Empfehlungen des Gesundheitsausschusses

Bundesrat bringt Spezialrezepturen und Defekturen auf die Agenda

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates hat in seinen Empfehlungen zum Apotheken-Stärkungsgesetz einige Aspekte aufgegriffen, die für den Alltag einiger Apotheken sehr wichtig sind, auch wenn sie derzeit nicht im Blickfeld der Politik stehen. Es geht dabei um die Versorgung mit Spezialrezepturen, die Taxierung von Rezepturarzneimitteln, die aus mehreren applikationsfertigen Einheiten bestehen, und um die Einschränkung der Defekturtätigkeit. 

Bundesrat bringt Spezialrezepturen und Defekturen auf die Agenda

Die jüngsten Empfehlungen des Gesundheitsausschusses des Bundesrates zum Kabinettsentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetz beschränken sich nicht auf Korrekturen an den bisher geplanten Regelungen. Darüber hinaus bringen die Bundesländer auch neue Themen ein, die bisher im Gesetzgebungsverfahren noch gar nicht angesprochen wurden. Dabei geht es teilweise um schon längere Zeit schwelende ungelöste Fragen des pharmazeutischen Alltags. In einem Fall würde damit sogar eine Forderung erfüllt, die schon beim Deutschen Apothekertag erhoben wurde und die in diesem Jahr erneut Gegenstand eines Antrags beim Apothekertag ist.

Erleichterte Versorgung mit Spezialrezepturen

Die Regelungen zur Versorgung mit Schmerzpumpen und anderen parenteralen Zubereitungen sollen besser an die praktischen Anforderungen angepasst werden. Dazu empfiehlt der Gesundheitsausschuss des Bundesrates, § 11 Apothekengesetz zu ändern. Den Apotheken soll erlaubt werden, alle Zubereitungen zur parenteralen Anwendung an andere Apotheken abzugeben. Bisher gilt diese Ausnahme nur für anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen. Außerdem wird empfohlen, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f Betäubungsmittelgesetz zu erweitern. Apotheken sollen Opioide in Fertigarzneimitteln zur transdermalen oder transmucosalen Anwendung auch von anderen Apotheken beziehen können. Beide Empfehlungen gehören inhaltlich zusammen und entsprechen weitgehend einem Antrag der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg zum Deutschen Apothekertag, der Ende September in Düsseldorf stattfindet.

Zum Hintergrund: Die Ausnahmeregelung im Apothekengesetz zur Belieferung anderer Apotheken mit Zytostatikazubereitungen wurde geschaffen, weil nur wenige Apotheken die technischen Voraussetzungen für diese Herstellungen besitzen. Mit der Änderung der Apothekenbetriebsordnung von 2012 wurden aber auch die Anforderungen an die Herstellung anderer parenteraler Zubereitungen so verschärft, dass nur wenige Apotheken diese erfüllen. Die daraufhin folgerichtige Belieferung anderer Apotheken wurde jedoch seitdem nicht geregelt. Dies wird nun endlich empfohlen, um die Versorgung der Patienten zu verbessern.

Mehrfacher Rezepturzuschlag für mehrere Einheiten

Außerdem befasst sich die Empfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrates mit einer Taxierungsfrage, die immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Apotheken führt. Es geht um die Preisbildung für Rezepturarzneimittel, bei denen mehrere gleiche applikationsfertige Einheiten gemeinsam abgegeben werden. Dafür soll in der Arzneimittelpreisverordnung klargestellt werden, dass der Rezepturzuschlag pro applikationsfertiger Einheit anfällt – und nicht nur einmal. In der Begründung wird auf das Beispiel der aseptischen Herstellung von Augentropfen verwiesen. Diese würden jeweils einzeln unter aseptischen Bedingungen aufgezogen und verschlossen. Dies sei mit der Herstellung parenteraler Zubereitungen zu vergleichen, für die deutlich höhere Zuschläge gelten.

Defektur: ja, aber mit Einschränkung

Während diese beiden Empfehlungen aus Apothekensicht zu begrüßen sind, dürfte eine weitere Empfehlung zu kontroversen Diskussionen führen. Die Empfehlung sieht vor, das Defekturprivileg in § 21 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz einzuschränken und die Herstellung ohne Zulassung auf Arzneimittel zur Abgabe „auf ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung an Patienten oder Teileinheiten von Krankenhäusern“ zu begrenzen. In der Begründung wird der Ausnahmecharakter der Defektur betont. Doch bei fast täglicher Herstellung von jeweils bis zu 100 abgabefertigen Packungen und in Verbindung mit einer Versandhandelserlaubnis könnten solche Arzneimittel deutschlandweit oder sogar weltweit in Verkehr gebracht werden. Dies betreffe auch Arzneimittel mit sehr umstrittener Wirkung. Dazu heißt es in der Begründung weiter:

„Durch diese Möglichkeit werden in größerem Umfang Arzneimittel ohne Zulassung in Verkehr gebracht und ein größeres Patientenkollektiv einem Risiko ausgesetzt als es ursprünglicherweise beabsichtigt war. Daher soll der ausufernden Defekturtätigkeit die ursprünglich beabsichtigten und für die Apotheke wirtschaftlich sinnvollen Grenzen auferlegt werden, ohne die Versorgung der Teileinheiten von Krankenhäusern durch die Krankenhaus (-versorgenden) Apotheken einzuschränken.“

Defektur im Grundsatz bestätigt

Wenn diese Empfehlung umgesetzt würde, könnten Apotheken keine Defekturarzneimittel mehr aufgrund häufiger Nachfragen von Patienten anfertigen, sofern keine (Standard-)Zulassung vorliegt. Dies wäre für einige Apotheken eine schmerzliche Einschränkung der Herstellungsmöglichkeiten. Allerdings stärkt der Gesundheitsausschuss des Bundesrates mit seiner Empfehlung und der Begründung durchaus den Kern des Defekturprivilegs. Dies kann als Gegenposition zu früheren Gerichtsentscheidungen verstanden werden, die diese Möglichkeiten ausgehöhlt haben. Dazu hatte der Deutsche Apothekertag 2018 einen Antrag des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg beschlossen und eine Klarstellung des Begriffes der „wesentlichen Herstellungsschritte“ gefordert. Offenbar geht der Gesundheitsausschuss des Bundesrates auch ohne eine solche Klarstellung von der Zulässigkeit der bisher üblichen Praxis der Defekturherstellung aus. Gerade deshalb möchte er die zulassungsfreie Herstellung auf ärztlich verordnete Arzneimittel beschränken. Daher würde die empfohlene Änderung zwar den Umfang des Defekturprivilegs begrenzen, es aber in seinem Kern bestätigen.

Insgesamt erscheint bemerkenswert, dass der Gesundheitsausschuss mit seinen Empfehlungen ganz neue Themen auf die politische Tagesordnung bringt und sich dabei auch mit speziellen Fragen des Apothekenbetriebs befasst. Die Reaktionen des Bundestages und des Bundesgesundheitsministeriums bleiben abzuwarten.

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