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Kommentar
Der Preisanker – ein überflüssiges Instrument?
Nach rund fünf Jahren intensiver Verhandlungen muss sich der neue Rahmenvertrag seit vergangener Woche in der Praxis bewähren. Viele Apotheker beklagen, dass vor allem im Generikabereich die Versorgung der Patienten zu kompliziert ist und sich in vielen Fällen als unmöglich herausstellt. Verantwortlich dafür sollen Lieferengpässe, strenge Softwareeinstellungen und die vielen Kostendämpfungsinstrumente des Regelwerks sein. Offensichtlich ist es der sogenannte Preisanker, der das Fass aktuell zum Überlaufen bringt, meint DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat.
Ärzte müssen Arzneimittel ausreichend, zweckmäßig und – heutzutage wichtiger denn je – wirtschaftlich verordnen. So schreibt es das Sozialgesetzbuch vor. Damit sich alle an diese Prämisse „gerne“ und ausnahmslos halten, existieren unzählige Kostendämpfungsinstrumente auf Ebenen der Hersteller, Ärzte, Apotheker und auch der Patienten.
Goldene Regel: Rabattvertrag sticht immer alles. Er ist sozusagen der höchste Trumpf. Egal, welche Generikahersteller die Ärzte verschreiben, die Apotheker an Lager haben oder die Patienten favorisieren. Rabattarzneimittel sind quasi das Kassengestell für alle gesetzlich Versicherten und verpflichten zur Abgabe.
Es könnte so einfach sein, doch im Jahr 2019 ist der deutsche Arzneimittelmarkt von weitreichenden Lieferengpässen geprägt. Diese betreffen meistens Präparate, die am häufigsten abgegeben werden – also vor allem Arzneimittel in Rabattverträgen.
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Neuer Rahmenvertrag
Darf man den Preisanker überschreiten?
Nun gut, es gibt Regelwerke wie den Rahmenvertrag, die einem bei Nichtlieferbarkeiten die weitere Vorgehensweise aufzeigen: Dann wird nämlich eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel abgegeben. Wenn auch die nicht lieferbar sind, arbeitet man sich weiter „hoch“ bis zum namentlich verordneten Präparat, dem sogenannten Preisanker. Irgendeines wird doch wohl lieferbar sein. Was stellen sich die Apotheken also an, könnten Ärzte und Patienten jetzt meinen.
Doch der schönen Theorie folgt die bittere Praxis: Das ärztlich verordnete Arzneimittel, also der Preisanker, befindet sich meistens schon im sehr günstigen Generikabereich – was die Auswahl in der Apotheke deutlich einschränkt. Mit dem neuen Rahmenvertrag wurde nämlich auch die Maßgabe scharfgestellt, dass Arztpraxen nur noch mit zertifizierter Software arbeiten dürfen, die eben die preisgünstigsten Arzneimittel bevorzugt vorschlägt.
Je billiger das verordnete Präparat ist, je „tiefer“ der ärztliche Preisanker also hängt, desto schwieriger bis unmöglich ist es für die Apotheke eine Alternative zum nichtlieferbaren Rabattarzneimittel zu finden. Alles, was teurer ist als der Preisanker – auch, wenn es meistens nur um ein paar Cent geht – muss mit der Arztpraxis abgeklärt und dokumentiert werden. Ein Irrsinn!
Frustration und Ärger sind vorprogrammiert
Mit dieser Regelung entstehen zwangsläufig Frustration und Ärger, sowohl in der Apotheke als auch in der Beziehung zum jeweiligen Arzt - wenn dieser überhaupt ohne weiteres erreichbar ist, man denke an Patienten von weit her oder die Versorgung am Samstag und in Notdiensten.
Eine Lösung wäre, dem Arzt zu empfehlen, den Preisanker möglichst hoch zu hängen und damit den Handlungsspielraum der Apotheke zu vergrößern. Moment mal: Als Apotheke dem Arzt empfehlen, möglichst „teure“ Arzneimittel zu verordnen? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Und das teure Generikum dürfte aufgrund der Rangfolge ohnehin erst dann abgegeben werden, wenn kein Rabattarzneimittel, keines der vier günstigsten und alle folgenden günstigen auch nicht verfügbar sind und das „Teure“ alternativlos ist.
Die weitaus bessere Lösung wäre die ersatzlose Streichung der Preisanker-Regel! Denn zu viele Kostendämpfungsinstrumente führen offensichtlich zu keiner besseren Versorgung der Patienten und das kann am Ende auch nicht im Interesse der Ärzte sein.
10 Kommentare
"Preisanker"
von Rita Längert am 08.07.2019 um 19:22 Uhr
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AW: Gefühlt
von Stefan Haydn am 09.07.2019 um 18:07 Uhr
Hauptsache den Banken geht es gut
von Hummelmann am 08.07.2019 um 13:40 Uhr
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Preisanker
von Inge Deufert am 08.07.2019 um 13:26 Uhr
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Preisanker
von Heiko Barz am 08.07.2019 um 10:56 Uhr
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Wirkstoffverordnung
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 08.07.2019 um 10:39 Uhr
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AW: Wirkstoffverordnung
von Heiko Barz am 08.07.2019 um 11:15 Uhr
AW: Wirkstoffverordnung
von Peter am 08.07.2019 um 12:29 Uhr
AW: Wirkstoffverordnung
von Benjamin Schäfer am 11.07.2019 um 13:34 Uhr
Verschreibung
von Conny am 08.07.2019 um 10:14 Uhr
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