Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

17.11.2019, 08:00 Uhr

Der Botendienst – des einen Freud, des andern Leid... (Foto: Andi Dalferth)

Der Botendienst – des einen Freud, des andern Leid... (Foto: Andi Dalferth)


Endlich mehr Freiheit beim Botendienst – und schon sieht darin so mancher Standespolitiker und Pharmazierat den Untergang der Pharmazie und die Präsenz-Apotheken in den Grundfesten erschüttert. Hauptsache wir haben kalibrierte webbasierte Datenlogger im Kühlschrank. Freuen wir uns auf modern ausgebildete PTAs, der PTA-Reform sei Dank – nach 2023. Und auf patientorientiert ausgebildete Pharmazeuten, einer novellierten Approbationsordnung sei Dank – wann sie kommt, steht noch in den Sternen, aber der erste Schritt ist gemacht. Und zum E-Rezept: Die Modellprojekte laufen, der Apothekerverband macht sein Ding – und was ist mit dem Makelverbot? Welches Makelverbot? 

11. November 2019

Das E-Rezept und die offene Frage: Wie geht es mit dem Makelverbot weiter? Die Politik sieht ein Makelverbot zwar vor, das im Rahmen des Apotheken-Stärkungsgesetzes geregelt werden soll – aber das steckt zurzeit fest, weil die EU-Kommission noch prüfen muss, ob es EU-konform ist: Darf das Boni-Verbot über unser bundesdeutsches Sozialgesetzbuch geregelt werden? Dumm gelaufen, mein liebes Tagebuch, insgeheim hatten wir noch die Hoffnung, dass der Passus mit dem Makelverbot und ebenso unsere Honorierung des E-Medikationsplans ins Digitale Versorgung Gesetz übernommen wird, aber daraus wurde nichts. Und jetzt wird schon spekuliert, ob die Politik überhaupt zum Makelverbot steht, denn ganz so eindeutig äußert sie sich nicht dazu. Und wie sieht’s eigentlich mit dem Honorar für den E-Medikationsplan aus? Um dieses Thema ist es gar sehr, sehr ruhig geworden. Der Landespolitiker Sebastian Ehlers, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, sieht da „einigen Dissens“ zwischen der CDU und den Apothekern, wie er auf dem Apothekertag in seinem Bundesland durchblicken ließ. Auf diesem Apothekertag war auch das E-Rezept ein beherrschendes Thema. Interessante Aussage von Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und Digitalexperte in der ABDA: Alle zurzeit laufenden Modellprojekte zum E-Rezept sind Theorie, weil, ja weil die Gematik erst im Frühjahr die Details für das E-Rezept spezifizieren werde. Mein liebes Tagebuch, stimmt, aber sind dann alle derzeit laufenden Modellprojekte (es sind ingesamt über 50!) zum E-Rezept für die Katz? Na ja, so kann man’s sicher nicht sagen – man sammelt Erfahrung mit dem Procedere, mit der Technik, aber ob das alles mit der Bibel der Gematik konform ist, wird man sehen. Wird spannend, vor allem auch die Frage, ob es wirklich auf die „One-and-only-Plattform“ des Deutschen Apothekerverbands hinauslaufen wird oder auf eine Vielfalt von Apps.

 

Der Botendienst, der Botendienst, mein liebes Tagebuch, des einen Leid, des andern Freud. Es gibt ja Apothekers, die sehen im Botendienst nur Kosten. Und andere setzen den Botendienst als tollen Kundenservice ein, mit dem sie bei ihren Kunden punkten können. Der neuen Verordnung sei Dank: Der Botendienst ist nun ganz offiziell endlich nicht mehr nur auf den ominösen Einzelfall beschränkt (was, seien wir ehrlich, schon von vielen Apotheken zuvor nicht mehr wirklich so gehandhabt wurde), nein, man darf dem Kunden aktiv anbieten, seine z. B. telefonisch bestellten Arzneimittel per Boten nach Hause zu bringen. Am gleichen Tag. Und damit ist man besser als jeder Versender. In Zeiten, in denen uns der Versandhandel auf den Fersen ist und auf Rx-Kundenfang geht, hat man nun endlich ein Instrument, um den Versender Paroli bieten zu können. Mein liebes Tagebuch, das hat doch was! Hat es nicht, warnt Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke. Für sie „kann der Botendienst immer nur zweite Wahl sein, First Class ist der direkte Kontakt Patient-Apotheker“. Mein liebes Tagebuch, klar, man kann auch im Botendienst den Untergang der Pharmazie sehen. Aber seien wir doch mal ehrlich, die Zeiten ändern sich, die Kunden haben in Zeiten des Online-Handels andere Erwartungen. O.k., ein direkter Kontakt von Patient/Kunde und Apotheker in der Offizin, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist das Höchste, das Schönste, das Beste. Aber es gibt heute eben auch Situationen und Umstände, in denen eine – im Übrigen äußerst diskrete! – Beratung per Telefon, eine Beratung durch die PTA bei der Zustellung an der Haustür auch große Pharmazie ist. Ehrlich gesagt, ich habe da keine Sorge, dass bei den allermeisten Apotheken der Botendienst zum Normalfall wird – schon aus Kostengründen nicht. Und liegt es nicht an uns selbst, dass wir den Besuch bei uns in der Apotheke so attraktiv machen, dass der Kunde immer wieder gerne unsere Offizin besucht? Na also, wer hat da noch Angst vor Botendienst?



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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15 Kommentare

Die „ausgefallene und mundtote Apothekergeneration“ ...

von Christian Timme am 17.11.2019 um 12:30 Uhr

... und die sich daraus ergebenden Konsequenzen kann man schon in Dekaden „messen“. Ist diesem Berufsstand die „innere Uhr“ abhanden gekommen oder ist die „Klagemauer“ nur ein Vorwand um auch weiterhin der von der Politik betriebenen „Gesundheitspolitik“ wortlos zu folgen und damit für immer zu verschwinden?. Ein J. Graue reicht nicht ... die „restlichen 100.XXX“ ... schon ...

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Jörn Graue

von Wolfgang Müller am 17.11.2019 um 11:25 Uhr

Auch Jörn Graue beweist, dass wir keinen Mangel an älteren weisen Kolleg/innen haben. Ein entsprechendes Volk ist ebenfalls da - wenn auch noch etwas eingeschüchtert -, das hat der DAT bewiesen.

Nur an wachen Jüngeren (sagen wir, unter 60) in Führungs- und Lehr-Verantwortung mangelt es noch, die in ausreichender Zahl ebenfalls zu relevanten Erkenntnissen kommen. Und dann mit einer neuen Haltung und neuen Schwerpunkten die recht einfachen Konsequenzen ziehen könnten, um eine berufliche Zukunft auch für eine weiter große Anzahl an Vor-Ort-Offizin-Apothekern realistisch zu gestalten. Vor Allem auch für einen motivierten Nachwuchs.

Statt sich einfach nur selber mit ihren überkomplexen, immer offensichtlicher Praxis-feindlichen Ämter- und Interessen-Verflechtungen persönlich über die Runden zu retten. Mit irgend einer vom Ergebnis für uns an der Front her wohl ziemlich unabhängigen Form von rein fachidiotisch elitärem Spaß und Nutzen.

Zu unserem berufspolitischen Elend fällt mir immer wieder schmerzhaft die Äußerung von Günter Gaus ein. Zu seinem Fernseh-Interview mit dem auch meiner Meinung nach unsäglich substanzlosen, dafür um so wichtigtuerischen Joschka Fischer sagte Gaus 2004 in der Zeit:

"Den frage ich nie wieder, ganz abgesehen davon, dass er nie wieder käme. Das war entsetzlich. Aber Fischer hat mich richtig hereingelegt. Er hat mit großer Geste geredet – ohne jeden Inhalt. Dem war ich nicht gewachsen. Er hält sich für einen Pragmatiker. Ich halte ihn für den größten Opportunisten, den ich kenne."

Das gilt vor Allem für die nicht mehr zu glaubende Arbeit und (Geheim-) Haltung der ABDA zu "Neuen Dienstleistungen", die ja die "Perspektive für die Öffentliche Apotheke" sein sollen. Da ist absolut Nichts, aber auch gar nichts Konkretes, Substantielles, geschweige denn etwas, womit finanziell das Überleben zu sichern wäre.

Eigentlich ein Thema für wöchentliche Montags-Demonstrationen vor dem Geister-Gebäude in der Heidestraße.

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AW: Aw.: Jörn Graue

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:03 Uhr

Sie haben es genau auf den Punkt gebracht Herr Müller:

"Das gilt vor Allem für die nicht mehr zu glaubende Arbeit
.....….............. nichts Konkretes, Substantielles, geschweige denn etwas, womit finanziell das Überleben zu sichern wäre."

Im Gegenteil. Auch hier gilt das Bild vom Hauch des leeren Raumes.

Nicht mal mehr Blasen mit bunt schillernden Hüllen erscheinen.

24 Stunden

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 11:15 Uhr

Die Äußerungen dazu sind in mehrerer Hinsicht blamabel.
- wir dürfen, nicht erst nach 24 Stunden, sondern gleich Höherpreisiges abgeben.
- wer öffentlich dazu Stellung nimmt, sollte den Rahmenvertrag kennen. Auch wenn er Gesundheitsminister ist, vor allem dann.
Ich frage mich schon, wie Meinungen entstehen bei Politikern, die dann auch noch vehement vertreten werden, obwohl sie falsch sind. Eine Nachfrage in einer Apotheke oder bei den Taxationsabteilungen der LAVen wäre hilfreich.
- die AM, um die es geht, sind Wochen und Monate nicht zu bekommen, immer nur ein paar Packungen von verschiedene. Firmen. Da ist der Hinweis auf 24 Stunden fern von jeder Realität.
- wie lange soll man Patienten warten lassen, besonders bei AM wie Venlafaxin? Absetzen ist ganz problematisch. Da zeigt sich, dass das Problem überhaupt nicht erkannt und erfasst wird. Es herrscht die Denke, dass es sich um Bagatellen handelt. Realitätsferne, wo man hinsieht. Ein Desaster sind unsere Politiker, wenn sie besonders nur „das Eine“ im Kopf haben: Digitalisierung und ausländische Konzerne unterstützen.

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Makelverbot, Lieferengpässe

von Uwe Hüsgen am 17.11.2019 um 10:55 Uhr

Nun will die Politik das Problem der Lieferengpässe (das Wort "Versorgungsengpässe" scheut die Politik wie der Teufel das Weihwasser) über das Faire Kassenwahlgesetz (GKV-FKG) kurzfristig - per Omnibus - lösen.
Hier ist m.E. die Berufsvertretung gefordert, der Politik zu verdeutlichen, dass auch das Makelverbot mit E-Rezepten im GKV-FKG untergebracht werden muss.
Man darf gespannt sein.

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AW: Aw.: Makelverbot, Lieferengpässe,

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 16:57 Uhr

Entschuldigung, bei allem Respekt Herr Hüsgen,
aber hier drängt sich mir die Gretchenfrage auf.

Bei Forderungen an die Politik eine Hoffnung auf die Berufsvertretung zu setzen, grenzt für mich mittlerweile an Sektentum, was selbst mit Glauben schon nichts mehr zu tun hat.

Glaube und Hoffnung!? Die Hoffnung starb zuletzt.
Und doch hatte Nietzsche recht, denn wer hier auf eine Antwort hofft, dem drängt sich auch die Frage auf:
"Haucht uns nicht der leere Raum an?"

AW: Makelverbot, Lieferengpässe

von Christian Giese am 17.11.2019 um 19:15 Uhr

Hauch des leeren Raumes?

Nix Stehaufmännchen, Herr Jas?
Eine unbewegte Glocke tönt niemals. China

Es ist schon erstaunlich…

von Gunnar Müller, Detmold am 17.11.2019 um 10:11 Uhr

Wie aus einer Nettigkeit von Apotheken wie der eines Bringedienstes offenbar über Nacht und wie selbstverständlich eine UNENTGELTLICHE (!!) Regel-Dienstleistung gemacht wird!
Und keine ABDA, kein DAV und kein Michels und Co. und auch keine APD macht DAGEGEN den Mund auf...
Ich habe all dieses organisierte Maulheldentum so satt…

Machen wir uns nichts vor:
Wenn DAS mit der unentgeltlichen Regel-Dienstleistung so ist, dann sind wir kleinen und mittleren Apotheken den Versendern mit ihren billigen Kostenstrukturen und vielen straßenverstopfenden Päckchen bei wenig bis kaum Beratung endgültig schutzlos ausgeliefert!

Dass einige Kolleginnen und Kollegen, die solche Bringedienste bereits seit längerem aktiv dafür einsetzen, um auch Rezepte u. a. für Patienten ambulanter Pflegedienste von Arztpraxen abzuholen, dass diese Kolleginnen und Kollegen dabei mehr oder minder still applaudieren, erstaunt insofern nicht.

„Survival of the fittest“ - am besten noch kollegial getarnt ....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Es ist schon erstaunlich

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 10:21 Uhr

Da geb ich Ihnen in allen Punkten recht. So ist es auch mit anderen Dienstleistungen. Aus einer Nettigkeit wird selbstverständlich kostenloser Zwang.
Von der Problematik um die Pflegedienste gar nicht zu reden. Diese „Nettigkeit“ kostet mich regelmäßig Kunden.

Lutz Tisch und Co

von Conny am 17.11.2019 um 9:07 Uhr

Wenn ich immer auf diese Versager gehört hätte, stände ich jetzt nicht so überragend da. Botendienst gabs schon immer von allen Apotheken in unserem Ort.Und die Wichtigtuer von Pharmazieräten sind halt Plagegeister die man einmal in zwei Jahren Honig ums Maul schmieren muss.

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Botendienst

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 8:54 Uhr

Geht mir extrem auf den Wecker. Da wird so getan, als sei das Rad neu erfunden, dabei machen wir Apotheken das schon immer. Ich bin 40 Jahre dabei!
Nur ein paar Umdeutungen. Gehabt immer anders.
Und ein paar Vorvorvorgestrige drehen hohl.
Deswegen geht bei uns nix vorwärts

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

Der echte Norden und seine Sprache !

von Ulrich Ströh am 17.11.2019 um 8:29 Uhr

Das Bste des Tagebuchs kam zum Schluss:

Es gibt noch Verbandspräsidenten, die zur apothekerlichen Kompromissbereitschaft und zu künftigen apothekerlichen Dienstleistungen unverschwurbelte Worte öffentlich finden.

Vorbildlich für andere !

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