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Verwaltungsgericht Chemnitz
Abspracheverbot gilt auch in der Palliativversorgung
Das Recht der Patienten, ihre Apotheke frei zu wählen ist ein Grundpfeiler in unserer Arzneimittelversorgung. Apotheken und Ärzte dürfen daher grundsätzlich keine Absprachen treffen, in denen es etwa um die Zuweisung von Verordnungen geht. Es gibt nur enge gesetzliche Ausnahmen. Und zuweilen scheint eine Kooperation der Leistungserbringer auch darüber hinaus erwünscht. Zum Beispiel in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung – doch selbst in einem solchen Projekt gilt das Abspracheverbot, entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Chemnitz.
Der Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA) – in Kürze soll er offiziell Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA) heißen – hat zuletzt in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken mehr Rechtssicherheit für die pharmazeutische Spezialversorgung eingefordert. Gemeint sind neben der Heim- auch die Palliativ- und Substitutionsversorgung – allesamt Bereiche, die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Apotheken mit Ärzten, Pflegekräften und der Leitung der jeweiligen Einrichtung erfordern. Der BVKA fordert daher insbesondere, das grundsätzliche Abspracheverbot in § 11 Apothekengesetz (ApoG) um Ausnahmetatbestände zu ergänzen. So müsse etwa die die Kooperation palliativversorgender Apotheker mit Palliativ-Care-Teams im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) auf sicheren Füßen stehen.
Ein
aktuelles – nicht rechtskräftiges – Urteil aus Chemnitz zeigt nun: Ohne
gesetzliche Klarstellung sind Kooperationen zwischen Arzt und Apotheke
innerhalb eines SAPV-Projektes tatsächlich schwierig.
Worum ging es?
Klägerin ist eine Chemnitzer Apothekerin, die mit einem an einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angesiedelten Palliativprojekt, das Patienten im Rahmen der SAPV (i.S.v. § 132d SGB V) versorgt, eine Kooperationsabsprache getroffen. Demnach sollte sie eine 24-Stunden Rufbereitschaft, eine Notfallmedikation und notwendigen Anpassungen der Medikation der Patienten sicherstellen. Die SAPV-Patienten hatten zuvor Einwilligungserklärungen unterzeichnet, mit denen sie die Apotheke der Klägerin mit der exklusiven Medikamentenversorgung beauftragten und ausdrücklich auf ihr Wahlrecht, eine andere Apotheke in Anspruch zu nehmen, verzichteten. Das bemerkten auch die Inhaber anderer Apotheken, die Heimversorgungsverträge (§ 12a ApoG) geschlossen hatten. Einige „ihrer“ Heimbewohner wurden nun mit Arzneimitteln durch die Apotheke der Klägerin versorgt, die die Ärzte des Palliativprojektes verordnet hatten. Sie beschwerten sich bei der zuständigen Landesdirektion, die sodann einen Bescheid erließ, nach dem die Kooperationsvereinbarung zwischen der Apothekerin und dem Palliativprojekt eine unerlaubte Absprache nach § 11 ApoG darstelle.
Die Apothekerin legte Widerspruch ein, dem jedoch nicht abgeholfen wurde. Und so folgte eine Klage. Die Apothekerin wollte gerichtlich festgestellt wissen, dass der Widerspruchsbescheid der Landesdirektion aufzuheben ist. Sie argumentierte unter anderem, dass der Gesetzgeber „schlicht vergessen“ habe, § 11 ApoG „an die gewollte Struktur der SAPV mit der Intention einer Leistungserbringung aus einer Hand anzupassen“. Sie verwies auch darauf, dass das Palliativprojekt als SAPV-Leistungserbringer nach dem Vertrag mit der Krankenkasse sicherstellen müsse, dass Betäubungsmittel für Notfälle und Krisensituationen bereitgehalten werden. Eine solche Sicherstellungsabrede liege hier vor. Denn es sei gerade nicht so, dass jede Apotheke, die für die Palliativmedizin notwendigen Betäubungsmittel und Schmerzmedikamente ohne Probleme verfügbar hätte.
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