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Kommentar
Der Segen der freien Marktwirtschaft?
Freie Preise sorgen für mehr Wettbewerb und sind somit besser für die Verbraucher. So wiederholen es die Verfechter des uneingeschränkten Marktliberalismus und begründen damit auch, warum eine Freigabe der Rx-Preise angeblich eine gute Lösung sein soll. Wie eine freie Preisbildung allerdings auch negativ ausschlagen kann, zeigen uns die aktuelle Coronapanik und ihre Auswirkungen auf die Preise für Desinfektionsmittel und Masken. Ein Kommentar von DAZ.online-Chefredakteurin Julia Borsch.
Die Festpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nicht erst seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung unter Beschuss. Doch die Tatsache, dass der EuGH diese für EU-Versender für nichtig erklärte, hat die Debatte natürlich wieder befeuert. Gebetsmühlenartig wiederholen die Befürworter den angeblichen Vorteil einer freien Preisbildung für die Patienten: Es wird billiger. Und das kommt nicht nur von den bekannten Jüngern des Wirtschaftsliberalismus, sondern erstaunlicherweise zum Teil auch von Verbraucherschützern.
Dass das Ganze auch in die andere Richtung umschlagen kann, wird dabei allerdings selten thematisiert. Wer das für eine rein theoretische Überlegung und Panikmache hält, der sollte dieser Tage mal einen Blick auf Amazon werfen und beispielsweise nach Sterillium oder FFP2-Masken suchen. Preise von 30 Euro und mehr für den halben Liter Sterillium findet man dort, der Apotheken-VK in der Taxe liegt bei 11,95 Euro. FFP2-Schutzmasken bekommt man eigentlich für wenige Euro, dank der Preisfreiheit werden aber derzeit zum Teil Preise von 30 Euro und darüber auf dem Markt aufgerufen.
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Warum verlangen die Anbieter diese Preise? Weil sie es angesichts der grassierenden Coronapanik und der daraus resultierenden erhöhten Nachfrage können. Für den gesunden, nicht immungeschwächten Verbraucher ist das in diesem Fall nicht so schlimm, weil diese Schutzmaßnahmen im privaten Bereich nach einhelliger Meinung nicht notwendig sind. Für Kliniken und Praxen hingegen, die bei der Versorgung erkrankter Patienten auf Schutzkleidung und Desinfektionsmittel angewiesen sind, könnten die horrenden Preissteigerungen zum Problem werden. (Mal ganz abgesehen davon, dass aufgrund der privaten Hamsterkäufe vielleicht gar nichts mehr zu bekommen ist.)
Man braucht nicht besonders viel Fantasie, um das Preisszenario auf knappe verschreibungspflichtige Arzneimittel zu übertragen. Zumal ja derzeit auch schon ganz ohne Coronavirus zahlreiche Arzneimittel knapp sind. Dank der Festpreise ist es aber nicht möglich, die Notlage einzelner Patienten auszunutzen. Jeder zahlt zu jeder Zeit den gleichen Preis, egal, wie knapp das Mittel ist oder wie dringend er es braucht. Und das ist auch gut so. Denn im Gegensatz zu „normalen“ Waren hat man bei Arzneimitteln oft nicht die Option zu verzichten, nur weil es einem zu teuer ist. Allerdings könnte man schnell in die Situation kommen, dass man sich bestimmte, möglicherweise lebenswichtige, Mittel nicht mehr leisten kann, so wie man es bislang vor allen aus den USA hört.
Vielleicht führt die aktuelle Panikmache um das Coronavirus ja dazu, dass zumindest der eine oder andere doch erkennt, dass in manchen Bereichen Preisbildung nach den Gesetzen des freien Marktes keine gute Idee ist, weil am Ende nur die Anbieter gewinnen und die Verbraucher bzw. die Patienten die großen Verlierer sind. Und zu diesen Bereichen gehört, neben einigen anderen, definitiv auch die Gesundheitsversorgung.
3 Kommentare
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von Schmidt-Lechner am 20.03.2020 um 20:34 Uhr
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Freie Preisbildung Gesetzlich verbieten.....
von Uwe Leja am 15.03.2020 um 23:40 Uhr
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