Anfrage der Linken

Apothekenreform: Max Müller sprach mit Kanzleramtschef Helge Braun

Berlin - 17.10.2019, 15:15 Uhr

Helge Braun (li, CDU-Kanzleramtschef) traf sich mit DocMorris-Vorstand Max Müller, um über die Apothekenreform zu sprechen. Jens Spahn traf sich mit Vertretern des EU-Versender-Verbandes zu einem apothekenpolitischen Gespräch. (s / Foto: imago images / IPON)

Helge Braun (li, CDU-Kanzleramtschef) traf sich mit DocMorris-Vorstand Max Müller, um über die Apothekenreform zu sprechen. Jens Spahn traf sich mit Vertretern des EU-Versender-Verbandes zu einem apothekenpolitischen Gespräch. (s / Foto: imago images / IPON)


Am 11. Dezember 2018 stellte Jens Spahn in der ABDA-Mitgliederversammlung einen Plan vor, der die Apotheker erschütterte: Nach dem EuGH-Urteil von 2016 wollte er die Rx-Preisbindung teils aufheben und Rx-Boni gedeckelt zulassen. Wie die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion nun zeigt, haben auch die EU-Versender in der entscheidenden Entwurfsphase Gespräche mit der Bundesregierung geführt. DocMorris-Vorstand Max Müller sprach mit Kanzleramtschef Helge Braun und der EU-Versender-Verband EAMSP, dessen Chef Müller ist, sprach mit Spahn. Rein quantitativ fanden aber mehr Gespräche mit Apothekern statt.

Viele Apotheker in Deutschland werden den 11. Dezember des vergangenen Jahres wohl nicht so schnell vergessen. Die „Tagesschau“, ZDF „heute“ und andere Nachrichtensendungen zeigten an diesem Abend einen recht geknickten ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, der neben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stand. Schmidt wirkte gefasst, in ihm dürfte es aber gebrodelt haben. Denn zuvor hatte Spahn den Apothekern in der Mitgliederversammlung ein Regelungspaket vorgestellt, das den Apothekenmarkt nachhaltig verändern hätte können: In seinem ersten Entwurfspapier zur Apothekenreform wollte er Rx-Boni gedeckelt bei 2,50 Euro zulassen. Der Marktanteil der EU-Versender sollte demnach eine gewisse Marke nicht übersteigen und regelmäßig kontrolliert werden.

Spahn sprach mit dem EAMSP, Braun mit Müller

In den Wochen zuvor hatte Spahn die Verkündung seines Planes mehrfach verschoben – auf den Deutschen Apothekertag (DAT) 2018 brachte ihn nicht – wie vorher angekündigt – mit, sondern erklärte, dass er mit den Apothekern diskutieren wolle, um eine Lösung des Versandhandelskonfliktes zu finden. Ein Interview mit der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ und DAZ.online) sagte er damals kurzfristig ab. Die Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion, die DAZ.online exklusiv vorliegen, zeigen nun, dass Spahn, aber auch andere Regierungsmitglieder, in dieser wichtigen Zeit sehr wohl mit den Apothekern sprachen – allerdings auch zwei Mal mit den EU-Versendern.

Hier der chronologische Ablauf: Das erste Treffen zum Thema Apothekenmarkt nach Spahns Amtsantritt fand am 24. April 2018 mit der ABDA statt. Präsident Schmidt und Fritz Becker trafen sich im BMG mit dem damals frisch ernannten Minister. Nur ein paar Tage später traf sich Spahn mit Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin in Westfalen-Lippe. Beide kennen sich schon lange, weil Spahns Wahlkreis in der Nähe von Overwienings Apotheken liegt. Im Mai 2018 traf sich dann noch Andreas Hott, Chef des rheinland-pfälzischen Apothekerverbandes, mit BMG-Staatssekretär Thomas Gebhart (CDU).* Beide kennen sich ebenfalls aus dem Wahlkreis.

Am 19. Juni des vergangenen Jahres erschien dann Max Müller im Bundeskanzleramt. Müller ist Vorstandsmitglied beim niederländischen Versandkonzern DocMorris und hat exzellente Beziehungen bis in die höchsten Ebenen der Bundespolitik. Worüber er mit dem Kanzleramtschef sprach, ist natürlich nicht öffentlich. Doch das war nicht das einzige Gespräch der EU-Versender mit der Bundesregierung. Am 24. August, also knapp drei Monate vor Spahns Besuch in der ABDA-MV, erschienen „Vertreter der European Association of Mail Service Pharmacies“ (Kurz: EAMSP) im BMG bei Minister Spahn. Seit Dezember 2017 ist Max Müller Chef des EU-Versender-Verbandes. Ob Müller persönlich im BMG erschien und mit Spahn sprach, geht aus den Papieren nicht hervor. Es ist aber nicht auszuschließen, dass Spahn und Müller, die vor einiger Zeit gemeinsam eine PR-Firma betrieben, an diesem Tag über die Apothekenreform sprachen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Anfrage der Linksfraktion: Wer nahm Einfluss auf das Apotheken-Stärkungsgesetz?

Max Müller war bei Helge Braun

Niedersachsens Apotheker zum Spahn-Plan

„Das ist doch eine Lex DocMorris!“

Laumann und Kippels sehen die Apothekenreformpläne von Spahn kritisch

NRW-Unionspolitiker pro Rx-Versandverbot

Rx-Versandverbot im Bundestag

Bühler und Spahn kommen nicht zusammen

Reaktion auf ABDA-Gegenpaket

FDP will freie Fahrt für EU-Versender

8 Kommentare

Eklat erster Güte

von J.M.L. am 18.10.2019 um 10:50 Uhr

Verraten und verkauft - von der eigenen Regierung inkl. Standesführung - ein Eklat allererster Güte, so schmierig und schleimig dass einem übel wird. Das Volk will ein RxVV, siehe die erfolgreichste Online-Petition aller Zeiten!! Der Koalitionsvertrag sieht ein RxVV vor!! Dreiviertel aller EU-Staaten haben zum Schutz Ihrer Bürger ein RxVV!!

HERR SPAHN - MACHEN SIE IHRE ARBEIT IM SINNE DES DEUTSCHEN VOLKES GEMÄSS IHRES AMTSEIDES ODER TRETEN SIE WEGEN BEFANGENHEIT ZURÜCK, ES REICHT !!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wer ist der Souverän

von Thomas Kerlag am 17.10.2019 um 23:18 Uhr

Wenn der Vertreter einer einzigen ausländischen
Firma so nahe Beziehungen zu einer Regierung pflegt, dann muss man sich um die Demokratie keine Sorgen mehr machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wer ist der Souverän

von Thomas Kerlag am 17.10.2019 um 22:57 Uhr

Wenn der Stellvertreter einer einzigen ausländischen Firma so nah an die Regierung kommt, da muss man sich keine Sorgen mehr um die Demokratie machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

1 Wähler

von Reinhard Rokitta am 17.10.2019 um 19:18 Uhr

MM von MaxDorris ist 1 Wähler. Wieviele Wähler die Apothekerschaft mit ihren Mitarbeitern und Familien darstellt und wieviele Wähler täglich in die Apotheke kommen, kann man den Entscheidungsträgern der Politik recht einfach verdeutlichen. Die Freie Apothekerschaft verfügt über genügend Vorlagen zum Aushang in den Apothekenschaufenstern und als Flyer für die Kunden. Öffentlich und umsonst! Besonders auf "umsonst" stehen doch die meisten Kollegen. So kann man öffentlichen Druck ausüben, aber wer machts? Machen macht Arbeit...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Max Müller

von Uwe Hansmann am 17.10.2019 um 18:14 Uhr

. . . hat seinen Job gemacht - und wohl nicht zu schlecht. Das diese Tatsache jetzt schon Titelzeilen schmückt . . .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Apothekenreform

von Apotheker63 am 17.10.2019 um 15:33 Uhr

Leider ist Bundestagswahl vorbei und wir wurden belogen und getäuscht. Es kam eben anders als Herr Grohe und die CDU uns versprochen hatten. Hätte die CDU damals uns die Wahrheit gesagt, wie ihre Position gegenüber Apotheken sein wird, hätten viele von uns eine andere Partei gewählt. So kann man auch Wahlen gewinnen. Weiter so.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Wählerverhalten

von Kassensklave am 17.10.2019 um 18:21 Uhr

... es ist zwar kaum noch zu erklären, aber leider haben Sie Recht:
Wie Umfragen unter Kollegen immer wieder gezeigt haben , wählen Viele immer noch die etablierten Parteien, voran CDU und FDP. Es ist vermutlich der Glaube, mit anderen Parteien wäre man noch schlechter dran. Die Kollegen übersehen wohl dabei, dass es kaum hätte schlimmer kommen können.... und der Rest der Horrorszenarien kommt auch noch.
Schon seit die CDU uns an Ulla Schmid verraten und verkauft hat, wähle ich keine CDU mehr.... und mittlerweile gibt es sogar EU-kritische Alternativen, die doch tatsächlich meinen, man solle sich von der EU nicht alles gefallen lassen.

Liebe CDU-Wähler unter den Kollegen:
"Nur die allerdümmsten Kälber
wählen ihre Metzger selber"
FJ Strauß

AW: Ross und Reiter nennen

von Stefan Haydn am 18.10.2019 um 19:40 Uhr

Lieber Kassensklave,

sind so doch bitte so ehrlich und nennen sie offen den Namen der neuen NPD-Nachfolgerin mit blauer Farbe, am besten noch ohne Nutzung eines Pseudonyms.
Ich möchte gerne wissen wen ich als Demokratiefeind und Antisemitismus-Dulder bekämpfen darf.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.