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Verordnungen per Fax und Mail
TeleClinic stiftet Chaos in Apotheke
Seit rund zwei Wochen ist es TeleClinic-Nutzern wieder möglich, ihre E-Rezepte in selbst ausgewählte Apotheken senden zu lassen. Doch das Prozedere scheint nicht nur juristische Fragen aufzuwerfen, sondern vor allem an der praktischen Umsetzung zu hapern. Eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen machte nun ihre ganz persönlichen Erfahrungen – mit einem Patienten, der in zwei Apotheken nach den Duplikaten seines Sildenafil-Rezeptes suchte.
Als der DocMorris-Mutterkonzern, die Schweizer Zur Rose Gruppe, Deutschlands Telemedizin-Marktführer TeleClinic im Juli für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag kaufte, kooperierte man noch mit dem Dienstleister apotheken.de. Den Patienten war es so möglich, ihre E-Rezepte aus den Fernbehandlungen direkt an ihre ausgewählte Vor-Ort-Apotheke weiterzuleiten. Weil apotheken.de die Zusammenarbeit nach dieser für den deutschen Apothekenmarkt brisanten Akquisition mit sofortiger Wirkung beendete, steht Teleclinic seitdem ohne technischen Partner da. Übrig geblieben ist nur noch die deutsche Versandapotheke Mache bei Stuttgart, die ihre Zusammenarbeit mit dem Fernbehandler separat geregelt hat.
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Doch seit zwei Wochen ist es wieder möglich, dass die TeleClinic-Nutzer ihre elektronischen Verordnungen auch in andere Apotheken versenden lassen. Dazu werden die Kontaktdaten der gewünschten Vor-Ort-Apotheke eingetragen und die Privatverordnung wird dann per Mail verschickt. Die jeweilige Apotheke erhält das Rezept mit der qualifizierten elektronischen Signatur als Link. Offen bleibt allerdings, wie TeleClinic die vom Patienten angegebene Apotheke authentifiziert. Außerdem fehlt ein passwortgeschützter Login. Völlig unklar ist auch, was passiert, wenn die Apotheke das Rezept nicht beliefern kann oder die Abgabe verweigert. In diesem Fall müsste der Patient oder die jeweilige Apotheke beweisen, dass das verordnete Präparat tatsächlich nicht abgegeben wurde.
Fax in dreifacher Ausführung
All diese juristischen Stolperfallen musste eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen miterleben – einen Tag, nachdem Sie auf DAZ.online von dem neuen TeleClinic-Prozedere gelesen hatte. „Ein Patient rief uns an und erfragte, ob wir per Mail ein Rezept von TeleClinic zugeschickt bekommen haben“, beginnt sie das Erlebnis zu schildern. Ein Rezept lag der Apothekerin, die anonym bleiben möchte, nicht vor. Doch sie ließ sich den bisherigen Ablauf vom Patienten schildern: „Der Patient hatte zunächst eine andere, benachbarte Apotheke als Rezeptempfänger angegeben. Diese erhielt auch das Rezept, wollte es aber nicht beliefern. Daraufhin gab der Patient unsere Apotheke als neuen Empfänger an und wollte sich bei uns vorab vergewissern, ob das Rezept angekommen ist und ob wir es beliefern.“ Um dem Patienten weiterhelfen zu können, kontaktierte die Apothekerin den Telemedizin-Anbieter telefonisch. Wenige Minuten später sei das Rezept von TeleClinic in die Apotheke verschickt worden – jedoch nicht als Mail, wie erwartet, sondern als Fax in dreifacher Ausführung. Gleichzeitig lag die Verordnung laut Aussage des Patienten immer noch der benachbarten Apotheke vor. Ob per Mail oder Fax, das weiß die Apothekerin nicht.
Eine qualifizierte elektronische Signatur des Arztes suchte die Apothekerin auf dem Fax-Rezept natürlich vergeblich. Doch die Verordnung des Telemediziners war jetzt gleich mehrfach in der Welt. Der Patient hätte sich über die Monatsration von Sildenafil sicher gefreut.
Zur Einlösung in der Versandapotheke gedrängt
Im Gespräch mit dem Patienten erfuhr die Apothekerin, dass TeleClinic ihn mehrfach dazu gedrängt hätte, die elektronische Verordnung doch bei der angeschlossenen Versandapotheke einzulösen. Das Angebot schlug er aus – explizit war ihm die Möglichkeit wichtig, sein Präparat unmittelbar in einer Apotheke zu erhalten.
Für die Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen war das ein unfassbarer Vorgang. Sie selbst bietet Kunden und Patienten digitale Vorbestellmöglichkeiten großzügig an. App, Webshop oder die manuelle Bestellung per Mail sind bei ihr überhaupt kein Problem. Das TeleClinic-Erlebnis bewertet sie im Vergleich dazu als einen Rückschritt und einen gefährlichen Eingriff in die Arzneimitteltherapiesicherheit. Sie bezweifelt, ob der Patient bei der Fernbehandlung überhaupt beraten wurde oder im Hinblick auf die Verordnung des Lifestyle-Präparats nicht einfach „abgefertigt“ wurde. Die Erklärungen jedenfalls hätte komplett sie übernommen, was sie auch gerne tat und der Patient zu schätzen wusste – immerhin wollte er sein Arzneimittel von Anfang an aus der Apotheke vor Ort.
4 Kommentare
Warum beliefert die Apotheke nicht?
von Olaf Bessel am 22.09.2020 um 10:04 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Warum beliefert die Apotheke nicht?
von Andreas Michael Grünebaum am 27.09.2020 um 15:57 Uhr
Erfahrungen
von Rolf Lachenmaier am 21.09.2020 um 8:04 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Erfahrungen
von Anita Peter am 21.09.2020 um 8:38 Uhr
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