GKV-Finanzen

AOK warnt vor Kostenanstieg und zu hohem Apothekenhonorar

Berlin - 26.08.2019, 11:35 Uhr

Nicht mehr Geld für Apotheker! Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbandes, warnt vor steigenden GKV-Ausgaben und nimmt als Beispiel die geplante Apothekenreform. (c / Foto: imago images / photothek)

Nicht mehr Geld für Apotheker! Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbandes, warnt vor steigenden GKV-Ausgaben und nimmt als Beispiel die geplante Apothekenreform. (c / Foto: imago images / photothek)


Der AOK-Bundesverband beklagt, dass auf die Krankenkassen in den kommenden Jahren zusätzlich Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe zurollen. „Die Preise steigen, aber die Leistungen für die Versicherten verbessern sich bisher nicht“, sagte Verbandschef Martin Litsch der „Rheinischen Post“. Als Beispiele für Kostentreiber nannte er die Servicestellen für Termine beim Facharzt und die von der Bundesregierung geplante Apothekenreform.

Dem AOK-Bundesverband liegen erste Zahlen zu den GKV-Finanzen aus dem ersten Halbjahr 2019 vor. Martin Litsch, Chef des AOK-Verbandes, erklärte gegenüber DAZ.online: „Die AOK-Gemeinschaft hat das zweite Quartal 2019 mit einer roten Null abgeschlossen, konkret bedeutet das ein negatives Ergebnis von 67 Millionen Euro. Das ist seit langem wieder mal ein leichtes Minus, hat aber noch nichts mit der allgemeinen wirtschaftlichen Eintrübung zu tun. Im Gegenteil, die Einnahmesituation der GKV ist auch 2019 noch äußerst robust.“

Litsch zufolge resultieren diese Zahlen auch aus einem gegenüber dem Vorjahreshalbjahr abgeschwächten Versichertenwachstum. Außerdem machten sich im aktuellen Quartalsabschluss Sondereffekte bemerkbar, wie beispielsweise die Absenkung von Zusatzbeiträgen. Hinzu komme, dass – wie im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz festgehalten – schon (GKV-weit) 320 Millionen Euro für neue Pflegestellen ausgegeben worden seien. Litsch dazu: „Das gibt einen Vorgeschmack auf den Ausgabenanstieg, der in Zukunft durch geplante und bereits beschlossene Reformen zu erwarten ist. So sind im zweiten Halbjahr 2019 weitere Kostenschübe etwa durch neue Preisregelungen bei den Heilmitteln absehbar.“

Litsch: Ärzte-Ausgaben und Apothekenhonorar belasten

In einem Interview in der „Rheinischen Post“ erklärt der Kassenchef, an welchen Kassenausgaben er sich besonders stört. „Bei den Terminservicestellen, die zwischen 2019 und 2022 mehrere Milliarden Euro an zusätzlichen Beitragsmitteln kosten, kann ich bisher keinen echten Nutzen für die Versicherten erkennen.“ Sie erzeugten vor allem viel Bürokratie. „In der Hoffnung, dass die Ärzte ihren Widerstand gegen die Regelungen aufgeben, erhalten sie zusätzliche Honorare in Höhe von jährlich 600 Millionen Euro als Beruhigungspille.“

Den gleichen Mechanismus sehe man bei den Apothekern. „Auch sie erhalten zusätzliche Vergütungen, damit sie den Versandhandel tolerieren.“ Wie schon das Bundeswirtschaftsministerium wirft Litsch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) also vor, den Apothekern die Streichung des Rx-Versandverbotes durch höhere Honorare abgekauft zu haben.

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Dass der AOK-Bundesverband die mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz verbundenen Honorar-Erhöhungen kritisch sieht, ist allerdings nicht neu. Schon im April hatte der Verband eine Pressemitteilung zum damaligen Gesetzesentwurf veröffentlicht. Die Überschrift damals: „Wozu mehr Geld für Apotheken?“ Litsch störte sich damals insbesondere daran, dass die Vergütung der geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen schon festgelegt werden soll, bevor überhaupt klar ist, um welche Dienstleistungen es geht.

In seinem Interview mahnte Litsch jetzt erneut zu einer umsichtigeren Ausgabenpolitik im Gesundheitswesen. „Die zusätzlichen Kosten für die Krankenkassen belaufen sich von 2019 bis 2022 auf rund 29 Milliarden Euro.“ Die höchsten Summen entfielen auf die Kosten für zusätzliches Pflegepersonal und für die Terminservice-Stellen. Die aktuellen Bilanzzahlen zeigten aber, dass die üppigen Zeiten vorbei seien. „Ich kann nur vor weiteren kostenintensiven Gesetzen warnen.“


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Zeitzeichen

von Karl Friedrich Müller am 26.08.2019 um 15:59 Uhr

So funktionieren heute Nachrichten und Stellungnahmen.
Manipulation durch Weglassen, Verdrehen, Lügen.
Am Ende steht die Unwahrheit. Und Beeinflussung.
Wie kommen solche Leute an vordere Positionen? Weder integer noch ehrlich? Wer will mit so jemandem arbeiten oder als Chef?
Dabei ist die Welt und das Land voll von solchen „Führenden“
Armes, armseliges Land.

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Ich warne vor Ignorierung vopn Fakten, Herr Litsch!

von Uwe Hansmann am 26.08.2019 um 11:51 Uhr

Herr Litsch macht seinen Job.
Allerdings benennt er das eigentliche Problem der kommenden Jahre nicht.
Die demografische Entwicklung!!
Weder Krankenkassen noch Leistungserbringer sind hierfür als Sündenböcke festzumachen.
Als 1960 geborener Bürger, dieser, unserer Republik, kann ich nur an die Politik appellieren, der Bevölkerung schlicht die Wahrheit zu sagen!
Die Beiträge werden in allen Teilen der Sozialversicherung - so auch in der Krankenversicherung - steigen, gleichzeitig werden die Leistungen der GKV gekürzt werden müssen, weil der jetzt in die Jahre kommende Babyboomerbauch der 60-iger Jahre zwangsläufig die Beitragseinnahmen völlig verfrühstücken wird.
Es ist schlicht unredlich, diese Fakten zu verschweigen und stattdessen weitere Kürzungen bei Honoraren von Leistungserbringern über die betriebswirtschaftliche Schmerzgrenze hinaus vorzunehmen.
Ich sehe als heimversorgender Apotheker, der selbst beide Elternteile in einer Pflegeeinrichtung untergebracht hat, den täglichen Stress, dem gerade die Pflegekräfte ausgesetzt sind.
Auch die Mitarbeiter in Apotheken und Arztpraxen laufen derzeit am Stresslimit, da mit den aktuellen, nicht durch uns Leistungserbringer verursachten Lieferengpässen, eine exorbitante Zunahme an zusätzlichen Telefonaten zwischen den Akteuren erforderlich ist.
Auch im Hause von Herrn Litsch wird das nicht anders sein.
Leistungserbringer und GKV sollten gemeinschaftlich! der Politik die rote Karte zeigen.
Ganz im Sinne der solidarischen Krankenversicherung Bismark´scher Prägung - so sie denn noch gewollt ist!

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von Anita Peter am 26.08.2019 um 11:51 Uhr

Ich korrigiere:
„Die Verwaltungskosten der Kassen steigen, aber die Leistungen für die Versicherten verbessern sich bisher nicht“

Ansonsten nennt man die jährliche Preissteigerung Inflation Herr Litsch.

Welche Mehrleistung erbringen eigentlich Sie jedes Jahr für ihr jährlich steigendes Salär?

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