Ausbreitung von Indien

Terbinafin-resistenter Pilz in Deutschland

Stuttgart - 22.02.2021, 12:15 Uhr

Trichophyton mentagrophytes in einer Petrischale. (Foto: Alessandro Grandini / stock.adobe.com)

Trichophyton mentagrophytes in einer Petrischale. (Foto: Alessandro Grandini / stock.adobe.com)


Aufgrund von Mutationen zeichnet sich Trichophyton (T.) mentagro­phytes Typ VIII vor allem durch das fehlende Ansprechen auf eine Therapie mit Terbinafin aus. Ein Dilemma, das sich längst nicht mehr nur auf den indischen Subkontinent, den Ursprungsort des Erregers, begrenzen lässt.

Trichophyton (T.) mentagrophytes gehört zur Gattung der Trichophyten und ist Verursacher verschiedener Dermatophytosen. Sich von Keratin ernährend, befällt der Pilz ausschließlich keratinhaltige Strukturen wie die Hornschicht der Haut, Nägel oder Haare. Betroffene Hautstellen weisen meist einen minimalen bis hohen Entzündungsgrad auf und jucken stark. Größere Läsionen koaleszieren häufig und breiten sich dann auch auf andere Körperstellen aus. Normalerweise sind diese Infektionen gut behandelbar. Vor allem Terbinafin (z. B. Lamisil®) war lange Mittel der ersten Wahl. Terbinafin gehört der Klasse der Allylamine an und wird vor allem bei oberflächlichen Pilzinfektionen wie den Dermatophytosen eingesetzt – sowohl topisch als auch systemisch.

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In der Pilzzelle hemmt Terbinafin die Squalen-Monooxygenase und so die Ergosterol-Synthese der Zellmembran und damit Wachstum und Verbreitung des Erregers. In den letzten Jahren kam es jedoch immer häufiger zu Dermatophytosen mit T. mentagrophytes Typ VIII, die schwer und chronisch verlaufen und bei denen eine Therapie mit Terbinafin nicht anschlägt. T. mentagrophytes Typ VIII ist vor allem in Indien und umliegenden Ländern von großer Bedeutung.

Ausbreitung von Indien

Durch die fortschreitende Vernetzung der Welt kommt es jedoch auch in Europa immer häufiger zu Infektions- und auch Resistenz-Fällen mit T. mentagrophytes Typ VIII. Ärzte und Wissenschaftler verschiedener deutscher Hautarztpraxen und Kliniken wollten diese Thematik quantifizieren und haben dazu über den Zeitraum 2016 bis 2020 Hautproben von Patient:innen untersucht, die an einer chronischen Dermatophytose litten und bei denen aufgrund eines Nichtansprechens von Terbinafin der Verdacht auf einen resistenten T. mentagrophytes Typ VIII bestand. Zur Bestätigung des Erregers wurden Isolate mittels Anzucht in Kultur oder molekularbiologischer DNA-Analyse untersucht.

Und tatsächlich: Insgesamt konnte in den Gewebeproben von 29 Patienten T. mentagrophytesTyp VIII ausfindig gemacht werden. Es zeigte sich, dass 13 der 29 Isolate (45 Prozent) Terbinafin-resistent waren. Drei Kulturen davon sprachen auch nicht auf eine Therapie mit Itraconazol oder Voriconazol an. Die isolierten Proben wurden sequenziert, um einerseits über phylogenetische Bäume die Rückverfolgung der Verbreitung zu ermöglichen und andererseits Mutationen im Pilzgenom zu untersuchen. In zehn der 13 resistenten Pilzvarianten konnten verschiedene Punktmutationen im Squalen-Mono­oxygenase(SQLE)-Gen gefunden werden. 

Dieser Artikel erschien in der DAZ 
Ausgabe 7 / 2021, Seite 36

Alle Patient:innen lebten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in Deutschland, hatten jedoch größtenteils ausländische Wurzeln (z. B. Indien, Pakistan, Bangladesch). Nachdem mehrere andere Therapien zuvor nicht angesprochen hatten, versuchten die Wissenschaftler alternativ eine topische Kombinationsbehandlung aus Ciclopirox (z. B. Batrafen®) und Miconazol (z. B. Micotar®) oder Sertaconazol (z. B. Mykosert®). Zudem erwies sich eine parallel erfolgende systemische Therapie mit zweimal täglich 200 mg Itraconazol über mindestens vier bis acht Wochen als hilfreich.


Laura Kneller, MSc Toxikologie
redaktion@daz.online


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