VOASG

Ullmann: Wer Apotheken stärken will, muss die echten Probleme angehen

Berlin - 17.09.2020, 12:40 Uhr

Andrew Ullmann möchte Apotheken auf andere Weise stärken als die Große Koalition dies plant. (m / Foto: imago images / Political-Moments)

Andrew Ullmann möchte Apotheken auf andere Weise stärken als die Große Koalition dies plant. (m / Foto: imago images / Political-Moments)


Der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann findet, der Entwurf für das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz setzt nicht die richtigen Akzente. Statt Boni-Verbote zu beschließen, die aus seiner Sicht ohnehin vom Europäischen Gerichtshof kassiert werden, sollte man sich beispielsweise Gedanken machen, wie der Umgang mit Hochpreisern für Apotheken weniger riskant wird.

Andrew UIlmann, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss des Bundestags, glaubt nicht dass das neue IGES-Gutachten zum Apothekenmarkt in der anstehenden Gesetzgebung viel weiter helfen wird. Es enthalte zwar spannende Punkte, doch nicht alle Berechnungen seien nachvollziehbar, sagte der Politiker und Mediziner im Gespräch mit DAZ.online. Was ihn wundert ist, warum der Jetzt-Zustand lediglich der Lage mit einem Rx-Boniverbot gegenübergestellt wird.

Aus seiner Sicht wäre es sinnvoll gewesen, alternativ auch eine Regelung mit Boni-Deckel zu vergleichen. Einer solchen Variante, wie sie der Bundesgesundheitsminister ganz zu Beginn seiner Apothekenreform-Pläne für EU-Versender angedacht hat, räumt der FDP-Politiker größere Überlebenschancen ein als der derzeit im VOASG-Entwurf vorgesehenen Regelung. „Was wir jetzt verabschieden, wird in zwei bis drei Jahren scheitern“, prophezeit Ullmann. Er hat keinen Zweifel, dass die Preisbindung für alle Apotheken, die dem Rahmenvertrag beigetreten sind und Patienten im Wege der Sachleistung beliefern, gegen EU-Recht verstößt. „Mit Rx-Boni-Deckel könnte es anders sein.“

Dass nach wie vor keine Stellungnahme zum VOASG seitens der EU-Kommission vorliegt, ist für Ullmann auch kein gutes Zeichen. Zumal ausweislich der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine von ihm gestellte Kleine Anfrage neun Gespräche auf höchster Ebene stattgefunden haben. Der FDP-Abgeordnete hat mittlerweile selbst bei einer der in der Antwort genannten Gesprächspartnerinnen auf EU-Ebene, der Generaldirektorin für Binnenmarkt und Industrie, Kerstin Jorna, nachgehakt. Eine Rückmeldung gab es bislang jedoch nicht.

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Ullmann bezweifelt, ob der Versandhandel aus dem Ausland wirklich das größte Problem für die Vor-Ort-Apotheken ist – wenngleich auch er faire Wettbewerbsbedingungen einfordert. Nach Gesprächen mit Apothekern habe er den Eindruck, die echten Probleme liegen woanders. Etwa darin, zunehmend für Hochpreiser in Vorleistung gehen zu müssen. Das könne dazu führen, dass manche Apotheken diese besonders teuren Arzneimittel gar nicht mehr abgeben – was natürlich keinesfalls gut fürs Geschäft ist. Einen fertigen Lösungsvorschlag hat Ullmann allerdings noch nicht parat.

Was die nunmehr im VOASG angedachte Verstetigung der Botendienstvergütung betrifft, so findet Ullmann diese Idee per se gut – allerdings pocht er auf eine Evaluierung, und das nicht nur unter Pandemie-Bedingungen. Man müsse schauen, welche Honorierung sich als angemessen erweist.

Ullmanns vorläufiges Fazit zum VOASG: „Wenn wir wirklich von einer Stärkung der Vor-Ort-Apotheken sprechen wollen, dann müssen wir die richtigen Probleme angehen und sie nachhaltig lösen. So wie es der Gesetzentwurf jetzt vorsieht, geht das nicht.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Preisbindung nicht möglich - übliche Lüge

von ratatosk am 18.09.2020 um 8:59 Uhr

Es gibt kein Problem mit der Buchpreisbindung ! - aber da hat die pharmafeindliche Presse auch kein Interesse , daß die Zeitungen verramscht werden. Auch die Bertelsmannstiftung hat hier seltsamerweise ? noch nichts für Volkswohl verlauten lassen !
Alles ein Schmierentheater von Konzerninteressen und Inkompetenz.

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Genau 2 Probleme

von Nikolaus Guttenberger am 17.09.2020 um 13:16 Uhr

Apotheken haben genau 2 Probleme:

1. Eklatante Unterfinanzierung inklusive vollkommener Abkopplung von der allgemeinen Preisentwicklung.

2. Einerseits sehr hohe orginisatorische, behördliche und finanzielle Auflagen zur Erfüllung der Gemeinwohlpflichten (Labor, Notdienst, Rezeptur, Revision durch Gesundheitsämter usw.). Gleichzeitig andererseits Wettbewerb mit Marktteilnehmern ohne jegliche Auflagen und wohl auch ohne Gewinnabsicht durch Unternehmenstätigkeit. Das Geschäftsmodell von Doc Morris ist nicht die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, sondern das Erzielen eines möglichst hohen Unternehmensverkaufspreises nach Zerstörung derselben.

Solange diese beiden Punkte nicht gelöst sind, braucht man betreffend Apotheken eigentlich sonst über überhaupt nichts reden.

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