Sichtung der Datenlage

Verursachen Solarien Krebs?

05.02.2020, 09:00 Uhr

Die Deutsche Krebshilfe möchte Solarien am liebsten verbieten lassen. (Foto: Piotr Mitelski/stock.adobe.com)

Die Deutsche Krebshilfe möchte Solarien am liebsten verbieten lassen. (Foto: Piotr Mitelski/stock.adobe.com)


Zwischen Sonnenstudio-Betreibern und der Deutschen Krebshilfe bahnt sich ein juristischer Streit an. Hintergrund ist die Forderung der Deutschen Krebshilfe, Solarien bundesweit zu verbieten. Der Bundesfachverband Besonnung kritisiert die Krebshilfe für ihre Aussagen zur Solariennutzung und droht mit rechtlichen Schritten. Die Kollegen von den medizinisch-pharmazeutischen Zeitschriftentiteln haben sich die Datenlage dazu angeschaut.

Die Deutsche Krebshilfe hatte in einer Pressemeldung ein generelles Solarienverbot in Deutschland gefordert. Diese Forderung wird in einer Pressemeldung mit Zitaten zur Gefährlichkeit von UV-Strahlung und Solariennutzung untermauert. Der Bundesfachverband Besonnung, der nach eigenen Angaben rund 1200 große Sonnenstudios vertritt, will die Deutsche Krebshilfe nun zu einer Unterlassungserklärung auffordern: Es gäbe keine wissenschaftliche Grundlage für die Behauptungen der Deutschen Krebshilfe. Eine moderate Solariennutzung (< 50 Besuche/Jahr) steigere nicht das Hautkrebsrisiko, heißt es in der Berliner Morgenpost.

Metaanalyse belegt Risikoerhöhung

In einer Metaanalyse im The British Medical Journal von 2012 werteten die Autoren 27 Beobachtungsstudien aus, in denen der Zusammenhang von Hautkrebs und der Nutzung von Sonnenbänken untersucht wurde.Die Autoren berechneten ein relatives Hautkrebs-Risiko von 1,20 (95%-Konfidenzintervall 1,08-1,34). Das Risiko eines Melanoms steigt um 1,8 Prozent für jeden zusätzlichen jährlichen Besuch im Solarium. Eine Nutzung in einem Alter von unter 35 Jahren erhöht das Hautkrebsrisiko weiter.

Es gab kein offensichtliches Verzerrungsrisiko (bias) der Studien.

Was bedeuten die Zahlen für Deutschland?

Eine Studie im Deutschen Ärzteblatt überträgt diese Ergebnisse und schätzt die Zahl der Krebsfälle für 2018 in Deutschland durch Solariennutzung auf 892. Das sind deutlich mehr als durch das Passivrauchen (n = 309). Die Zahl liegt in einer ähnlichen Größenordnung wie beim Feinstaub (n = 1049).  Deutlich mehr Krebserkrankungen werden aber durch Radon in Innenräumen (n = 3185) oder zum Beispiel eine Helicobacter-polyri-Infektion ausgelöst (n= 8764).

Kommentar

Die Gefährlichkeit von Solarien ist wissenschaftlich tatsächlich schwer zu beziffern. Eine prospektive Studie mit ausgeglichenen Studienarmen oder gar eine Verblindung ist kaum denkbar. Außerdem reicht es nicht, die Gefahren durch UV-Strahlung darzulegen. Würde ein Verbot von Solarien tatsächlich zum Rückgang von Hautkrebs führen? Schließlich können die Betroffenen – zumindest in den Sommermonaten – auch auf die natürliche Sonne zurückgreifen. Diese ist nicht unbedingt ungefährlicher. Außerdem gibt es sicher Unterschiede bei den verschiedenen Sonnenbänken.

Auf der anderen Seite, muss man sich überlegen, ob Einrichtungen wie Solarien, die das Krebsrisiko erhöhen können, heute noch zeitgemäß sind. Wir investieren großen Aufwand, um selbst ein geringes Krebsrisiko wirksamer Therapien auszuschließen (Hydrochlorothiazid, Valsartan).

Wozu soll das gut sein, wenn sich der Patient dann freiwillig auf die Sonnenbank legt?

Dr. Stefan Fischer, Apotheker und Diplom-Pharmazeut, Redakteur der medizinisch-pharmazeutischen Zeitschriftentitel


Dr. Stefan Fischer, Apotheker, Redakteur der medizinisch-pharmazeutischen Zeitschriftentitel
redaktion@daz.online


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