Cholesterolsenker

Bempedoinsäure eröffnet neue Möglichkeiten

28.12.2020, 09:15 Uhr

Wenn Statine versagen: Erste Medikamente mit dem Wirkstoff Bempedoinsäure sind zur Behandlung der primären Hypercholesterol­ämie bzw. gemischten Dyslipid­ämie zugelassen. (c / Foto: roger ashford / stock.adobe.com)

Wenn Statine versagen: Erste Medikamente mit dem Wirkstoff Bempedoinsäure sind zur Behandlung der primären Hypercholesterol­ämie bzw. gemischten Dyslipid­ämie zugelassen. (c / Foto: roger ashford / stock.adobe.com)


Statine sind als Cholesterol-Senker aus dem Apothekenalltag nicht mehr wegzudenken. Allzu häufig werden jedoch trotz höchster Dosis nicht die gewünschten Blutfettwerte erreicht. Abhilfe schaffen kann der seit November 2020 auf dem Markt erhältliche Wirkstoff Bempedoinsäure (Nilemdo), der die Cholesterol-Synthese auf neuartige Weise hemmt und das „schlechte“ LDL-Cholesterol deutlich senkt.

Cholesterol ist ein zentrales Biomolekül unseres Körpers. Durch genetische Faktoren oder die Ernährung kann die Regulation des Cholesterols aus dem Gleichgewicht geraten, in der Folge steigt dessen Konzentration im Blut. Vor allem das sogenannte LDL-Cholesterol (Lipoproteine geringer Dichte) ist an der Entstehung arteriosklerotischer Plaques beteiligt und begünstigt so kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlag­an­fälle. Um diese lebensbedrohlichen Komplikationen zu verhindern, müssen erhöhte Cholesterolwerte gesenkt werden. 

Ein Gastkommentar zum neuen LDL-Cholesterol-Senker Bempedoinsäure

„Weniger muskuläre Beschwerden als unter Statinen“

Verschiedene medikamentöse Möglichkeiten stehen zur Verfügung, wobei Statine meist den Hauptbaustein einer lipidsenkenden Therapie darstellen. Sie hemmen die Biosyn­these des Cholesterols in der Leber, indem sie das Enzym HMG-CoA-Reduktase (3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-­Coenzym-A-Reduktase) inhibieren (s. Abb. 1). Oftmals können die Chol­esterol-Werte jedoch auch mit maximalen Dosierung der Statine oder aufgrund einer Intoleranz nicht ausreichend gesenkt werden, sodass weiterhin ein Medical Need besteht.1,2

Abb. 1: Das Prodrug Bempedoinsäure wird zunächst in der Leber über das Enzym „Langkettige Acyl-CoA-Synthetase-1“ (ACSV1) in die aktive Form ETC-1002-CoA überführt. Diese hemmt die ATP-Citrat-Lyase (ACL) und verhindert so, dass Citrat in Acetyl-Coenzym A umgewandelt wird. Somit steht weniger dieses wichtigen Ausgangsproduktes zur Biosynthese von Cholesterol zur Verfügung. Das Enzym HMG-CoA-Reduktase ist ein weiterer wichtiger Schritt in diesem Stoffwechselweg und kann von Statinen inhibiert werden.

Für schwierige Fälle

Die Europäische Kommission hat im April 2020 einen neuartigen Cholesterol-Senker zugelassen: Bempedoinsäure. Der Arzneistoff ist ein Prodrug, welches in der Leber durch das Enzym ACSVL1 (Very-long-chain-Acyl-CoA-Synthetase 1) in die aktive Form Bempedoyl-CoA umgewandelt wird.3 Dieses hemmt die Adenosintriphosphat-Citrat-Lyase (ACL), welche Citrat in Acetyl-CoA umwandelt, dem Ausgangsprodukt der Cholesterol-Biosynthese. Der Arzneistoff greift somit oberhalb der HMG-CoA-Reduktase, dem Target der Statine, in den Stoffwechselweg ein (s. Abb. 1).1 Da die Zelle so weniger Cholesterol selbst bildet, erhöht sie die LDL-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche, um mehr LDL-Cholesterol aus dem Blut aufzunehmen, wodurch der LDL-Cholesterol-Spiegel sinkt. Der Zulassungsinhaber Daiichi Sankyo hat im November 2020 das Monopräparat Nilemdo® (180 mg Bempedoinsäure) und das Kombinationspräparat Nustendi® (180 mg Bempedoinsäure, 10 mg Ezetimib) auf den deutschen Markt gebracht. Die Medikamente sind zugelassen zur Behandlung der primären Hypercholesterol­ämie bzw. gemischten Dyslipid­ämie bei Erwachsenen. Beide können allein oder zusammen mit Statinen und weiteren lipidsenkenden Medikamenten verordnet werden, wenn z. B. die Lipidspiegel mit Statinen nicht ausreichend gesenkt werden konnten oder wenn Statine unverträglich oder kontraindiziert sind. Die Präparate sind einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten einzunehmen.3,4



Dr. Tony Daubitz, Apotheker
redaktion@daz.online


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