Asthma

Erhöhtes Osteoporose-Risiko durch inhalative Corticoide

Stuttgart - 02.11.2020, 13:45 Uhr

Eine inhalative Corticoidtherapie konnte mit einem höheren Risiko für Osteoporose und Frakturen in Zusammenhang gebracht werden: Erhielten Asthmatiker elf oder mehr Verordnungen über ICS, war die Diagnose einer Osteoporose 1,6-Mal wahrscheinlicher als in der Kontrollgruppe. (Foto: Orawan / stock.adobe.com)

Eine inhalative Corticoidtherapie konnte mit einem höheren Risiko für Osteoporose und Frakturen in Zusammenhang gebracht werden: Erhielten Asthmatiker elf oder mehr Verordnungen über ICS, war die Diagnose einer Osteoporose 1,6-Mal wahrscheinlicher als in der Kontrollgruppe. (Foto: Orawan / stock.adobe.com)


Auch inhalative Corticoide erhöhen das Risiko für Osteoporose und Frakturen, und zwar in Abhängigkeit von der kumulativen Dosis. Ab elf jährlichen Verordnungen über Beclomethason-, Budesonid-, Ciclesonid oder Fluticason-Inhalatoren hatten Asthmatiker einer Studie zufolge ein 1,6-fach erhöhtes Osteoporose-Risiko. Eine Osteoporose-Prophylaxe erfolgte unzureichend, die Leitlinien berücksichtigen diese nicht.

334 Millionen Menschen leiden weltweit an Asthma, in der Therapie spielen inhalative (ICS) und auch orale Corticoide (OCS) eine wichtige Rolle bei der Entzündungshemmung. Vor allem die Stellung der ICS ist mit der jüngsten GINA-Empfehlung noch gestärkt worden: Die GINA (Global Initiative for Asthma) empfiehlt aktuell in ihrer 2020 aktualisierten „Global Strategy for Asthma Management and Prevention inhalative Corticoide“ Corticoide zur Inhalation bereits bei leichtem Asthma. Patienten mit mildem Asthma (Stufe 1: Asthmasymptome weniger als zweimal pro Monat) sollen bei Bedarf inhalative Corticoide in niedriger Dosis (in Kombination mit Formoterol) erhalten. Ab Stufe 2 (Asthmasymptome häufiger als zweimal pro Monat, jedoch nicht täglich) sieht die GINA die tägliche Inhalation von Corticoiden in niedriger Dosis vor (oder bei Bedarf ICS plus Formoterol). Patienten mit moderatem bis schwerem Asthma der Stufen 3 bis 5 erhalten ebenfalls inhalative Corticoide, jedoch in höheren Dosen und gemeinsam mit einem bronchienerweiternden langwirksamen β2-Agonisten. Bei schwerem Asthma oder mit akuten Verschlechterungen des Asthmas (Exazerbationen) können Patienten orale Corticoide erhalten.

Langfristige Effekte von Beclomethason, Budesonid, Ciclesonid, Fluticason und Prednisolon

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des durch die GINA gestärkten ICS-Einsatzes, interessierten sich die Wissenschaftler um Christos Chalitsios von der University of Nottingham (UK) für die Auswirkungen der Corticoide auf die Knochengesundheit der Asthmatiker. Ihre Fall-Kontroll-Studie („Risk of osteoporosis and fragility fractures in asthma due to oral and inhaled corticosteroids: two population-based nested case-control studies“) wurde jüngst im Fachjournal „Thorax“ des „British Medical Journal“ veröffentlicht. Dabei ging es bei den inhalativen Corticoiden um Beclomethason, Budesonid, Fluticason und Ciclesonid. Als orales Corticoid kam meistens (97 Prozent) Prednisolon zum Einsatz.

Wie wirken sich OCS und ICS auf Osteoporose und Frakturrisiko bei Asthmatikern aus?

Die britischen Forscher fanden ein dosisabhängig erhöhtes Risiko für Osteoporose und Fragilitäts-Frakturen – dazu zählten sie Brüche der Wirbel und der Hüfte, des Unterarms, des Oberarms und des Handgelenks. Offene Brüche wurden ausgeschlossen, da diese normalerweise nicht durch spröde Knochen, sondern eine massive äußere Krafteinwirkung verursacht werden. Die Wissenschaftler werteten dafür Daten von 15,4 Millionen Briten aus, bei denen im Zeitraum zwischen April 2014 und Dezember 2017 Asthma diagnostiziert worden war. Dabei wurde ein Asthmapatient mit Osteoporose oder erlittenen Frakturen mit bis zu vier zufällig ausgewählten Asthmatikern (gleiches Alter und Geschlecht) derselben Arztpraxis verglichen. Diese Asthmapatienten hatten jedoch keine Osteoporose oder Knochenbrüche. Von 69.074 Asthmatikern litten 1.564 zusätzlich an Osteoporose (Kontrollgruppe ohne Osteoporose: 3.313) und 2.131 hatten Frakturen (Kontrollgruppe ohne Knochenbrüche: 4.421) erlitten.

Neun und mehr Prednisolon-Rezepte: 4,5-fach erhöhtes Risiko für Osteoporose

Je häufiger orale Corticoide verordnet wurden, desto häufiger wurden Osteoporose und Frakturen berichtet: Bereits bei zwei bis drei Prednisolon-Verordnungen zeigte sich ein erhöhtes Risiko für Osteoporose, lagen neun oder mehr Prednisolon-Verordnungen im jeweiligen Vorjahr vor, erhöhte sich das Risiko einer Osteoporose um das 4,5-Fache. Die kumulative Dosis geben die Wissenschaftler mit 2.500 mg Prednisolon an. Dieser Effekt zeigte sich auch, selbst wenn weniger ausgeprägt, bei den Knochenbrüchen: Das Frakturrisiko stieg ab neun Prednisolon-Verordnungen um das 2,16-Fache verglichen mit Asthmatikern, die keine Prednisolon-Verordnung erhalten hatten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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