Als Nahrungsergänzungsmittel deklariert

Landratsamt warnt vor Defekturen aus schwäbischer Apotheke

Stuttgart - 04.09.2019, 16:14 Uhr

Vor selbst hergestellten Präparaten in blauen Plastikdosen mit Etiketten wie dem abgebildeten warnt derzeit das Landratsamt Günzburg. (Foto: Landratsamt Günzburg)

Vor selbst hergestellten Präparaten in blauen Plastikdosen mit Etiketten wie dem abgebildeten warnt derzeit das Landratsamt Günzburg. (Foto: Landratsamt Günzburg)


Selbst hergestellte Procain- und „Roter-Reisschalen-Extrakt“- Kapseln aus der St. Martins-Apotheke in Jettingen-Scheppach sollen nicht eingenommen werden. Dazu ruft das Landratsamt Günzburg seit dem gestrigen Dienstag auf. Eine Abgabe der Präparate über die Rathausapotheke (Jettingen-Scheppach) und die Stauden-Apotheke (Langenneufnach) könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Die Kapseln werden aufgrund ihrer Dosierung als gesundheitlich bedenklich eingestuft. Von der Einnahme anderer in den drei Apotheken selbst hergestellten Arzneimittel wird – aufgrund der vorgefundenen Herstellungsbedingungen – ebenso vorsorglich abgeraten. 

Von der am 3. September 2019 vom Landratsamt Günzburg herausgegebenen Warnung sind ausdrücklich keine Fertigarzneimittel betroffen. Kunden der St. Martins Apotheke und Rathaus Apotheke aus Jettingen-Scheppach sowie der Stauden-Apotheke aus Langenneufnach werden lediglich gebeten, „noch vorhandene, in den Apotheken selbst hergestellte (Defekturarzneimittel) bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle abzugeben. Sollten bereits gesundheitliche Beschwerden durch eine etwaige Einnahme aufgetreten sein, soll der Hausarzt kontaktiert werden. 

Konkret geht es um:

  • Procain (Inhalt lt. Deklaration: Procain HCl 200 mg, Natriumascorbat ad 400 mg), Inhalt: 100 Kapseln, Datum: 04. Oktober 2018, EXP. 12/20, Ch.-Nr.: 334855
  • Roter Reisschalenextrakt, (Inhalt lt. Deklaration: Roter Reisschalenextrakt 300 mg), Inhalt: 90 Kapseln, Datum: 28. Juni 2019, EXP. 07/21, Ch.-Nr.: 342365

Die Produkte wurden in blauen Plastikdosen mit Deckel und gelber Etikettierung (in seltenen Fällen auch weiße Etikettierung) an den Verbraucher abgegeben und sollen nicht eingenommen werden. Das Landratsamt wurde laut einem Bericht der Augsburger Allgemeinen Zeitung nach Hinweisen aus der Bevölkerung aktiv.

Durchsuchungen bereits im Juli

Wie die Pressestelle beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West mitteilt, hatte es bereits im Juli 2019 Durchsuchungen in den drei betroffenen Apotheken und in Privatanwesen durch die Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm sowie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gegeben. Dabei wurden größere Mengen an Ausgangssubstanzen, Verpackungsmaterialien, Endprodukte sowie entsprechende Daten als Beweismittel sichergestellt.

Auch im Online-Handel vertrieben?

Es bestehe der Verdacht, „dass die tatverdächtigen Apotheker aus dem südlichen Landkreis Augsburg sowie aus dem östlichen Landkreis Günzburg über drei Apotheken in den Landkreisen sowie über einen Online-Handel selbst hergestellte Produkte illegal und falsch beworben an ahnungslose Verbraucher verkauft haben.“ Es solle sich nicht, wie beworben, um Nahrungsergänzungsmittel handeln, sondern um Produkte, die unter das Arzneimittelgesetz fallen. Für deren Herstellung liege weder eine Genehmigung vor, noch seien entsprechende Vorschriften bei der Herstellung eingehalten worden. Die Polizei scheint davon auszugehen, dass die Arzneimittel im Rahmen der Defektur hergestellt wurden.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Kapseln aus der St. Martins-Apotheke

von Stephanie Bor am 25.09.2019 um 14:48 Uhr

Frage:
hat es mit diesem Produkt aus der Apotheke schon wem geschadet, falls ja, was waren oder sind die negativen Auswirkungen von diesem Produkt?
Hat es evtl. auch positive Auswirkungen gegeben?
Was sind die Gründe?

Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass ein Apotheker/Apothekerin mit diesen Kapseln den Menschen etwas böses wollte...
Der Bestandteil Procain (ist nicht Verschreibungspflichtig)
Roter Reisschalenextrakt/Kapseln kann man doch beim Rossmann kaufen und wird auch in der Produktion bei Ringana (soweit ich weis) mitverarbeitet..
Das sind doch beides Nahrungsergänzungsmittel...?... und da weiß man ja mittlerweile auch nicht was genau an Zusatzstoffen drinnen ist .... oder bin ich falsch an?
Die Pharmakonzerne sind mittlerweile so abgeschottet das wir sowieso keine Chance haben Einblicke zu bekommen. Wir alle müssen uns ja auch darauf verlassen das SIE uns nicht was falsches auftischen...

Wie gesagt: Ein Apotheker (ein kleiner Betrieb) der Naturmedizin herstellt und dabei mehreren Menschen wahrscheinlich sehr damit geholfen hat finde ich klasse.
Es gibt so viele Fehldiagnosen wo Patienten dann auch noch die falschen Medikamente verschrieben bekommen, die wahrscheinlich kein Arzt zugeben würde (oder nur wenige..) wird aber keine Rücksprache gehalten oder Verbote über die Presse ausgesprochen. .. was ist mit solchen Fällen..?..

Hat man dem Apotheker evtl. auch Hilfe angeboten oder wurde von den großen Pharmaindustrien von vornhinein ein Riegel vorgeschoben?

Ich finde die Naturmedizin im allgemeinen sehr wichtig.

Man könnte doch das alles sehr gut mit der Schulmedizin verbinden.?.

Ich bitte Sie meine Meinung zu respektieren und nicht als naiv oder dergleichen zu bezeichnen.
Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte das hier nur hinterfragen als Ottonormalverbraucher.

Liebe Grüße aus Österreich
Steffie

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Schwäbische Defekturen

von Roland Mückschel am 04.09.2019 um 17:01 Uhr

Ja das Böse schläft nie.
Vom Ausland lernen heisst straffrei bleiben.

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