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Sozialgericht Karlsruhe
Jobcenter muss Arbeitssuchendem 20 FFP2-Masken pro Woche bereitstellen
Nicht zu knapp: Das Sozialgericht Karlsruhe hat einem Arbeitssuchenden 20 FFP2-Masken pro Woche zugesprochen. Diese soll das Jobcenter entweder als Sachleistung zur Verfügung stellen – oder monatlich 129 Euro zusätzlich zahlen.
Viele Menschen pflegen derzeit eine Maskengarderobe: Auf der gibt es eine FFP2-Maske für jeden Wochentag – jede von ihnen wird sieben Tage lang gelüftet, ehe sie erneut getragen wird. Die allermeisten Empfänger:innen von Arbeitslosengeld II warten indessen auf das Informationsschreiben ihrer Krankenkasse, das sie berechtigt, zehn FFP2-(oder gleichwertige) Schutzmasken in der Apotheke abzuholen. Dagegen hat ein Arbeitsuchender, der vor Gericht gezogen ist, weitaus mehr für sich erreicht: Das Sozialgericht Karlsruhe gab vergangene Woche seinem Eilantrag auf „Gewährung eines im Epidemie-bedingten Einzelfall unabweisbaren Hygienebedarfs an FFP2-Masken“ bis zum Sommeranfang am 21. Juni 2021 statt. Es nahm einen „besonderen Mehrbedarf“ an wöchentlich 20 FFP2-Masken an – diesen habe der Antragsteller glaubhaft gemacht. Wenn das Jobcenter die Masken nicht als Sachleistung verschicken wolle, könne es auch zusätzlich zum Regelsatz monatlich 129 Euro an ihn zahlen. Bei 80 Masken im Monat wäre das ein Preis von etwa 1,60 Euro je Maske.
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In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es, ohne Mund-Nasen-Bedeckungen dieses Standards seien Empfänger:innen von Grundsicherungsleistungen in ihrem Grundrecht auf sozialen Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt. Nach drei Monaten Lockdown müssten Arbeitsuchende wieder am Gemeinschaftsleben in einer dem sozialen Existenzminimum entsprechenden Art und Weise teilnehmen können.
OP-Maske reicht nicht
Auf Alltags- oder OP-Masken müssten sie sich nicht verweisen lassen. Diese seien „für den Infektionsschutz vor SARS-CoV-2-haltigen Aerosolen in der Straßenbahn, im Supermarkt, im Treppenhaus, im Wartezimmer, in der Leichenhalle etc. – auch angesichts der Virusvarianten – nicht gut genug geeignet“. Wer bei alltäglichen Erledigungen nur eine OP-Maske gebrauche und dann einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit – für das Sozialgericht eine gefährliche Körperverletzung. Die Richter meinen: Nur weil FFP2-Masken lediglich in Krankenhäusern oder Pflegeheimen vorgeschrieben seien und andernorts OP-Masken genügten, sei es nicht erlaubt, sich derart „verbotswidrig“ zu verhalten.
Bärendienst für den Infektionsschutz
Bei der Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken gehe es nicht nur um private Bedürfnisse. Sie diene auch dem Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus. Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr sind laut Gericht wöchentlich 20 FFP2-Masken nötig. Dem Infektionsschutz werde „ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich circa zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden“, heißt es in der Pressemitteilung. Es sei davon auszugehen, dass nur wenige Personen bereit und fähig seien, zuverlässig die hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Und letztlich seien die Masken ja auch nur zum Einmalgebrauch konstruiert. Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden gegebenenfalls über mehrere Tage und Wochen ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen, die nur den falschen Anschein des Infektionsschutzes erweckten. „Der massenhaft irreführende Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre aber dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich“, so die Richter.
Der Kammerbeschluss ist rechtskräftig. Er gilt allerdings nur im konkret entschiedenen Fall und kann nicht auf alle ALG-Empfänger:innen übertragen werden.
Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2021, Az. S 12 AS 213/21 ER.
5 Kommentare
Masken und Sicherheitsbekleidung
von Axel Schroeder am 20.02.2021 um 2:29 Uhr
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Herr Spahn hat da wohl ganz groß einkaufen lassen ....
von Bernd Jas am 16.02.2021 um 20:24 Uhr
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von Stefan Haydn am 16.02.2021 um 18:36 Uhr
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von Thomas am 16.02.2021 um 18:25 Uhr
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AW: Zeitumkehrer als Zugabe
von Karin am 18.02.2021 um 8:50 Uhr
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