Eine Apothekerin berichtet

Impfende Apotheker - im Saarland ein Erfolgsmodell?

Berlin - 13.10.2020, 17:50 Uhr

Wird gut angenommen: Seit vergangener Woche können sich Patienten im Saarland und in Nordrhein in den Apotheken gegen Grippe impfen lassen. (Foto: imago images / Laci Perenyi)

Wird gut angenommen: Seit vergangener Woche können sich Patienten im Saarland und in Nordrhein in den Apotheken gegen Grippe impfen lassen. (Foto: imago images / Laci Perenyi)


Eine Woche nach der ersten Impfung in einer Saarländischen Apotheke ist der Ansturm auf das neue Angebot groß. Doch die Apothekerinnen und Apotheker müssen viele Interessenten wieder nach Hause schicken, weil sie nur im Rahmen des Modellvorhabens mit der AOK impfen dürfen. Im Gespräch mit DAZ.online schildert Apothekerin Sabine Schlüter ihre ersten Eindrücke.

Sabine Schlüter impft seit einer Woche in der Paracelsus-Apotheke in Saarbrücken. Die Nachfrage ist groß und die Resonanz gut. „Täglich fragen rund zehn Leute nach einer Grippeschutzimpfung. Genau das war ja die Intention: Die Impfung aus dem niedrigschwelligen Bereich anzubieten, sodass die Leute kurz für eine Impfung in die Apotheke gehen.“

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Der Saarländische Apothekerverein hatte am 6. Oktober bekannt gegeben, dass er zusammen mit der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland ein Modellprojekt zur Grippeschutzimpfung in der öffentlichen Apotheke auf die Beine stellen konnte. Noch am selben Tag impften die ersten Apotheker des Saarlands. Medien wie der Saarländische Rundfunk und RTL berichteten über das Ereignis. Daher wundert sich Schlüter nicht über das Interesse der Patienten. Doch problematisch sei nicht die große Nachfrage: „Leider muss ich die Hälfte wieder nach Hause schicken, weil sie nicht bei der richtigen Krankenkasse versichert sind.“

Nach § 132j SGB V dürfen Apotheken nur im Rahmen von Modellvorhaben impfen. Im Saarland ist die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland bislang die einzige Krankenkasse, die Verhandlungen für ein entsprechendes Projekt mit dem Apothekerverein Saar aufgenommen hat – und vor einer Woche abschließen konnte. Dabei seien gerade im Saarland viele bei der Techniker Krankenkasse und IKK Nordwest versichert. „Das ich diese Leute nicht impfen kann, ist schwer zu kommunizieren. Diejenigen die ich nicht impfen darf, bieten zum Teil an, die rund 22 Euro selbst zu bezahlen“, berichtet Schlüter. Gleichzeitig seien AOK-Versicherte sehr dankbar, dass sie sich die Grippeschutzimpfung in der Apotheke – noch dazu gratis – holen können.

Auch Ärzte sind aufgeschlossen

Obwohl die Meinungen gespalten sind, ob die Grippeimpfung tatsächlich in Apotheken erfolgen sollte, fürchtet sie sich nicht vor einem Konflikt mit der Ärzteschaft. „Wir sitzen alle in einem Boot. Wenn wir uns gegenseitig blockieren, ist damit niemandem geholfen – am wenigsten den Patienten. Wenn ein Arzt eine Weiterbildung in der Pharmakologie absolviert hat und Medikationsanalysen anbietet, warum sollte ich nach einer korrekten Schulung nicht auch Impfungen anbieten können?“ Grundsätzlich seien ihr bekannte Ärzte dafür aufgeschlossen, dass Apotheker an dieser Stelle das Gesundheitssystem unterstützen.


Marius Penzel, Apotheker
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Impfen in der Apotheke

von Bernd Neumann am 16.10.2020 um 8:15 Uhr

Wieso soll es in der Apotheke schlechter sein, als in der Praxis? Dort werden die Impfungen von den Schwestern gesetzt, also scheinbar kein Arztzwang. Das geht in der Apotheke allemal.

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Haftung bei Impfschäden

von Renata Bayer am 14.10.2020 um 15:37 Uhr

Wer haftet für die Impfschäden die aus der Delegierung der Impfungen an Apotheker entstehen können?

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Augenhöhe

von Thomas Kerlag am 14.10.2020 um 7:15 Uhr

Man kann doch nicht einen fortgebildeten Arzt mit einem Absolventen von egal was vergleichen.
Wahrscheinlich hat der sogar mehr Zeit gehabt sich in auch egal was fortzubilden. Die Erfahrung ist trotzdem die, dass Pharmazeuten das bessere Verständnis der Materie auch im Detail haben. Bei Qualitätsfragen sowieso. Unterscheidung NM zu AM oft bei Ärzten Fehlanzeige etc. etc.

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Warum bloß immer mehr vom Selben?

von Wolfgang Müller am 13.10.2020 um 22:48 Uhr

Wenn die Pilotprojekte "Impfen in der Apotheke" so erfolgreich sind wie hier geschildert, offensichtlich nur Freude in die Apotheken bringen und Kosten/Nutzen passen - wer von den Skeptikern würde sich nicht davon überzeugen lassen, dass das vielleicht doch eine richtig gute Sache ist? Was scherte einen dann das eigene dumme Geschwätz von vorgestern? Geschenkt.

Aber was um Himmels willen ist mit "Weiterbildung für Ärzte in Pharmakologie" gemeint, die dann zur "Medikationsanalyse" befähigen soll? Vielleicht die fünfjährige Weiterbildung in Innerer Medizin oder Allgemeinmedizin, um z. b. Hausarzt zu werden?

Diese "Weiterbildung" besteht bekanntlich neben z. b. der Diagnostik heutzutage zu einem Löwenanteil aus sog. "Klinischer Pharmakologie", d. h. der Lehre zur tagtäglichen Anwendung von Arzneimitteln, meistens sogar an echten Patienten. Was die Analyse einer vorliegenden Medikation und deren Optimierung regelmäßig beinhaltet ......

Ich fürchte allerdings, im Artikel ist was anderes, irgendwie was Fantasiertes gemeint, leider. So in der Richtung "Wenn Sie einem Hausarzt Medikationsmanagement zutrauen dann kann das auch meine Mutter am Küchentisch machen" (DAT 2014, die junge Kollegin in ihrem Furor werde ich nie vergessen).

Dieser Passus lässt einen daher daran zweifeln, dass man diesen Artikel überhaupt ernst nehmen kann. Oder ist das tatsächlich unbezwingbare pharmazeutische Folklore, sich bezüglich der klinisch-pharmakologischen Qualifikation von durchschnittlichen, zum Facharzt "weitergebildeten" Ärzten im Vergleich zu durchschnittlichen Pharmazie-Absolventen von Jahr zu Jahr immer mehr etwas vorzumachen?

Meine Güte, wenn WIR dermaleinst zum Glück gut honorierte Medikationsanalysen anbieten können, dann NICHT, weil wir es in der Regel besser als "Die Ärzte" können werden; sondern weil wir (bzw.: ein gewisser höher qualifizierter, sozial besonders kompetenter und geneigter Anteil der Kolleg/innen) eben diese Leistung partnerschaftlich anbieten wollen und können. Um die zeitlich anderweitig noch mehr als wir belasteten Ärzte mit einer von denen gewollten und am Besten: Per Überweisungsschein beauftragten und damit vielleicht sogar einmal profitabel abrechenbaren Zweitmeinung aus anderer Perspektive zu unterstützen.

Und ja, ich weiß: Noch besser als eine ärztliche Position einzunehmen kann man sich in der Kollegenschaft immer noch nicht ins Abseits stellen. Es ist ein dreckiger Job, aber einer muss ihn tun. Denn der Schulterschluss mit den Ärzten ist m. E. die höchste Priorität unserer Berufspolitik, um zur Systemrettung gemeinsam als Leistungserbringer noch rechtzeitig konstruktiv überhaupt etwas bewirken zu können. Gegen die außer Rand und Band geratenen "innovativen" Vabanque-Spieler des Gesundheitssystems in Politik und GKVen.

Dieser Schulterschluss wurde dieses Jahr den Apothekern von den Ärzten bereits mehrfach angeboten (z. B. Virchowbund), "Wir" ignorieren das bisher geflissentlich. Und dieser Schulterschluss wird - falls irgend ein/e Einäugige/r oder sogar Hellsichtige/r unter uns Blinden ihn doch einmal auch "Ganz Oben" einmal anzustreben wagen sollte - durch persistierende Ignoranz der interdisziplinierären Realitäten unsererseits nicht erleichtert.

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