Drohung mit Versorgungskrise

Ärzte kämpfen um Hausapotheken

Remagen - 27.11.2019, 16:30 Uhr

In Österreich dürfen Ärzte im Rahmen ihrer Hausapotheken unter bestimmten Bedingungen Arzneimittel abgeben.(s / Foto: kittyfly/stock.adobe.com)

In Österreich dürfen Ärzte im Rahmen ihrer Hausapotheken unter bestimmten Bedingungen Arzneimittel abgeben.(s / Foto: kittyfly/stock.adobe.com)


In Österreich geht das Gezänk zwischen der Ärzte-und der Apothekerschaft um die ärztlichen Hausapotheken unvermindert weiter. Während den Ärzten eine Gleichstellung mit den Apotheken vorschwebt, titulieren die Apotheker die Hauspapotheken als „Notabgabestellen“.

Bei einer medienwirksamen Pressekonferenz in Wien hat die österreichische Ärzteschaft vor kurzem den seit langem schwelenden Streit mit der Apothekerschaft um die Hausapotheken weiter befeuert. „Die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen gerät immer mehr unter Druck“, mahnte Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Wenn hier nichts Wirksames passiert, steuern wir geradewegs auf eine Versorgungskrise zu.“

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Gefährliche Abwärtsspirale befürchtet

Diese Befürchtung versuchen die Ärzte mit Zahlen der Bundeswettbewerbsbehörde zu untermauern. Hiernach gebe es derzeit in Österreich 1.438 von Apothekern geführte Apotheken und 794 ärztliche Hausapotheken. In Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern werde die ärztliche und pharmazeutische Versorgung überwiegend durch dispensierende Hausärzte wahrgenommen. In Gemeinden mit bis zu 1.000 Einwohnern betrieben fast drei Viertel der Allgemeinmediziner eine Hausapotheke und in Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern fast die Hälfte. Gerade in diesem Segment sei es in den letzten zehn Jahren durch Apotheken-Neueröffnungen zu einer Verdrängung bestehender ärztlicher Hausapotheken gekommen. Nach der geltenden Rechtslage müssen diese geschlossen werden, wenn ihr Abstand zur neu gegründeten öffentlichen Apotheke weniger als vier Kilometer beträgt. Steinhart und der Leiter des Referates für Landmedizin und Hausapotheken der ÖÄK Silvester Hutgrabner warnen vor einer gefährlichen Negativspirale. Schlimmstenfalls gäbe es schlussendlich in so einer Gemeinde weder eine ärztliche Hausapotheke noch einen Arzt noch eine öffentliche Apotheke. Das Nachsehen hätten die Bewohner, und ganz besonders kranke, immobile und alte Menschen.

ÖÄK-Vizepräsident Steinhart empfiehlt er ein duales System, das heißt ein „kundenfreundliches Neben- und Miteinander“ von öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken. Konkret fordern die Ärzte eine Modernisierung des Apothekengesetzes, die Aufhebung des strengen Gebietsschutz für öffentliche Apotheken, für sie ein „Anachronismus“, sowie die Abschaffung der Mindestentfernungen zwischen ärztlichen Hausapotheken und öffentlichen Apotheken. „Maßstab für allfällige Regelungen muss der reale Bedarf der Bevölkerung sein, und nicht das wirtschaftliche Interesse der Apothekenbranche“, reklamiert Steinhart.

Nicht mehr als „Notabgabestellen“

Die Österreichische Apothekerkammer kontert in einer Pressemitteilung und pocht auf die vollwertige Arzneimittelversorgung, die es nur in der Apotheke gebe. Die sogenannten Hausapotheken seien nichts anderes „als Notabgabestellen für Arzneimittel“, heißt es darin. Dem von der Ärztekammer propagierten dualen System wird eine klare Absage erteilt. Die Apothekerkammer plädiert ihrerseits für ein Ausweitung und Liberalisierung ihrer Öffnungszeiten der Apotheken, die Möglichkeit der Zustellung von Arzneimitteln über „mobile Apotheken“ sowie Erleichterungen bei der Errichtung von Filialapotheken.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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