Kreuzreaktivität

Könnten landläufige Coronaviren vor COVID-19 schützen?

Stuttgart - 31.07.2020, 17:45 Uhr

Könnten sich vorausgegangene Infektionen mit landläufigen Erkältungs-Coronaviren über eine Kreuzreaktivität mildernd auf den Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion auswirken? (s / Foto: pinkeyes / stock.adobe.com)

Könnten sich vorausgegangene Infektionen mit landläufigen Erkältungs-Coronaviren über eine Kreuzreaktivität mildernd auf den Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion auswirken? (s / Foto: pinkeyes / stock.adobe.com)


Eine Studie unter Leitung der Charité Berlin und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik (MPIMG) soll zeigen: Auch nicht an COVID-19 Erkrankte tragen potenziell Immunzellen in sich, die SARS-CoV-2 erkennen können. Könnten sich vorausgegangene Infektionen mit landläufigen Erkältungscoronaviren also über eine Kreuzreaktivität schützend auf den Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion auswirken? Das soll nun die Studie „Charité Corona Cross“ untersuchen.

Dass verschiedene Faktoren (Alter, aber auch z. B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber, der Niere, Krebserkrankungen oder Faktoren wie Adipositas und Rauchen) das Risiko für einen schweren COVID-19 Krankheitsverlauf erhöhen können, ist mittlerweile bekannt. Einen möglichen weiteren Einflussfaktor darauf, ob eine COVID-19-Infektion (fast) symptomlos oder schwer verläuft, hat jetzt nach eigenen Angaben ein Forschungsteam der Charité und des MPIMG (Max-Planck-Institut für molekulare Genetik) identifiziert.

Etwa ein Drittel vor schwerem Verlauf geschützt?

Untersuchungen an T-Helferzellen sollen darauf hindeuten, dass frühere Infektionen mit „harmlosen“ Erkältungs-Coronaviren (wie 229E, OC43, NL63 oder HKU1) sich positiv auf den Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion auswirken könnten. Etwa ein Drittel der Menschen, die noch nie mit SARS-CoV-2 in Kontakt gekommen sind, soll den neuen Untersuchungen zufolge nämlich dennoch über T-Helfer-Gedächtniszellen verfügen, die auch das neue Virus erkennen. „Der Grund dafür ist vermutlich, dass bestimmte Strukturen von SARS-CoV-2 denen landläufiger Coronaviren ähneln“, heißt es in der Pressemitteilung.

Zelluläre Aufnahme des SARS-CoV-2 über ACE2

In der DAZ 22/2020 wurde beschrieben, welche Rolle das Enzym ACE2 bei einer SARS-CoV-2-Infektion spielt: „Die Infektion beginnt für gewöhnlich im oberen Respirationstrakt durch den Kontakt mit Virus-enthaltenden Aerosolen. SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) ist ein behülltes RNA-Virus. Über sogenannte Spike-Proteine bindet SARS-CoV-2 an das membranständige Protein Angiotensin-konvertierendes Enzym 2 (ACE2) in der Wirtszelle und wird gemeinsam mit ACE2 internalisiert. Vermittelt durch die transmembrane Serinprotease 2 (TMPRSS2) kommt es dabei zur Spaltung des Spike-Proteins.“ 

ACE2-Expression konnte in vielen Organen nachgewiesen werden, was die Ursache für Manifestationen von COVID-19 außerhalb der Lunge sein könnte. Mehr dazu lesen Sie in: „Leichtes Spiel für SARS-CoV-2?“ 

Diese Ergebnisse stützen sich auf Untersuchungen von Immunzellen aus dem Blut von 18 COVID-19-Erkrankten. Sie waren an der Charité zur Behandlung aufgenommen und per PCR-Test positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden. Außerdem isolierten die Wissenschaftler Immunzellen aus dem Blut von 68 gesunden Personen, die nachweislich noch nie mit dem neuen Coronavirus in Kontakt gekommen waren. Dann stellten sie die Immunzellen jeweils sozusagen auf die Probe – mit kleinen, künstlich hergestellten Bruchstücken des sogenannten Spike-Proteins, das SARS-CoV-2 den Eintritt in menschliche Zellen ermöglicht.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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