Prüfbitte zum VOASG eingereicht

SPD will Rx-Boni-Verbot für PKV prüfen lassen

Berlin - 07.10.2020, 16:45 Uhr

Die ABDA ist mit ihrer Forderung nach lückenloser Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor offenbar doch noch durchgedrungen: Die SPD-Fraktion im Bundestag um ihre gesundheitspolitische Sprecherin Sabine Dittmar bittet das BMG zu prüfen, ob das Boni-Verbot doch noch auf den PKV-Bereich ausgeweitet werden kann. (Foto: imago images / Metodi Popow)

Die ABDA ist mit ihrer Forderung nach lückenloser Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor offenbar doch noch durchgedrungen: Die SPD-Fraktion im Bundestag um ihre gesundheitspolitische Sprecherin Sabine Dittmar bittet das BMG zu prüfen, ob das Boni-Verbot doch noch auf den PKV-Bereich ausgeweitet werden kann. (Foto: imago images / Metodi Popow)


Die SPD-Bundestagsfraktion bittet jetzt das Bundesministerium für Gesundheit, erneut zu prüfen, ob es nicht doch möglich ist, das im VOASG vorgesehene Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich auf die privaten Krankenversicherer auszuweiten. Hintergrund sind offenbar die Bedenken vieler Verbände, die beiden Bereiche bei den Arzneimittelpreisen auseinander driften zu lassen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) die Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor wiederherstellen – aber nur für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Denn die geplante Regelung im Sozialrecht würde naturgemäß die privaten Krankenversicherer nicht erfassen. Damit hat die ABDA seit jeher ein Problem: Bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf vom Mai 2019 hatte sie gefordert, die Rx-Preisbindung müsse ausnahmslos für alle Versicherten gelten.

In diesem Punkt bekamen die Apotheker kürzlich bei der Verbändeanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags beziehungsweise in den schriftlichen Stellungnahmen der Verbände spürbaren Rückenwind. Allen voran der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) selbst pocht darauf, einen Preiswettbewerb im verschreibungspflichtigen Sektor für alle Patienten unabhängig vom Versicherungsstatus zu unterbinden.

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„Anders als bei nicht dringlichen, verzichtbaren oder austauschbaren Gütern kann der Preis hier nicht als Lenker wirken“, betonten die Privatversicherer in ihrer Stellungnahme zum Kabinettsentwurf des VOASG. Es gelte, die Verbraucher mit Blick auf „die Unverzichtbarkeit medizinisch notwendiger Leistungen und das Fehlen der Verbrauchersouveränität“ vor überhöhten Preisen zu schützen. Unter anderem der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) und der Bundesverband der Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) hatten in ihren Stellungnahmen ebenfalls vor dem Aufweichen der Preisbindung gewarnt.

An so viel Einigkeit unter Apothekern, Herstellern, Versicherern und anderen kam die SPD-Fraktion im Bundestag offenbar nicht vorbei. Wie das Büro der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, gegenüber DAZ.online bestätigt, haben sich die Sozialdemokraten im Nachgang zur Verbändeanhörung mit einer Prüfbitte an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gewandt.

Sie wollen wissen, ob es nicht doch noch eine Chance gibt, Privatversicherte, Selbstzahler und Beihilfeempfänger in die neu zu regelnde Preisbindung für Arzneimittel einzubeziehen. „Wir haben nun das BMG um Prüfung und Stellungnahme gebeten“, informierte eine Mitarbeiterin Dittmars auf Anfrage. Zunächst hatte die SPD-Gesundheitsexpertin am gestrigen Dienstag bei der gesundheitspolitischen Runde bei der Expopharm Impuls auf den Vorstoß hingewiesen. 

In der Plenardebatte anlässlich der ersten Lesung des VOASG im Bundestag hatte auch der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich weiteren Diskussionsbedarf angemeldet – denn auch aus seiner Sicht müssen Privatversicherte in das Boni-Verbot einbezogen werden. 

Weg frei für das VOASG?

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen gewinnt das Anliegen an Brisanz: In einem gestern bekannt gewordenen Brief an Minister Spahn äußert der zuständige EU-Kommissar für Binnenmarkt, der Franzose Thierry Breton, keine konkreten Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit des VOASG mit europäischem Recht. Auf diesen Fingerzeig hat Spahn nunmehr ein Jahr lang gewartet – denn vor allem Teile der SPD-Fraktion hatten darauf gedrängt, zunächst eine Einschätzung der EU-Kommission einzuholen, bevor die Apothekenreform das parlamentarische Verfahren passieren sollte. Rechtssicherheit bietet der fehlende Einspruch des Kommissars jedoch keineswegs: Sollte das VOASG beklagt werden, entscheidet der Europäische Gerichtshof über dessen Schicksal.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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