Sozialgericht Karlsruhe

Jobcenter muss Arbeitssuchendem 20 FFP2-Masken pro Woche bereitstellen

Berlin - 16.02.2021, 16:45 Uhr

20 FFP2-Masken pro Woche konnte ein Arbeitsuchender vor Gericht für sich durchsetzen. (Foto: Jérôme Bertin / stock.adobe.com)

20 FFP2-Masken pro Woche konnte ein Arbeitsuchender vor Gericht für sich durchsetzen. (Foto: Jérôme Bertin / stock.adobe.com)


Nicht zu knapp: Das Sozialgericht Karlsruhe hat einem Arbeitssuchenden 20 FFP2-Masken pro Woche zugesprochen. Diese soll das Jobcenter entweder als Sachleistung zur Verfügung stellen – oder monatlich 129 Euro zusätzlich zahlen.

Viele Menschen pflegen derzeit eine Maskengarderobe: Auf der gibt es eine FFP2-Maske für jeden Wochentag – jede von ihnen wird sieben Tage lang gelüftet, ehe sie erneut getragen wird. Die allermeisten Empfänger:innen von Arbeitslosengeld II warten indessen auf das Informationsschreiben ihrer Krankenkasse, das sie berechtigt, zehn FFP2-(oder gleichwertige) Schutzmasken in der Apotheke abzuholen. Dagegen hat ein Arbeitsuchender, der vor Gericht gezogen ist, weitaus mehr für sich erreicht: Das Sozialgericht Karlsruhe gab vergangene Woche seinem Eilantrag auf „Gewährung eines im Epidemie-bedingten Einzelfall unabweisbaren Hygienebedarfs an FFP2-Masken“ bis zum Sommeranfang am 21. Juni 2021 statt. Es nahm einen „besonderen Mehrbedarf“ an wöchentlich 20 FFP2-Masken an – diesen habe der Antragsteller glaubhaft gemacht. Wenn das Jobcenter die Masken nicht als Sachleistung verschicken wolle, könne es auch zusätzlich zum Regelsatz monatlich 129 Euro an ihn zahlen. Bei 80 Masken im Monat wäre das ein Preis von etwa 1,60 Euro je Maske.

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In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es, ohne Mund-Nasen-Bedeckungen dieses Standards seien Empfänger:innen von Grundsicherungsleistungen in ihrem Grundrecht auf sozialen Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt. Nach drei Monaten Lockdown müssten Arbeitsuchende wieder am Gemeinschaftsleben in einer dem sozialen Existenzminimum entsprechenden Art und Weise teilnehmen können. 

OP-Maske reicht nicht

Auf Alltags- oder OP-Masken müssten sie sich nicht verweisen lassen. Diese seien „für den Infektionsschutz vor SARS-CoV-2-haltigen Aerosolen in der Straßenbahn, im Supermarkt, im Treppenhaus, im Wartezimmer, in der Leichenhalle etc. – auch angesichts der Virusvarianten – nicht gut genug geeignet“. Wer bei alltäglichen Erledigungen nur eine OP-Maske gebrauche und dann einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit – für das Sozialgericht eine gefährliche Körperverletzung. Die Richter meinen: Nur weil FFP2-Masken lediglich in Krankenhäusern oder Pflegeheimen vorgeschrieben seien und andernorts OP-Masken genügten, sei es nicht erlaubt, sich derart „verbotswidrig“ zu verhalten.

Bärendienst für den Infektionsschutz

Bei der Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken gehe es nicht nur um private Bedürfnisse. Sie diene auch dem Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus. Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr sind laut Gericht wöchentlich 20 FFP2-Masken nötig. Dem Infektionsschutz werde „ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich circa zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden“, heißt es in der Pressemitteilung. Es sei davon auszugehen, dass nur wenige Personen bereit und fähig seien, zuverlässig die hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Und letztlich seien die Masken ja auch nur zum Einmalgebrauch konstruiert. Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden gegebenenfalls über mehrere Tage und Wochen ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen, die nur den falschen Anschein des Infektionsschutzes erweckten. „Der massenhaft irreführende Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre aber dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich“, so die Richter.

Der Kammerbeschluss ist rechtskräftig. Er gilt allerdings nur im konkret entschiedenen Fall und kann nicht auf alle ALG-Empfänger:innen übertragen werden.

Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Februar 2021, Az. S 12 AS 213/21 ER.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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5 Kommentare

Masken und Sicherheitsbekleidung

von Axel Schroeder am 20.02.2021 um 2:29 Uhr

So wie die Politik ihren Pandemieschutz vorgenommen hat , lag kein richtiger Pandemieplan vor! Die Politik haette einfach den Pandemienplan der WHO zugrunde nehmen muessen um die modernen Pandemieschutz sicher zu stellen.
Denn die WHO ist mit jeder Pandemie betroffem gewesen, dadurch ist das Wissen der veraenderten Viren und das verhalten klar nach voll ziehbar.
Dadurch kann man nach voll ziehen, welcher Pandemieschutz bei den heutigen
Vieren notwendig ist und was nicht.
Da die Wirtschaft jast in time arbeitet muss die Politik den Pandemieschutz davor einbinden.
Das diese Artikel auch nicht ueberlagern kann und dadurch nicht entsorgt werden muss!
Zudem waehre es ineresant zu ueberpruffen ob man die Sicherheitsbekleidung haltbarer verpacken
kann! Dazu sollte man das verpacken von Sachen von den Treppern nutzen.
Das man diese Artikel in Alutaschen Vakuum verpackt wird und ueberprueft wie lange diese Sachen wie Masken ihre Sicherheit behalten. Denn man muss nicht
das Rad immer neu erfinden!
DIeses verhalten haette die Probleme mit der Versorgung in der Pandemie nicht in der Form vorgelegen.
Wenn bis heute die Meschen im Pflegeberufen immernoch mit der Versorgung und Beschaffung probleme haben ist dieses eine Bankott erklaerung der Politik . Da kann man nur zu allen Politikern sagen : Zensur sechs setzen!
Wenn man dieses Gerichtsurteil geltung verschaffen sollte muesten alle Arbeitnehmer die Politik als Sammelklage wegen vorsaetzlicher koerperverletzung der Mitarbeiter und Partenten verkagen eine andere Sprache verstehen die Politiker nicht !
Um rechtsstaatlich ein veraendertes verhalten der Politik fuer die Buergersicher zu stellen!
Mit freundlichen Griss
Axel Schroeder

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Herr Spahn hat da wohl ganz groß einkaufen lassen ....

von Bernd Jas am 16.02.2021 um 20:24 Uhr

.... und jetzt müssen die Dinger raus. Wobei der Preis nun schon auf 1.60 €uronen gedrückt ist.
Da machen wir doch gerne weiter mit.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Neueste Erkenntnisse

von Stefan Haydn am 16.02.2021 um 18:36 Uhr

Nach den neuesten Daten aus den USA kann er doch auch zwei OP-Masken übereinander tragen, oder OP- und Stoffmaske. Ist vergleichbar gut und viel billiger!
Vlt. sollte man die Richter mal aufklären.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zeitumkehrer als Zugabe?

von Thomas am 16.02.2021 um 18:25 Uhr

Ich bin sprachlos! Der werte Herr trägt seine Masken also 24 h am Tag.......

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zeitumkehrer als Zugabe

von Karin am 18.02.2021 um 8:50 Uhr

Ich bin völlig bei Ihnen, ich finde es auch völlig logisch, dass ein normaler Mensch 3 FFP 2 Masken am Tag braucht wo manche Ärzte/ Ärtzinnen und Krankenschwestern/Pfleger Ihre Masken wiederverwenden müssen....
Armes Deutschland

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