Sexualität in Zeiten von Corona

Wie sich die Pandemie auf sexuell übertragbare Krankheiten auswirkt

Berlin - 28.08.2020, 14:45 Uhr

Am 4. September ist Welttag der sexuellen Gesundheit. (s / imago images / Ralph Peters) 

Am 4. September ist Welttag der sexuellen Gesundheit. (s / imago images / Ralph Peters) 


Die soziale Isolation und die Einschränkungen während der Coronavirus-Pandemie haben auch das Sexualverhalten vieler Menschen verändert - mit Folgen für Infektionen mit Geschlechtskrankheiten. Darauf deuten Zahlen des Robert Koch-Instituts hin.

Die wegen der Coronavirus-Pandemie angeordneten Kontaktbeschränkungen für einige Monate haben sich auf das Beziehungs- und Sexualverhalten vieler Menschen ausgewirkt. Das wiederum hat aus Expertensicht vermutlich Folgen für die Ausbreitung sexuell übertragbarer Infektionen (STI). „Ich glaube, dass die sexuell übertragbaren Infektionen in der Zeit geringer waren, wahrscheinlich haben sich zu Beginn fast alle Menschen an die Regeln des Social Distancing gehalten“, sagt Professor Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft, anlässlich des Welttags Sexuelle Gesundheit am 4. September. 

Verschiedene Krankheiten wie Gonorrhö, Chlamydien- und HPV-Infektionen sind in Deutschland nicht meldepflichtig. Deshalb lägen dazu auch keine Daten vor, sagt eine Sprecherin des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI). Zahlen sammelt das RKI unter anderem zu Syphilis-Infektionen. Hier gab es von Januar bis Juli bundesweit einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, von rund 3.400 auf rund 3.200 Infektionen. In einigen Bundesländern stieg die Zahl der Infektionen in diesem Zeitraum allerdings – in Berlin zum Beispiel von 651 auf 690.

„Qualitative Veränderung“ bei Infektionen

Nach Beobachtungen des Berliner Arztes Sven Schellberg könnte das am veränderten Sexualverhalten liegen: „Während der Corona-Zeit hat die Zahl der Erkrankungen zugenommen, für die man etwas längere Kontakte braucht“, sagt Schellberg. „Die Leute treffen sich nicht mehr zu Quickies, sondern eher im kleinen Kreis von fünf bis zehn Personen und verbringen mehrere Stunden zusammen.“ Längere Sexualkontakte begünstigten die Übertragung der Syphilis, erläutert der Mediziner. 

In seiner Praxis, die auf sexuelle Gesundheit spezialisiert ist, habe er einen Syphilis-Anstieg um etwa 30 Prozent beobachtet. Sexuelle Erkrankungen seien in der Corona-Zeit insgesamt nicht deutlich weniger geworden. „Was wir sehen, ist eine qualitative Veränderung“, sagt Schellberg. „Normalerweise sind Infektionen häufig, die man sich bei der schnellen Nummer holt wie etwa Chlamydien oder Gonokokken.“ Für deren Übertragung reiche schon ein kurzer Oralverkehr. 

HIV-Zahlen sind rückläufig

Rückläufig sind laut RKI die HIV-Zahlen. Doch diese seien mit Vorsicht zu betrachten: Zwischen einer Infektion und der Diagnose könne sehr viel Zeit vergehen, erläutert die RKI-Sprecherin. Derzeit untersuchten Wissenschaftler des RKI genauer, wie sich die Corona-Zeit auf verschiedene Infektionskrankheiten ausgewirkt hat.

Der Welttag Sexuelle Gesundheit soll für einen offenen und verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität werben. Die Weltweite Vereinigung für Sexuelle Gesundheit (World Association for Sexual Health, WAS) hat den Tag erstmals 2010 ausgerufen. Im aktuellen Jahr richtet sich der Fokus auf sexuelle Gesundheit während der Coronavirus-Pandemie. 


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