Urteil gegen Apotheker und Ärzte

Bundesgerichtshof: Abrechnung über „Strohmann-MVZ“ ist Betrug

Berlin - 20.08.2020, 13:10 Uhr

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshof mit Dienstsitz in Leipzig hat sich mit dem MVZ-Strohmann-Konstrukt eines Hamburger Apothekers auseinandergesetzt. (c / Foto: imago images / Peter Endig)

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshof mit Dienstsitz in Leipzig hat sich mit dem MVZ-Strohmann-Konstrukt eines Hamburger Apothekers auseinandergesetzt. (c / Foto: imago images / Peter Endig)


Im März 2019 hatte das Landgericht Hamburg einen Apotheker sowie zwei Ärzte wegen eines millionenschweren Abrechnungsbetruges zu Haftstrafen verurteilt. Über ein „Strohmann“-Konstrukt hatte sich der Pharmazeut unzulässigerweise an einem Medizinischen Versorgungszentrum beteiligt – und über dieses abkassiert. Nun hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befasst: Keine Zweifel haben die Richter am Betrug – dennoch wiesen sie die Sache zur erneuten Verhandlung ans Landgericht zurück. Dort soll nochmals über die Strafaussprüche entschieden werden.

Im Frühjahr vergangenen Jahres sprach das Landgericht Hamburg sein Urteil gegen den Hamburger Apotheker Z. und die beiden mit ihm angeklagten Ärzte: Weil sie die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) und die Techniker Krankenkasse gemeinschaftlich gewerbsmäßig betrogen haben, wurden sie alle zu Haftstrafen verurteilt – allerdings nur Z. zu einer, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde (dreieinhalb Jahre). Die Ärzte D. und Dr. F. wurden lediglich zu zehn beziehungsweise sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung von rund eineinhalb Millionen Euro angeordnet – das aus den Betrugstaten erlangte Geld. Zum Betrug wurde ihr gemeinsames Vorgehen dadurch, weil sie über ein unzulässiges MVZ-Konstrukt in Hamburg-Bergedorf, das dazu nicht berechtigt war, Leistungen abrechneten.

Mehr zum Thema

Das Landgericht ging bei seinem Urteil im Groben von folgendem Sachverhalt aus: Z. wollte ein medizinisches Versorgungszentrum erwerben, um sich – über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte – neue Absatzquellen für die von ihm hergestellten hochpreisigen Medikamente (Zytostatika) zu erschließen. Dabei war ihm bewusst, dass die Beteiligung von Apothekern an einem medizinischen Versorgungszentrum nicht möglich war (§ 95 Abs. 1a SGB V). Um dieses gesetzliche Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als „Strohmann“ – und fand den Angeklagten D.. Über diesen erwarb Z. die Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ, und zwar vom zweiten mitangeklagten Mediziner Dr. F., der sich in einer schwierigen finanziellen Lage befand. Dr. F., der weiterhin als ärztlicher Leiter dieses MVZ tätig war, wusste ebenfalls um die „Strohmann“-Konstruktion und die damit bezweckte Umgehung des für den Apotheker Z. bestehenden Beteiligungsverbots.

Obwohl allen drei Männern klar war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der KVH abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 bei dieser fünf Quartalsabrechnungen ein. Die KVH zahlte fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus. Z. stellte zudem der Techniker Krankenkasse von August 2014 bis Juni 2015 ärztliche Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in seiner Apotheke eingelöst worden waren. Die Kasse zahlte rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten Z. aus.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

.

von Anita Peter am 20.08.2020 um 13:20 Uhr

DoMo braucht da keinen Strohmann und die Politik hat dabei auch keine Bedenken. Ach ja, gilt ja nur für inländische Vor ort Apotheker.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.