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Ärger um Impfstoff-Bestellungen
„Hausärzte können nicht plötzlich AstraZeneca rehabilitieren“
Das Image des Impfstoffs von AstraZeneca ist angeschlagen, Patienten lehnen Impfungen ab. Das bekommen vor allem die niedergelassenen Ärzte zu spüren, die seit 7. April bundesweit in die Impfkampagne einbezogen sind. Einige Mediziner ärgern sich, dass sie Comirnaty und Vaxzevria bisher ausschließlich im Verhältnis 1:1 bestellen können. Das wiederum macht den Apotheken das Leben schwer. Viele Ärzte wünschen sich vor allem eins: mehr Aufklärung vonseiten der Politik.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (alle SPD) haben es getan – und sich mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen. Für sie sei dies eine Selbstverständlichkeit, sagte die 62-jährige Köpping nach ihrem Impftermin am vergangenen Sonntag. „Die sehr gute Wirksamkeit des Impfstoffs ist bestätigt, er schützt zuverlässig vor schweren COVID-19-Krankheitsverläufen, die Nebenwirkungen sind sehr selten.“
Als Köpping im Leipziger Impfzentrum zu Gast ist, hat sie lokale Prominenz bei sich. Die Rektorin der Universität Leipzig, Professor Beate Schücking, selbst Medizinerin, und die Kanzlerin der Hochschule, Apothekerin Birgit Dräger, lassen sich ebenfalls medienwirksam AstraZeneca verabreichen. Am heutigen Freitag war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Reihe. Helfen diese Vorstöße, das angekratzte Image des Impfstoffs aufzuwerten?
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Ilka Enger, Internistin mit eigener Praxis in Bayern, glaubt nicht daran. „Das kommt zu spät“, sagt sie im Gespräch mit DAZ online. Die Liste der Patienten, die sich von Enger impfen lassen wollen, werde zwar länger. „Aber für AstraZeneca habe ich so gut wie keine passenden Patienten. 80 Prozent passen vom Risikoprofil her nicht auf diesen Impfstoff, sei es wegen eigenen Vorerkrankungen, oder weil es bereits Thrombosen in der Familie gab.“ Immer wieder höre sie aber auch: „Ich lasse mich nur mit Biontech impfen“.
Was Enger ärgert, ist die Informationspolitik des Paul Ehrlich Instituts (PEI). Nach ihrer Überzeugung müsste das PEI wissen, welche Risikofaktoren diejenigen hatten, die nach einer Impfung mit AstraZeneca Thrombosen erlitten haben. Gebe es darüber mehr Informationen für die niedergelassenen Ärzte, könnte sie ihre Patienten zum einen besser beraten, zum anderen Patienten gezielter auswählen. „Ich habe nichts gegen den AstraZeneca-Impfstoff, aber als Ärztin muss ich das Risiko für meine Patienten abwägen können.“ Enger werde das bereits gelieferte AstraZeneca nun im Kühlschrank ihrer Praxis aufbewahren und darauf hoffen, dass doch noch Patienten kommen, die den Impfstoff wollen. Ungeöffnet ist Vaxzevria laut Fachinformation bei 2 bis 8 °C sechs Monate lang haltbar.
Weniger Geduld hat offenbar Sylvana Kretschmar aus dem sächsischen Niesky. Im Gespräch mit der „Sächsischen Zeitung“ sagte die Hausärztin: „Wenn das alles so weitergeht, mache ich hier dicht und gehe ins Impfzentrum.“ Dort verdiene sie auch mehr, als in der Praxis, wenngleich dieser Umstand nicht der Grund ihres Ärgers ist. Sie stört sich zum einen an der Zuteilung der Impfstoffe, und dass sie Biontech-Impfstoff vorübergehend nur dann geliefert bekommt, wenn sie auch AstraZeneca bestellt. Zum anderen findet sie: „Hausärzte können nicht plötzlich AstraZeneca rehabilitieren.“ Vielmehr sei die Politik gefragt. Kretschmar führe inzwischen eine Strichliste, wer sich in ihrer Praxis überhaupt mit AstraZeneca impfen lassen will.
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