Ernährung und Sport (Teil 1)

Überschüssiges Protein wandert in den Energiespeicher, nicht in den Muskel

Stuttgart - 29.09.2020, 07:00 Uhr

Muskelaufbau und -regeneration werden am besten unterstützt, wenn Sportler direkt nach der Belastung geringe Mengen Protein in Kombination mit Kohlenhydraten aufnehmen (z. B. Müsli mit Banane, Vollkornbrot mit Quark, Kakao). (Foto: Vladislav Nosik / stock.adobe.com)

Muskelaufbau und -regeneration werden am besten unterstützt, wenn Sportler direkt nach der Belastung geringe Mengen Protein in Kombination mit Kohlenhydraten aufnehmen (z. B. Müsli mit Banane, Vollkornbrot mit Quark, Kakao). (Foto: Vladislav Nosik / stock.adobe.com)


Die Frage, ob der Verzehr von mehr Protein tatsächlich mehr Muskeln und mehr Leistungsfähigkeit im Sport bringt, beschäftigt viele Sportlerinnen und Sportler auf der ganzen Welt schon seit Langem. Besonders die unzähligen Proteinprodukte, die speziell für Sportler vermarktet werden, erwecken genau diesen Eindruck. Doch gilt hier überhaupt das Motto „viel hilft viel“?

Wie viel und welche Proteine braucht ein Sportler eigentlich? In der Sportlerszene sind viele der Meinung, dass die Menge der Proteine gar nicht hoch genug sein kann. Wissenschaftler konzentrieren sich dagegen eher auf die Aufnahme bestimmter Aminosäuren. Und der Körper möchte durch die Proteinaufnahme vor allem seine Stickstoffbilanz ausgleichen. Am Ende bestimmen aber alle drei Faktoren gemeinsam den richtigen Proteinbedarf für SportlerInnen. 

Gemäß der 2017 überarbeiteten D-A-CH-Referenzwerte beläuft sich eine angemessene Proteinzufuhr für gesunde Erwachsene im Alter von 19 bis 65 Jahren auf 0,8 g/kg Körpergewicht (KG) und für ältere Menschen ab 65 Jahren auf 1,0 g/kg KG pro Tag. Dieser Wert wird mittels wissenschaftlicher Daten aus Stickstoffbilanzstudien ermittelt und entspricht je nach Körpergewicht ca. 47 bis 67 g Protein am Tag. Nach diesen Werten können sich ebenso Freizeit- und BreitensportlerInnen richten, denen bis zu fünf Stunden Sport in der Woche hauptsächlich als Ausgleich zum Bewegungsmangel oder dem Vergnügen am Sport dienen. 

2,0 g/kg KG Protein: unbedenklich aber kaum zu empfehlen

Für Leistungsorientierte aus dem Ausdauer- wie auch aus dem Kraftsportbereich kann je nach Trainingsdauer und Intensität eine erhöhte Proteinzufuhr von 1,2-1,6 g/kg KG in Bezug auf Muskelkraft bzw. Muskelmasse sowie Muskelregeneration von Vorteil sein. Das ergaben die Ergebnisse der meisten aber nicht aller wissenschaftlichen Studien, die eine erhöhte Proteinzufuhr auf den Trainingseffekt untersuchten. Der Verzehr von bis zu 2,0 g/kg KG Protein am Tag ist bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr gesundheitlich unbedenklich (mehr Informationen dazu in einem weiteren Teil der Serie „Ernährung und Sport“), bringt aber keine zusätzlichen Effekte in der Steigerung der muskulären Proteinbiosynthese. Ausschließlich den AusdauersportlerInnen aus dem Ultralangstreckenbereich sollten diese Mengen und mehr empfohlen werden, da sie nach Entleerung der Glykogenspeicher anfangen, ihre Muskelproteine zur Energiegewinnung zu verwerten. Dies hat mit dem üblichen Freizeitsportverhalten allerdings nichts zu tun.



Pauline Krüger, Ernährungswissenschaftlerin
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Mehr Muskeln = mehr Protein

von Elena am 01.10.2020 um 7:05 Uhr

Protein trägt meines Wissens auch stark zum Muskelerhalt bei. Darum finde ich es seltsam, dass hier für Ausdauer- und Kraftsportler mit demselben Mass gemessen wird.
Gerade im Bodybuilding, wo das höchste Ziel der Aufbau von mehr Muskelmasse ist, steht der Erhalt der bisher angehäuften Muskulatur an oberster Stelle. Ein Bodybuilder (auch Hobbysportler) hat natürlich wesentlich mehr Masse, die er erhalten möchte, als ein Ausdauersportler. Daher macht hier durchaus eine erhöhte Proteinzufuhr Sinn.
Die Formel wie viel Protein pro Kilogramm Körpergewicht lässt zudem ausser acht, wie sich das Körpergewicht zusammensetzt. Ein adipöser Mensch mit 120kg Körpergewicht benötigt eine andere Proteinzufuhr wie ein muskulöser Kraftsportler.

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AW: Mehr Muskeln = mehr Protein

von Pauline am 01.10.2020 um 19:23 Uhr

Liebe Elena,

vielen Dank für Ihre Anregungen zum Artikel, die meiner Meinung durchaus gerechtfertigt sind.
Für das Muskelwachstum sowie auch für den Muskelerhalt ist der additive Effekt von Krafttraining und gesteigerter Proteinzufuhr wissenschaftlich belegt. Das gilt für Proteinmengen bis 1,6 g/kg KG, für größere Mengen konnte bis jetzt in Studien kein Vorteil für die Steigerung oder den Erhalt von fettfreier Masse nachgewiesen werden und deswegen werden dafür auch noch keine Empfehlungen ausgesprochen.
Dass AusdauersportlerInnen aus dem Ultralangstreckenbereich (damit sind 3 Stunden und länger gemeint) so hohe Mengen an Proteinen benötigen, ist hauptsächlich dem hohen „Protein turnover“ aufgrund extrem langer und hochintensiver sportlicher Belastung geschuldet. Da die Proteinzufuhr auf das kg Körpergewicht berechnet wird, nimmt ein Bodybuilder mit viel Körpermasse in der Gesamtmenge ja trotzdem mehr Protein zu sich als ein teilweise nur halb so schwerer Ausdauersportler. Die Umsatzrate ist bei AusdauersportlerInnen aber höher, deswegen benötigen sie auf das kg Körpergewicht gesehen auch mehr Protein.
Zu der „Formel“:
Die Referenzwerte der DGE für die Proteinzufuhr gelten in diesem Fall für Normalgewichtige. Darunter fallen auch bestimmte SportlerInnen, die aufgrund ihrer Muskelmasse vom Gewicht (bzw. BMI) her als „übergewichtig“ klassifiziert werden würden, aber es natürlich nicht sind. Für Unter- bzw. Übergewichtige/Adipöse gelten andere, speziell berechnete Referenzwerte, da sie, wie Sie richtig erkannt haben, aufgrund der stark unterschiedlichen Körperzusammensetzung auch einen anderen Proteinbedarf haben.

Quellen

von Dario am 30.09.2020 um 12:01 Uhr

Gibt es dazu auch vernünftige Quellen oder ist das wieder irgendein geistiger Erguss von unfundiertem Wissen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Quellen

von DAZ.online am 30.09.2020 um 16:55 Uhr

Lieber Dario,

Quellen verlinken wir immer im Text – hier diese:

https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2020/07_20/EU07_2020_M406_M413_1.pdf

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