Pfleger als Apotheker im PR-Video

Bundesregierung: „Die mitzudenkenden Anführungszeichen sind evident“

Berlin - 08.01.2020, 07:00 Uhr

In einem PR-Video der Bundesregierung spielt ein als Pfleger dargestellter junger Mann Apotheker. Das Bundespresseamt meint: Alles halb so wild. (b/Foto/Screenshot: DAZ.online/BPA)

In einem PR-Video der Bundesregierung spielt ein als Pfleger dargestellter junger Mann Apotheker. Das Bundespresseamt meint: Alles halb so wild. (b/Foto/Screenshot: DAZ.online/BPA)


Die Bundesregierung wirbt auf ihrer Internetseite und in Kinospots seit 2018 für die erneuerte Pflegeausbildung. In einem PR-Video dazu ist ein fragwürdiger Vergleich mit dem Apothekerberuf enthalten. „Mal bin ich Fitnesstrainer, (…) manchmal bin ich Apotheker“, sagt dort ein als Pfleger dargestellter Mann. Ein Apotheker meldete das Video. Das Bundespresseamt sieht keinen Änderungsbedarf, schließlich seien die „mitzudenkenden Anführungszeichen evident“. Kein Wunder – schließlich hat die Bundesregierung insgesamt 210.000 Euro für das PR-Video ausgegeben. Immerhin: Von der Homepage der Regierung ist das Video inzwischen verschwunden.

Seit Jahresbeginn wird die neue Pflegeausbildung umgesetzt, die der Bundestag schon 2017 beschlossen hatte. Die bisherigen Ausbildungen im Pflegebereich (u. a. Kranken- und Altenpflege) wurden zu einer neuen generalistischen Ausbildung zusammengefasst. Alle Auszubildenden erhalten zunächst zwei Jahre lang eine gemeinsame Ausbildung. Im dritten Jahr können die Auszubildenden diese generalistische Ausbildung fortsetzen und erwerben dann den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Möglich ist im dritten Jahr aber auch eine Spezialisierung, beispielsweise auf die Kinder- oder Krankenpflege.

Auf ihrer Internetseite hat die Bundesregierung dazu schon vor einiger Zeit ein PR-Video veröffentlicht, das auch im Kino als Werbespot gezeigt wird. Das Video verärgert derzeit viele Apotheker. Denn: In dem etwa 30-sekündigen Spot ist ein Mann zu sehen, der sagt: „Mal bin ich Fitnesstrainer. Mal bin ich Manager. Manchmal bin ich Apotheker. Und manchmal höre ich einfach nur zu. Aber vor allem bin ich eines: Pfleger!“ Ein Apotheker aus Hessen beschwerte sich über diese Aussagen. Er wies darauf hin, dass dem Apothekerberuf eine sehr komplexe akademische Ausbildung vorausgeht und das Führen der Berufsbezeichnung ohne Approbation nicht legal ist. (Hier können Sie das Video nochmals sehen)

Bundesregierung gibt insgesamt 210.000 Euro aus

DAZ.online hat das Bundespresseamt (BPA), das innerhalb der Bundesregierung für das Video verantwortlich ist, mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Zunächst zu den Rahmenbedingungen: Laut BPA wurde der Spot schon 2018 in Auftrag gegeben, und zwar bei der renommierten PR-Agentur „Zum goldenen Hirschen“. Die Kosten sind beträchtlich. Für die Konzeption, Produktion sowie für den Rechteerwerb für drei Jahre hat die Bundesregierung rund 210.000 Euro (brutto) ausgegeben. Das grundsätzliche inhaltliche Ziel des Videos sei, vor allem jungen Menschen zu zeigen, „wie vielfältig und verantwortungsvoll der Pflegeberuf“ sei. Und weiter: „Um dies zu verdeutlichen, wurden unterschiedliche Tätigkeiten aus dem Pflegealltag ausgewählt und überzeichnet, indem sie als eigene Berufsbilder benannt werden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


6 Kommentare

Kirche im Dorf lassen

von Roland Mückschel am 08.01.2020 um 14:12 Uhr

Sollten wir.
Ich sage meinen Kunden auch immer dass
wir 80 Millionen Ärzte und Apotheker in Deutschland
haben...
Die wissen es schon wie es gemeint ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Mal bin ich...

von Jan Kusterer am 08.01.2020 um 9:36 Uhr

unbezahlter Logistiker in einer nicht verschuldeten Medikamentenknappheit, Krankenkassenerfüllungsgehilfe, ITler wider Willen, Hamsterkäufer beim Großhandel, Sysiphos im Standes- und Staatesvorschriftendschungel und manchmal.....manchmal bin ich auch Apotheker.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wie gut, dass wir sonst keine Probleme haben!

von Michael Mischer am 08.01.2020 um 8:11 Uhr

Andererseits: Ein Berufsstand, dem ein solches Video Sorgen bereitet, bereitet mir Sorgen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Wie gut, dass wir sonst keine Probleme

von Dirk Krüger am 08.01.2020 um 12:45 Uhr

Wahrlich, ja. Da macht sich der Beschwerde führende Kollege ein Stück weit lächerlich.

AW: Wie gut, dass wir sonst keine Probleme

von Almut Hammer am 08.01.2020 um 14:33 Uhr

Nein, der Kollege macht sich nicht lächerlich.
Und Ja, wir haben eine Menge Probleme.
So ein schlecht recherchiertes Video ist nun ein Teil davon.
Ein weiterer Baustein in der Demontage des Apothekerberufs.
Da wird ein Bild implementiert was völlig an (übrigens) beiden Berufsrealitäten vorbeigeht.
Gedachte „Gänsefüßchen“ hin oder her.
Ein Pfleger darf nicht selbstständig Medikamente auswählen. Das muss der Arzt vorher anordnen. Wer schon mal im Krankenhaus oder in einer Rehaklinik war, weiß, wie hahnebüchend da manchmal die Einnahmevorschriften gehandhabt werden. Und genau so ein laxes Bild wird da gezeichnet. Wozu braucht es dann noch Apotheker auf Station z.B.??
„Manager“ und „Fitnesstrainer“ sind meines Wissens keine geschützten Berufsbezeichnungen, „Apotheker“ schon.
Und wie oft bin ich in meinem Apothekerinnenleben schon als „die (immerhin) nette Apthekenverkäuferin“ beschrieben worden.
„Ach, Sie haben studiert?“ Dieses falsche Bild wird durch so etwas nicht besser. Der nette Pfleger kann das ja, wie die „nette Apothekenverkäuferin“.
Und zur selben Zeit läßt das BGM schon mal den kompletten Wegfall der Preisbindung ausloten.....ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Unser Standing wird immer schlechter.
Auch ein solches Video tut seinen Teil dazu.
Das ist alles andere als lächerlich!

AW: lächerlich ...

von Ralf Schabik am 08.01.2020 um 23:12 Uhr

... macht sich nicht der Kollege, sondern ist der zitierte Ausspruch. Und zwar lächerlich, was die Agentur hier für abartig viel Geld fabriziert und der Auftraggeber abgenickt hat.
Ich habe höchste Wertschätzung für Mitmenschen, die in der Pflege arbeiten. Unterrichte seit Jahren Arzneimittellehre an entsprechenden Schulen und kenne die Sorgen und Nöte der Pflegenden recht gut. Die kämen von sich aus gar nicht auf die Idee, sich als Apotheker zu bezeichnen. Was soll denn der Spot eigentlich aussagen ?
Und so einen Blödsinn mal zu melden, ist letztlich endlich die Konsequenz aus jahrelanger Schweigsamkeit des Berufs"standes" in jeglicher Hinsicht.
Ich persönlich hätte mir NICHT die Zeit genommen, mich zu kümmern. Aber DANKE an den Kollegen und DANKE an die ABDA. Endlich mal nicht einfach schlucken, wie schon wieder Demontage (Zitat Almut Hammer) betrieben wird. Wir müssen uns auch bei vermeintlichen "Kleinigkeiten" melden. Nicht streiten wegen sowas - aber Unmut äußern !

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.