MDR

Neue EU-Medizinprodukte-Verordnung: Was ändert sich für Apotheken?

Berlin - 24.05.2019, 16:15 Uhr

Ist das Medizinprodukt korrekt gekennzeichnet? Mit der neuen Medizinprodukte-Verordnung kommen auf Apotheken demnächst neue Prüf- und Dokumentationspflichten zu. (s / Foto: imago images / blickwinkel)

Ist das Medizinprodukt korrekt gekennzeichnet? Mit der neuen Medizinprodukte-Verordnung kommen auf Apotheken demnächst neue Prüf- und Dokumentationspflichten zu. (s / Foto: imago images / blickwinkel)


Vor zwei Jahren ist die neue europäische „Medical Device Regulation“ (MDR) in Kraft getreten. Die nationale Übergangsfrist endet am 26. Mai 2020. Die neue Verordnung sieht unter anderem neue Melde- und Dokumentationspflichten für Apotheken zu Medizinprodukten vor. Außerdem sollen Medizinprodukte mit Verifizierungsmerkmalen, ähnlich wie bei Securpharm, ausgestattet werden.

Auch wenn noch ein Jahr Zeit ist, bis die EU-Medizinprodukte-Verordnung* umgesetzt sein muss: Die Erfahrungen mit der EU-Datenschutzgrundverordnung und der Fälschungsschutzrichtlinie zeigen, dass es nicht schadet, sich ein wenig vor der Deadline mit den Regeln zu befassen.

Die sogenannte Medical Device Regulation (MDR) wurde bereits am 5. Mai 2017 im Amtsblatt veröffentlicht und trat am 25. Mai 2017, zeitgleich zur Verordnung für In-vitro-Diagnostika, in Kraft. Am 26. Mai 2020 läuft die nationale Übergangsfrist der MDR ab.

Medizinprodukte-Verifizierung mit UDI

Durch die MDR erhöht sich vor allem der Aufwand für Hersteller von Medizinprodukten. Weitere Neuerungen sind das „System der einmaligen Produktnummer“ (UDI-Unique Device Identification), das ähnlich wie Securpharm funktionieren soll, sowie die neue europaweite Datenbank Eudamed, in der alle in der EU vermarkteten Medizinprodukte registriert werden sollen.
Aber auch Händler, zu denen die Apotheken ja gehören, sind betroffen. Was die MDR für den Apothekenalltag nach dem 26. Mai 2020 bedeuten könnte, stellte Diplom-Ingenieur Thomas Ertner, der unter anderem die Bundesapothekerkammer berät, vor kurzem auf einer Fortbildung der Apothekerkammer Berlin vor.

Neue Definition von Vorkommnissen

Zum einen ergeben sich für Apotheken neue Melde- und Dokumentationspflichten. Diese entstehen dadurch, dass sich die Definition eines „Vorkommnisses“ mit der MDR ändert. Zwar müssen schon jetzt Vorkommnisse bei Medizinprodukten, ähnlich wie Nebenwirkungen von Arzneimitteln, gemeldet werden. Doch derzeit versteht man unter einem Vorkommnis ein schwerwiegendes Ereignis oder eine Fehlfunktion, die für den Patienten lebensgefährlich sein oder ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen könnte. Künftig werden unter dem Begriff Vorkommnis alle unerwünschten Wirkungen beim Patienten sowie jegliche Mängel und Fehlfunktionen des Medizinproduktes subsummiert. Dazu gehört auch eine fehlerhafte Gebrauchsanweisung.

Durch diese erweiterte Definition wird sich die Zahl der Vorkommnismeldungen, die Apotheken an Hersteller und an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte richten müssen, künftig erhöhen. Die schweren Fälle, die derzeit als „Vorkommnis“ eingestuft werden, werden ab dem 26. Mai 2020 als „schwerwiegendes Vorkommnis“ bezeichnet. Außerdem müssen Apotheker über nichtkonforme Medizinprodukte, Beschwerden und Rückrufe ein Register führen und Herstellern Auskunft erteilen, die durch die MDR verpflichtet werden, mögliche Produktrisiken nach Markteinführung zu beobachten.

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*Anmerkung der Redaktion: Bei der MDR handelt sich um eine Verordnung und nicht um eine Richtlinie, wie es in der vorherigen Version stand. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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10 Kommentare

Medizinprodukte-Verordnung

von Uto Ziehn am 01.12.2019 um 14:33 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Schorn,
gilt diese Verordnung generell auch für Sanitätshäuser?
Für die Beantwortung meiner Frage bereits besten Dank im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Uto Ziehn

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Frage von Herrn Thomas Witschel am 04.08.2019

von Dr. Gert Schorn am 06.08.2019 um 16:42 Uhr

Hallo Herr Witschel,
da müssen Sie diese Kostenträger fragen.
Gruß Dr. Gert Schorn

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Auseinzeln

von Christoph am 26.05.2019 um 12:55 Uhr

„Denn Apotheken müssen den Hersteller sowie die zuständige Behörde 28 Tage vor der geplanten Abgabe des veränderten Medizinprodukts informieren“. Das heißt, dass ich de facto keine einzelne Spritze oder Kanüle an den Kunden abgeben darf. Es sei denn, er kündigt seinen Bedarf einen Monat vorher an. Richtig?

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Auseinzeln

von Dr. Gert Schorn am 27.05.2019 um 12:11 Uhr

Hier liegen die Autoren falsch. Zudem beweist dies, dass der Text des Rechtes (deutsche wie auch EU) genau und vollständig gelesen werden muss. Ich verweise in diesem Fall insbesondere auf 16 (hier insbesondere auf Absatz 2 b) der in meinem Beitrag aufgeführten EU-Verordnung, wo genau das Gegenteil zum Auseinzeln steht. Also Entwarnung für die Apotheker. Gebe zu, es ist nicht ganz einfach, Gesetzestexte vollständig und zielorientiert zu lesen und auszuwerten.
Dr. Gert Schorn

AW: Auseinzeln

von Dr. Gert Schorn am 27.05.2019 um 12:16 Uhr

Zu meinem Bemerkung von eben.
Muss natürlich heißen: Artikel 16.
Entschuldigung.

Kommentar von Heilo Barz

von Dr. Gert Schorn am 25.05.2019 um 17:33 Uhr

Da täuscht sich Herr Barz. Das EU-Recht wird nicht primär vom EU-Parlament gemacht sondern von der EU-Kommission zusammen mit den einschlägigen Vertretern der Regierungen der EU-Mitgliedstaate. Näheres dazu siehe www.europarl.europa.eu <Befugnisse und Verfahren>. Die Regierungsvertreter beraten die Texte und beschließen mehrheitlich die Änderungen. Ohne die Zustimmung der Vertreter der Mitgliedstaaten, die zum einen die einschlägigen Fachleute und anschließend die höheren Regierungsvertreter sind. Die von mir erwähnten Mängel haben primär die Fachleute aus den Mitgliedstaaten zu verantworten. Hier werden von Herrn Barz Beispiele genommen, die nicht primär die Vertreter des EU-Parlament betreffen. Dies alles sage ich auch, da ich viele Jahre in Brüssel das Recht zu Medizinprodukten mit entwickelt und als Vertreter der Bundesregierung verhandelt habe.

Dr. Gert Schorn

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Kommentar von Heilo Barz

von Thomas Witschel am 04.08.2019 um 8:43 Uhr

Hallo Dr. Schorn, wenn ich das richtig verstanden habe, gibt das erst 2020. Warum setzen manche Kostentrager das bereits jetzt um und behaupten, es gilt seit 01.07.2019.?
Viele Grüße

Diktatur der EURO-Richtlinien und Gesetze!

von Heiko Barz am 25.05.2019 um 11:33 Uhr

Der Kommentar von Herrn Schorn beruhigt doch ungemein.
Hatte man eine Vorstellung der Beteuerungen aller Kanditaten der EU-Wahl zur Entbürokratisierung, so erfährt man auf diesem Wege das genaue Gegenteil.
Hier wird der Beweis erbracht, dass nur um die Existenz seines „Arbeitsplatzes“ als Eu-Parlamentarier zu erbringen, Rechtsvorschriften, Richtlinien, Dokumentationsvorgaben etc in unbegrenzter Zahl entstehen.
Was ist aus der Idee „EUROPA“ geworden? Eigentlich hat das Herr Schorn mit der Aufzählung einiger - sehr - wichtiger Problemstellungen bewiesen, dass diese Euro-Idee so keine Zukunft hat.

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Neues EU-Recht zu Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostica

von Dr. Gert Schorn am 24.05.2019 um 22:43 Uhr

Es handelt sich hier nicht um eine neue EU-RICHTLINIE zu Medizinprodukten sondern um eine EU-VERORDNUNG. Dies hat enorme Bedeutung für deren Folgen hier z.B. für die Apotheken. Im Gegensatz zu EU-Richtlinien wird eine EU-Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt. Die EU-Verordnung gilt in ihrem Wortlaut unmittelbar, soweit nicht ausdrücklich in der EU-Verordnung verlangt bzw. erlaubt wird, dort Vorgeschriebenes bzw. Erlaubtes in nationales Recht umzusetzen. Zudem werden in nationalem Recht festgelegt, insbesondere welche Bundes-/Landes-Behörden oder sonstige Stelle mit welcher Aufgabe für die Umsetzung des Rechtes zuständig sind. Außerdem handelt es hier nicht nur um neues EU-Recht zu Medizinprodukten sondern auch in einer gesonderten EU-Verordnung zu In-vitro-Diagnostika. Diese EU-Verordnungen stammen vom 5. April Jahr 2017 (EU-Amtsblatt Nr. L 117, S. 1 und S. 176 vom 5. 5. 2017) und können bereits seit November 2017 im Übergang von dem alten zu dem neuen Recht angewendet werden. Endgültig gelten diese Verordnungen ab 26. Mai 2020. Nun ist noch folgende Problematik dazu gekommen: Im EU-Amtsblatt Nr. L 117, S. 9 und 11 vom 3. 5. 2019 wurden bereits umfangreiche Berichtigungen veröffentlicht. Zudem sollen im Herbst noch weitere bekannte Fehler mit Berichtigungen im EU-Amtsblatt korrigiert werden. Dies bedeutet, dass zurzeit hinsichtlich der Anwendung und Umsetzung der EU-Verordnungen noch nicht zuverlässig auf die Texte der EU-Verordnungen aus dem Jahr 2017 hinsichtlich Betroffenheit auch von Apotheken gebaut werden kann. In Deutschland soll die zur Anwendung der beiden EU-Verordnungen ein Entwurf eines Durchführungsgesetz zur Stellungnahme veröffentlicht werden. Dies bedeutet für die Apotheken, dass deren Verbände bzw. Institutionen bereits bei der jetzigen Entwicklung des Rechtsentwurfes als auch besonders dann bei den Stellungnahmen, der weiteren Entwicklung des Gesetzestextes und dann im Rechtsetzungsverfahren sich auch mit den Texten und Wortlaut der EU-Verordnungen, mit den EU-Rechtsvorschriften, auf denen diese EU-Rechtstexte basieren, und den angrenzenden Vorschriften wie z.B. zu Krankenkassen, Import, Herstellung, Anwendung und Abgabe von Arzneimitteln, Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostica befassen und einbringen müssen. Hilfreich sind dabei auch die Erwägungsgründe der jeweiligen EU-Verordnungen.
Dr. Gert Schorn

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AW: Neues EU-Recht zu Medizinprodukten und

von Bettina Jung am 27.05.2019 um 9:48 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Schorn,

vielen Dank für den Hinweis!

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