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Es war eine Corona-Woche! Die Epidemie ist da. Jetzt bloß nicht panisch werden! Man kann sich vor einer Infektion schützen. Es gibt gute Infos im Netz. Wir Apothekers sind gefordert, aufzuklären, z. B. in richtiger Händedesinfektion. Ist auch eine gute Vorübung – wenn wir bald gegen Grippe impfen können. Und dann gibt’s in dieser Woche noch zwei Märchen, eins zur Bonpflicht und eins, das zeigt, wie ein grün-weißer Arzneiversender die braven Vor-Ort-Apothekers an der Nase herumführen will.
24. Februar 2020
Nein, mein liebes Tagebuch, dieses Thema ist noch nicht vom Tisch: die Bonpflicht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) macht einen neuen Vorstoß, dieses Bürokratiemonster ein wenig zu zähmen. „Sämtliche Geschäfte des täglichen Lebens, die einen Wert von zehn Euro nicht übersteigen“, sollten von der Bonpflicht ausgenommen werden. Das schlägt der Bundeswirtschaftsminister in einem Brief an die Finanzminister der Länder vor. Altmaier hofft, dass die Landesfinanzministerkonferenz Ende Februar eine gemeinsame Lösung auf den Weg bringen könnte. Mein liebes Tagebuch, es wäre ein erster Ansatz, andererseits: Warum nur bis zehn Euro, warum nicht bis 20 oder 30 Euro? Warum diese Bonpflicht nicht ganz abschaffen? Wäre zu schön, ein Märchen! Apropos Märchen, ich finde, mein liebes Tagebuch, die Bonpflicht müsste es nur für ganz große Geschäfte geben, dort, wo richtig Steuern hinterzogen werden können, zum Beispiel für Cum-Ex-Geschäfte. Wir erinnern uns: Recherchen von „Panorama“ und "Die Zeit“ machten vor Kurzem öffentlich, dass die Hamburger Finanzbehörde bereits 2016 auf die Rückforderung von 47 Millionen Euro verzichtete, die sich die Warburg Bank durch Cum-Ex-Geschäfte verschafft hatte.
Es war einmal ein grün-weißes Arzneiversandhaus in den Niederlanden an der Grenze zu Deutschland, das die deutschen Patienten und Kunden mit Boni und Preisvorteilen lockte. Die deutschen Apothekerleins mochten diesen Päckchenschicker so gar nicht, denn sie durften und konnten diesen Preiswettbewerb nicht mitmachen. Aber sie wussten, in zwei entscheidenden Punkten sind sie, die Vor-Ort-Apothekers, besser: Sie konnten ihre Patienten ganz persönlich beraten und sie waren schneller beim Beliefern, wenn Patienten etwas telefonisch oder online auf einer Vorbestell-Plattform bestellten: Die Vor-Ort-Apos konnten meist am selben Tag oder sogar nur nach wenigen Stunden ausliefern. Das Zauberwort, das dem grün-weißen Versender fehlte, hieß: Same-Day-Delivery, die Belieferung am selben Tag. Das wurmte den Versender so sehr, dass er auch eine Vorbestell-Plattform bastelte und deutsche Vor-Ort-Apos suchte, die bei ihm mitmachen sollten, um die auf der grün-weißen Plattform bestellten Arzneimittel in seinem Namen auszuliefern. Doch es gab nur wenige deutsche Apothekerleins, die dem grün-weißen Päckchenpacker vertrauten. Das Verhältnis zum Versender war zerrüttet, gestört – zu böse war er in der Vergangenheit gewesen: Er zahlte seine Ordnungsgelder nicht, er trieb einen ruinösen Wettbewerb mit Boni-Zahlungen, er griff die Vor-Ort-Apos mit einem Apothekenbus und Arzneiautomaten an. Das hatte tiefen Spuren bei den Vor-Apos hinterlassen. Doch der Versender ließ nicht locker, denn er wusste: Er braucht die kleinen Vor-Ort-Apos – nur wenn die für ihn den Lieferboten spielen und ausliefern, kann er bei den Patienten als schneller Lieferant punkten. Um gut Wetter zu machen und für seine Vorbestell-Plattform doch noch Apothekerleins zu finden, ließ sich der Versender etwas einfallen: Liebe Apothekerleins, wir wollen ganz lieb zu euch sein und nicht in einem Boni-Wettbewerb mit euch ringen. Also, habt keine Sorge: Wenn ihr bei unserer Plattform mitmacht, dann gibt’s für alle Patienten, die ihre Rezept-Bestellungen über unsere Vorbestell-Plattform einreichen, keine Boni-Zahlungen mehr (nur noch für die Patienten, die ihr Rezept per Post an uns schicken, hihihi). Und damit hoffte der grün-weiße Versender, dass er mindestens 1100 gutgläubige Apothekerleins in Deutschland findet, die alles Böse, das er ihnen früher angetan hatte, vergessen. Diese Apothekerleins sollten für ihn das Zauberwort einlösen, seine Patienten sofort beliefern und ihm zu einer strahlend grün-weißen Päckchen- und E-Rezeptzukunft verhelfen. Dass sie alles letztlich zu ihrem eigenen Nachteil machen sollten, sollten sie natürlich nicht merken. Doch die Apothekerleins vor Ort durchschauten das böse Spiel, der Versender konnte sie nicht wirklich überzeugen. Und, mein liebes Tagebuch, wie ging das Märchen aus? Wie alle Märchen: Und wenn der Versender inzwischen nicht den Bach runtergegangen ist, so sucht der grün-weiße Versender noch heute nach Apothekerleins, die für ihn als Päckchenlieferant arbeiten wollen.
14 Kommentare
Reaktionen ABDA
von Dr. Radman am 01.03.2020 um 19:32 Uhr
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Hilfe, Altmaier hilft oder wie wir versuchten die Bürokratie abzubauen und es mit der Demokratie verwechselten.
von Bernd Jas am 01.03.2020 um 19:26 Uhr
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Arzneiversanhaus
von Bernd Küsgens am 01.03.2020 um 15:25 Uhr
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Kein normaler Markt
von Reinhard Rodiger am 01.03.2020 um 13:46 Uhr
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Desinfektionsmittel
von Barbara Buschow am 01.03.2020 um 12:32 Uhr
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Die Apotheke VOR ORT
von Dr.Diefenbach am 01.03.2020 um 11:38 Uhr
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AW: Die Apotheke VOR ORT ... ein Ei?
von Christian Timme am 01.03.2020 um 11:58 Uhr
Schnelle Reaktion der ABDA? / Händedesinfektion
von Lars Janzen am 01.03.2020 um 11:36 Uhr
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AW: Schnelle Reaktion der ABDA? / Hä
von Conny am 01.03.2020 um 11:45 Uhr
AW: Schnelle Reaktion der ABDA? / Hä
von Lars Janzen am 01.03.2020 um 12:17 Uhr
AW: Schnelle Reaktion der ABDA? / Hä
von Christian Timme am 01.03.2020 um 12:39 Uhr
AW: Schnelle Reaktion der ABDA? / Hä
von Conny am 01.03.2020 um 15:14 Uhr
AW: Schnelle Reaktion der ABDA? / Hä ...
von Christian Timme am 01.03.2020 um 15:58 Uhr
Corona ... letzter Weckruf an die Apotheke ... oder Abgesang ...
von Christian Timme am 01.03.2020 um 9:38 Uhr
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