Seltene Form der Hämophilie

Was ist eigentlich die Weihnachtskrankheit?

Stuttgart - 26.12.2020, 07:00 Uhr

Auch wenn es zunächst so klingen mag, die Weihnachtskrankheit hat nichts mit Weihnachten zu tun. (c / Foto: Orawan / stock.adobe.com)

Auch wenn es zunächst so klingen mag, die Weihnachtskrankheit hat nichts mit Weihnachten zu tun. (c / Foto: Orawan / stock.adobe.com)


Mit dem Weihnachtsfest hat die Weihnachtskrankheit (Christmas Disease) trotz ihres Namens nichts zu tun. Die seltene Erkrankung wurde vielmehr nach dem ersten beschriebenen Patienten im Jahr 1952 benannt. Es handelte sich um einen kleinen britischen Jungen namens Stephen Christmas.

Die Weihnachtskrankheit wird auch Faktor-9-Mangelkrankheit bzw. Hämophilie B genannt. Wie die häufigere Hämophilie A ist sie eine „Bluterkrankheit“. Dieses Leiden war im 19. und 20. Jahrhundert in den europäischen Königshäusern weit verbreitet. Es kam damals fast einem Todesurteil gleich. Schon kleinste Verletzungen bedeuteten Lebensgefahr. Da die Hämophilie X-chromosomal rezessiv vererbt wird, sind die Patienten überwiegend männlich. Frauen fungieren jedoch als Überträgerinnen. Sie können die Krankheit an ihre Söhne weitergeben.

Gerinnungsfaktoren fehlen

Bei „Blutern“ produziert die Leber einen Blutgerinnungsfaktor nur unzureichend oder gar nicht. Im Falle der Hämophilie A – der klassischen Hämophilie – mangelt es am Faktor 8, bei der deutlich selteneren Hämophilie B – also der Weihnachtskrankheit – fehlt der Faktor 9. Die Folge ist bei beiden Hämophilie-Typen gleich: Wunden schließen sich gar nicht oder nur sehr langsam. Auch kommt es immer wieder zu inneren Blutungen. Zudem verursachen wiederholte Einblutungen in die Gelenke frühzeitig eine Arthrose.

Therapeutischer Ersatz

Heutzutage kann „Blutern“ gut geholfen werden. Bei schwerer Hämophilie, von der in Deutschland circa 6.000 Menschen betroffen sind, wird zur Vorbeugung von Blutungen der fehlende Gerinnungsfaktor injiziert. Dies muss regelmäßig mehrmals wöchentlich geschehen. Die Betroffenen können dann ein relativ normales Leben führen. Bei Hämophilie A gibt es seit Kurzem zwei weitere Therapieoptionen: einen speziellen Antikörper (Emicizumab) sowie einen gentechnisch veränderten Faktor 8 (Damoctocog alfa pegol).

Hoffnung auf Gentherapie

Hämophilie-Patienten können außerdem auf eine zukünftige Gentherapie hoffen. Hierbei wird eine gesunde Variante des Gens, das für die Produktion des Gerinnungsfaktors zuständig ist, in Leberzellen eingeschleust. Die Zellen produzieren im Idealfall den Gerinnungsfaktor dann wieder ausreichend. Eine solche Therapie wird derzeit in Studien untersucht.

Weihnachtskrankheit in Kürze

  • Seltene Form der Hämophilie („Bluterkrankheit“) mit Mangel am Gerinnungsfaktor 9, als Hämophilie B bekannt
  • Als „Weihnachtskrankheit“ (Christmas Disease) benannt nach erstbeschriebenem Patienten namens Stephen Christmas. 
  • X-chromosomal vererbt, weshalb fast nur Jungen betroffen sind
  • Aufgrund des Faktormangels enorm verlängerte Blutungszeiten mit Gefahr des Verblutens, außerdem innere Blutungen
  • Behandlung durch Ersatz des Blutgerinnungsfaktors mittels regelmäßiger Injektionen, zukünftig eventuell Gentherapie möglich

Quellen: Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI); Deutsche Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten e.V.; Universitätsklinikum Freiburg


Ulrike Weber-Fina, Diplom-Biologin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.