DAZ-Adventsrätsel – Tag 19

Der Schriftsteller und die Depression

19.12.2020, 01:00 Uhr

Der alte Mann und das Meer – auch dafür erhielt Ernest Hemingway 1954 den Nobelpreis für Literatur. (Foto: sergemi / stock.adobe.com)

Der alte Mann und das Meer – auch dafür erhielt Ernest Hemingway 1954 den Nobelpreis für Literatur. (Foto: sergemi / stock.adobe.com)


Gelobt für einen frischen Stil der Erzählung wird Ernest Hemingway ausgezeichnet „für seine kraftvolle und stilbildende Beherrschung der modernen Erzählkunst“, so das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung. Doch tatsächlich litt er unter Depressionen und Selbstzweifeln.

Der 1899 geborene Ernest Hemingway war ein junger dynamischer Mann, der – aus der Provinz kommend – mit 18 Jahren im aufstrebenden Kansas City Journalist werden wollte. Doch er wurde ausgebremst, als 1917 die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten. Hemingway meldete sich freiwillig zum Sanitätskorps des amerikanischen Roten Kreuzes und wurde an der italienischen Front eingesetzt. Nach den schrecklichen Erfahrungen, die er dort gemacht und körperlich unbeschadet überlebt hatte, lebte und arbeitete er extrem und exzessiv. Vor allem während seiner Pariser Jahre: Nach dem Krieg ging er als Korrespondent für den „Toronto Star“ in die Stadt an der Seine und lernte dort die Avantgarde der modernen Kunst und Literatur kennen: Pablo Picasso, Joan Miró, Paul Cézanne, Gertrude Stein, James Joyce, F. Scott Fitzgerald. 1928 zog Hemingway zurück nach Amerika. Doch es trieb ihn immer weiter um. Er reiste durch die Welt und lebte unter anderem von 1939 bis 1961 mit Unterbrechungen auf Kuba. Hemingway hatte vier Ehen und fünf Kinder, war Kriegsberichterstatter, Abenteurer, Hochseefischer und Großwildjäger, ihn begeisterten der Stierkampf und Boxen. Er galt als Meister der Kurzgeschichte, schrieb Kurzgeschichten über den Krieg, die erst nach seinem Tod veröffentlicht wurden, und natürlich „Der alte Mann und das Meer“, wofür er mit dem Pulitzer-Preis und dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde. Doch er litt auch an Depression – wie viele in seiner Familie. Sein Vater beging Selbstmord, als Hemingway 29 Jahre alt war. Als Folge einer Depression wählten auch sein Bruder und seine Schwester den Suizid. Auch seine Enkelin setzte fünfunddreißig Jahre nach Hemingways Freitod ihrem Leben ein Ende. Vermutlich litt Hemingway unter einer bipolaren Störung mit Depressionen, Verfolgungswahn, Aggressionsschüben und manischen Stimmungsschwankungen. Die medikamentöse Therapie steckte in den USA der 60er-Jahre noch in den Kinderschuhen, die Palette an Wirkstoffen beschränkte sich auf wenige Präparate mit teilweise belastenden Nebenwirkungen, die Einstellung auf die individuellen Bedürfnisse eines Patienten fiel schwer. Hemingway versuchte seine manisch-depressive Krankheit im Alkohol zu ertränken. Vergeblich. Er bekam Medikamente und eine Elektrokrampftherapie – im Dezember 1960, sechs Monate vor seinem Tod, waren es allein fünfzehn Prozeduren. Auch das ohne Erfolg, er fühlte „sein Gedächtnis wie ausradiert“, doch die Depressionen blieben. Schließlich erschoss sich Hemingway 1961 mit einem Jagdgewehr. Das erste klassische Antidepressivum kam in den USA gerade einmal zwei Jahre vor Hemingways Tod auf den Markt. Wie dieser Wirkstoff wirkte, wusste man damals noch nicht genau, nur dass er eine positive Wirkung hatte, war belegt.

Welches Antidepressivum war es?

 

Gesucht war das tricyclische Antidepressivum Imipramin, das erst 1959 in den USA zugelassen wurde.


Diesen Artikel teilen: