: „Meiner Meinung nach sollte für PUMA-Arzneimittel dasselbe gelten wie für Arzneimittel mit Orphan-Drug-Status – nämlich dass der Zusatznutzen durch die Einstufung als PUMA belegt ist.“ 

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Dass der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als Kinderarzneimittel bereits als belegt gilt, kommt für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) derzeit jedoch nicht in Frage, wie in der DAZ 15/2019 zu lesen war. So muss man wohl zunächst bei Alkindi® akzeptieren, dass für einen Zusatznutzen die Evidenz fehlt. Doch wie sieht es bei der aktuellen Diskussion um Slenyto® (Melatonin) aus?



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kigabeq

von Dr Schweikert-Wehner am 20.04.2019 um 10:36 Uhr

Was bedeutet denn: soll als lösliche Tablette erhältlich sein?
Löst sich diese nicht gut, oder gar nicht?
Oder ist die DV noch nicht erhältlich?

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