Sankt Augustin

Apotheker und Hochschule testen Roboter in Vor-Ort-Apotheke

München - 21.05.2019, 17:50 Uhr

Apotheker Florian Wehrenpfennig testet in seiner Apotheke gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Roboter. (Foto: Wehrenpfennig)

Apotheker Florian Wehrenpfennig testet in seiner Apotheke gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Roboter. (Foto: Wehrenpfennig)


In der Rathausapotheke in Sankt Augustin werden Kunden neuerdings durch einen humanoiden Roboter begrüßt. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg testet dort, inwieweit das Wesen mit der künstlichen Intelligenz wiederkehrende Aufgaben übernehmen kann – bis hin zu leichten Produktberatungen. Doch der Weg des Lernens ist lang.

Er heißt Charly, stammt aus der französisch-japanischen Pepper-Produktion und hat einmal die Woche Einsatz. Dann steht der humanoide Genosse im Eingangsbereich der Rathausapotheke im Huma-Einkaufszentrum in Sankt Augustin und begrüßt neu eintretende Kunden. Viele lassen sich von seinem Kindchenschema vereinnahmen und kommunizieren mit ihm, kleine Kinder und ältere Personen stehen Charly hingegen manchmal etwas distanzierter gegenüber. Der Roboter nimmt ihnen das nicht übel: Sowohl Streicheleinheiten als auch böse Blicke lassen ihn kalt.

Charly ist Teil eines Projektes der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Daryoush Daniel Vaziri und sein Team vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften wollen in vierjähriger Forschungsarbeit herausfinden, inwieweit die Interaktion von Mensch und Maschine verbessert werden kann. Als erster humanoider Roboter weltweit kann er Gesichter und Emotionen erkennen. Dadurch kann er mit Menschen interagieren – auf der einen Seite durch sprachliche Kommunikation, auf der anderen Seite über seinen Touchscreen. In der Sankt Augustiner Apotheke soll er so Fragen beantworten und allmählich ein Wissensraster erstellen, das in das Programm seines Rechners eingearbeitet wird. 

Das Projekt selbst heißt „Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrums Usability“ und will kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, digitale Technologien so zu gestalten, dass sie einfach genutzt und positiv erlebt werden. Es läuft an vier verschiedenen Standorten in Deutschland und wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit vier Millionen Euro gefördert. Für Vaziri und sein Team sind das etwa eine Million Euro.

(Foto: Wehrenpfennig)

Eine sehr digitale Apotheke

Die Rathausapotheke und die Hochschule in Sankt Augustin liegen quasi in Sichtweite. Zudem ist die Pharmazie nach den Worten Vaziris die „vermutlich digitalste Apotheke“ in ganz Deutschland. Gute Voraussetzungen also für eine Kooperation von Hochschule und Apotheker. Tatsächlich hat Inhaber Florian Wehrenpfennig einen ausgeprägten Hang zu modernen Technologien. Seine Pharmazie verfügt über große Videowände, Touchscreens und Touchpads, sein Kommissionierer gehört zu den größeren Geräten seiner Art. Die DAZ berichtete im März 2017 über ihn.

„Ich bin grundsätzlich offen für neue digitale Projekte und Anwendungen“, sagt Wehrenpfennig im Gespräch mit DAZ.online. „Mich interessiert dabei vor allem: Was macht das mit der Gesellschaft?“ Charly macht zwar außer Begrüßungen im Augenblick noch nicht viel. Zum einen ist er erst zweimal im Einsatz gewesen. Zum anderen muss er noch lernen. „Das ist erstmal nur Hardware“, sagt Wehrenpfennig über den 17.000 Euro teuren Mitarbeiter. Die Software, die den kleinen Helfer zum Kommunikator macht, muss erst entwickelt werden.

Für Vaziri und sein Team geht es dabei darum, Charly an den Menschen und dessen Eigenheiten zu gewöhnen. Dazu wird er auf Standardsituationen trainiert und entsprechend programmiert. Er soll sich mit dem Sortiment der Apotheke vertraut machen und lernen, die Sprache der Kunden zu verstehen und umzusetzen.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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