Aber dann beginnt zwingend ein Abwägungsprozess, der die Vor- und Nachteile eines weiteren Einsatzes des betroffenen Arzneimittels gegenüberstellt und in der Folge zu einer nachvollziehbaren Entscheidung führen muss.
In unserem Fall bedeutet das: Wir stecken mitten in einer Pandemie, die viele Todesopfer fordert und Schwererkrankte mit Langzeitfolgen zurücklässt. Die Zahl der verfügbaren Impfstoffe ist begrenzt und die Liefermengen zurzeit deutlich zu niedrig. Jetzt wegen der Prüfung (!) einer sehr seltenen Nebenwirkung einen der verfügbaren Impfstoffe vom Markt zu nehmen, ist schlicht Unsinn. Nicht nur wird das Vertrauen in diesen Impfstoff auch bei einer möglichen späteren Wiedereinführung nachhaltig zerstört sein, es kostet sehr wahrscheinlich mehr Menschenleben, nicht mit dem Impfstoff zu impfen, als ihn weiter anzuwenden.
Deshalb ist die Entscheidung klar: Weiterimpfen und die Impfkandidaten über die mögliche Nebenwirkung und ihr persönliches Gesamtrisiko aufklären. Kein wirksames Arzneimittel ist eben ohne Nebenwirkungsrisiko. Würden unsere Entscheider sich nicht hinter ängstlichen Behördenempfehlungen verstecken, die zudem offensichtlich die Gesamtsituation aus dem Auge verloren haben, wäre das aus meiner Sicht momentan zwingend die korrekte Entscheidung im Sinne der Arzneimittelsicherheit und im Sinne der Menschen.
Diese Entscheidung könnte und müsste aus Gründen der Arzneimittelsicherheit durchaus anders ausfallen, hätten wir genügend Impfstoff zur Verfügung. Da wir aber Alternativen, zum Beispiel Sputnik V, trotz deren mittlerweile millionenfachen und weltweiten Einsatzes noch immer nicht zugelassen haben (wir prüfen und prüfen und prüfen – was eigentlich? Die Aktenlage? Die politische Kompatibilität?), steht uns diese Möglichkeit nicht offen. Auch dafür sollte jemand die Verantwortung übernehmen.
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von Norbert Brand am 18.03.2021 um 9:07 Uhr
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