Die gute Nachricht des Tages

Ohrensensor soll Überlebenschancen verbessern

Berlin - 27.04.2020, 07:00 Uhr

In einer Studie soll erprobt werden, ob insbesondere ältere Menschen in Corona-Quarantäne davon profitieren, wenn ihre Vitalfunktionen dauerhaft überwacht werden. (Foto: imago images / Westend61)

In einer Studie soll erprobt werden, ob insbesondere ältere Menschen in Corona-Quarantäne davon profitieren, wenn ihre Vitalfunktionen dauerhaft überwacht werden. (Foto: imago images / Westend61)


Corona-Infizierte sollen im Rahmen einer Münchner Studie mit einem Ohrensensor überwacht werden. Die Vitalfunktionen sollen zeitnah Auskunft über den Zustand des Patienten geben und so schnelle Hilfe ermöglichen. Dies soll ihre Überlebenschancen verbessern und Kliniken entlasten.  

Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, wird aufgetragen, isoliert zu Hause zu bleiben. Sie sollen zwei Mal am Tag Fieber messen und sich an einen Arzt wenden, wenn sich ihr Zustand verschlechtert. Das birgt jedoch einige Unsicherheiten: Wird das Fieber - wenn überhaupt - dann richtig gemessen? Kann der Patient seinen Zustand richtig einschätzen bzw. wartet er möglicherweise zu lange, bevor er sich in Behandlung begibt? Insbesondere viele ältere Menschen sind infiziert und möglicherweise alleine lebend damit überlastet. 

Die Idee der neuen Studie des Münchner Klinikums rechts der Isar ist, Infizierte bei einer Verschlechterung ihres Krankheitszustandes zeitnäher zu behandeln. Dazu soll ein Hightech-Sensor im Ohr der Patienten rund um die Uhr ihre Biowerte messen. Überwacht werden laut einer Pressemitteilung des Klinikums alle 15 Minuten die Körpertemperatur, die Sauerstoffsättigung des Blutes, Atemfrequenz und Puls. Zudem werde mehrmals täglich ein sogenannter Polyscore bestimmt, der Auskunft darüber gibt, wie gut der Körper die Auswirkungen der Erkrankung kompensieren kann. 

Diese Daten sendet der Ohrensensor zunächst an einen kleinen Computer in der Wohnung des Patienten. Von dort gelangen sie in die „Einsatzzentrale“ im Klinikum rechts der Isar. Speziell trainierte Medizinstudierende unter Supervision eines Arztes sollen die gemessenen Daten rund um die Uhr überwachen. Bei einer Verschlechterung des Zustandes werde dann direkt der Rettungsdienst informiert, der die Patienten ohne Verzögerung ins Krankenhaus transportiert. „Hier kommt es darauf an, dass Patientinnen und Patienten rechtzeitig in Kliniken behandelt werden. Je früher sie medizinisch gut versorgt werden, desto besser ist die Prognose“, erklärt Prof. Georg Schmidt, Leiter der Arbeitsgruppe Biosignalverarbeitung am Klinikum rechts der Isar laut Pressemeldung.

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Teilnehmer sind über 60jährige Covid-19-Erkrankte

Die Pilotphase der Studie konnte dank schneller Entscheidungen der Verantwortlichen, wie Gesundheitsamt, Rettungsdienst und Wissenschaftsministerium, und mit unbürokratischer Unterstützung von privaten Stiftern und Spendern, bereits starten. Die Studie ist zunächst auf 1200 Teilnehmer angelegt. Potenzielle Teilnehmer werden vom Münchner Gesundheitsreferat angeschrieben: Münchner Covid-19-Erkrankte über 60 Jahren in heimischer Isolation. Wenn sie sich für eine freiwillige Teilnahme entscheiden, erhalten sie ein Päckchen mit den Geräten zugesandt.  

„Ich hoffe, dass das Forschungsvorhaben eine zusätzliche Sicherheit für die Studienteilnehmer der älteren Generation bieten kann, die mit einer Covid-19 Erkrankung und mit leichten Symptomen zuhause bleiben und nicht im Krankenhaus behandelt werden müssen. Gerade bei alleine lebenden älteren Menschen kann es ein entscheidender Vorteil sein, eine automatische permanente Überwachung zu gewährleisten“, so Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs laut Pressemeldung.

So werden die nächsten Wochen zeigen, ob die Zahl schwerer Krankheits-Verläufe und die Todesrate unter Corona-Infizierten gesenkt werden können, wenn sie rechtzeitig ins Krankenhaus kommen. Damit verbindet sich für das Forscherteam auch die Hoffnung, durch eine frühzeitige Behandlung Intensivstationen zu entlasten. Denn möglicherweise wird bei einem schnellen Handeln eine intensivmedizinische Behandlung mit maschineller Beatmung in einem Teil der Fälle gar nicht erst notwendig sein.


Mareike Spielhofen, Autorin, DAZ.online
daz-online@deutscher-apotheker-verlag.de


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