Infoveranstaltung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Overwiening: Bei Honorarkürzung Ungehorsam?

Berlin - 16.06.2021, 15:15 Uhr

Overwiening nannte den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine „heftige Sache“. (c / Foto: DAZ.online / Infoveranstaltung der AKWL)

Overwiening nannte den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine „heftige Sache“. (c / Foto: DAZ.online / Infoveranstaltung der AKWL)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant offenbar, die Vergütung für die Apotheken für das Erstellen digitaler Impfnachweise von 18 auf 6 Euro einzudampfen. Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, fand deutlich Worte für den Vorstoß. Und auch AVWL-Chef Klaus Michels will sich das Vorgehen des Ministers nicht länger gefallen lassen und forderte eine klare Positionierung der ABDA dazu.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Wie aus Teilnehmerkreisen der aktuell tagenden Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zu vernehmen ist, will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Vergütung der Apotheken für das Erstellen digitaler Impfnachweise drastisch kürzen. Ursprünglich hatte der Minister festgelegt, dass die Offizinen 18 Euro brutto je Impfzertifikat erhalten sollen. Werden die beiden QR-Codes für Erst- und Zweitimpfung in einem Rutsch erzeugt, gibt es nach aktuellem Stand 18 plus 6 Euro, also 24 Euro inklusive Umsatzsteuer für die Digitalisierung einer vollständigen Impfserie mit zwei Einzelimpfungen.

Diese Vergütungshöhe könnte nun allerdings schon zum 1. Juli fallen – und zwar auf pauschal 6 Euro je Impfzertifikat. Bei einer Infoveranstaltung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) kam das gar nicht gut an. Für Klaus Michels, der als Chef des Apothekerverbands Westfalen-Lippe zu Gast war, läuft das Fass nun über. „Jetzt reicht’s“, sagte er. Schon die Kürzung der Vergütung für Bürgertests von 12 auf 8 Euro sei eine „absolute Frechheit“ gewesen. „Ich gehe davon aus, dass keine Apotheken unter den Betrügern waren“, so der AVWL-Vorsitzende. Doch gerade diese treffe die Kürzung hart: Da sie häufig hochqualifiziertes Fachpersonal für diesen Service einsetzten, sei die Testung für diesen Preis für die meisten von ihnen nicht mehr machbar.

Und mit Blick auf die aktuellen Bedingungen sei auch das Ausstellen der Zertifikate für die Apotheken nicht wirtschaftlich. Denn noch spielt die Technik nicht richtig mit. Laut Michels haperte es am gestrigen Dienstag nicht am DAV-Portal, sondern am RKI-Server. Die Folge: Jeder erfolgreich ausgestellte Impfnachweis erfordere derzeit ungefähr 30 Minuten, in denen die Apotheken immer wieder versuchen müssen, den Prozess ordnungsgemäß zum Ende zu bringen und dem Geimpften seine QR-Codes aushändigen zu können. „Dann sind 18 Euro schon eine Unverschämtheit“, wetterte Michels. Er forderte die ABDA-Chefin und Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Regina Overwiening, auf, von Berlin aus klare Worte an den Minister zu richten. „Es ist an der Zeit, Spahn öffentlich ein paar Takte zu sagen.“

Overwiening: „Das geht so nicht!“

Overwiening nannte den Vorstoß eine „heftige Sache“. Sie kündigte an, die ABDA werde sich „deutlich dagegen positionieren“. Zur Apothekenvergütung finde derzeit eine Neiddebatte statt, die Spahn unter Druck setze. „Aber wir können nicht jeden Druck auffangen, den der Minister abkriegt.“ Nun gelte es zunächst auszuloten, wie weit man gehen wolle. „Ich kann Spahn natürlich sagen: Wenn die Vergütung gekürzt wird, fordere ich die Apothekerschaft auf, keine digitalen Impfzertifikate mehr auszustellen.“ In jedem Fall werde sie sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es nicht zu einer solchen Honorarkürzung komme. „Das geht so nicht!“


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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18 Kommentare

unser Lügenminister

von Jürgen Weinberg am 17.06.2021 um 19:07 Uhr

Liebe Kolleg:Innen, was hatten Sie denn erwartet? Unserem Jensi kann man/ frau eben nicht trauen. Warten Sie nal ab, was mit dem ERezept noch auf uns zukommt Makelverbot? Das können wir getrost vergessen. Unser Jensi wird seinen Kumpels bei Doc Mo und Co schon die besten Startpositionen sichern und den Rest dürfen wir machen...Gnade uns G'tt, wenn so jemand wirklich mal Kanzler wird. Dann verkommt Deutschland endgültig zur Bananenrepublik.

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Alles hat seinen Preis

von Dr. House am 17.06.2021 um 11:43 Uhr

Kein Problem, aber dann drucke ich auch nur den drittel QR-Code aufs Zertifikat

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Gut, aber...

von Gerhard Zück am 17.06.2021 um 0:35 Uhr

die Apothekerschaft.... wird das letztendlich auch für 6,-€ machen. Mehr Deutscher Michel als Deutscher Apotheker geht nicht. @DAV > "erst kommt das Fressen, dann die Moral"(B.Brecht) - Solidarität unter Apotheken sieht anders aus, die degoutanten Bemerkungen eines bayrischen LAV - Vorsitzenden legen beredtes Zeugnis ab.
Beste Grüße von einem "Kleinbudenbesitzer", "Trittbrettfahrer" und "Schmarotzer"
Bemerkenswerterweise habe ich meine Selbstständigkeit in
den letzten 30 Jahren auch ohne LAV aufrechterhalten...
G.Zück

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Verlässlichkeit

von Christiane Patzelt am 16.06.2021 um 23:04 Uhr

Wo auch immer Herr Spahn in Zukunft sein Wirken hat, er ist kein verlässlicher Partner-wer will so ne Person wählen?

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AW: Verlässlichkeit

von Holger am 17.06.2021 um 9:34 Uhr

Vielleicht die Millionen Wähler, die immer noch den Apotheker als Besserverdiener sehen?

AW: Verlässlichkeit

von Christiane Patzelt am 17.06.2021 um 9:56 Uhr

@Holger
Die Denke müssen Sie mir erklären -- Spahn ist für den Bürger unwählbar, WEIL er uns in den Augen der Wählerschaft zu gut bezahlt hat.
Spahn ist für uns unwählbar, WEIL er sich nicht an Verabredungen hält.

Ich habe intellektuell ein Problem mit Ihrem Argument.
Wer wählt Spahn, weil wir Besserverdiener sind?

Nichts gelernt

von Carsten am 16.06.2021 um 18:27 Uhr

Von den üblichen "Wir kriegen zu viel Geld" Spahn-Claqueren oben mal abgesehen (Nicals Arz scheint zumindestens kein Apotheker zu sein ....):

Ich hoffe, dass der Berufsstand jetzt endlich auf die Barrikaden geht. Ich werde jedenfalls die Erstellung der Zertifikate ab Juli einstellen mit dem Hinweis auf Unwirtschaftlichkeit. Sollen es die Bürgerämter machen. Oder die Krankenkassen.

Das sind 6 Euro Brutto!

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AW: Nichts gelernt

von Beobachter am 16.06.2021 um 18:34 Uhr

Die Reaktion von Frau O. ist völlig richtig. Man darf solche Ankündigungen/Drohungen nicht einfach so hinnehmen. Säbelrasseln gehört dazu. Wenn man sich einigt, dann in der Mitte. 15 Euro für 2 Zertifikate.

AW: Nichts gelernt

von Carsten am 16.06.2021 um 18:59 Uhr

Ab 18 € Brutto sind wir im geschäfft. Das sind dann 1€ pro Minute für einen Vorgang aus 2x Eintragen und 5-10 Minuten Erklärung.

AW: Nichts gelernt

von Beobachter am 16.06.2021 um 19:08 Uhr

...ich seh´ schon...16.- ohne Aufklärung. ;-)
Es kommen Leute in die Apo - nicht nur Stammkunden.
Nix für ungut :-)

AW: Nichts gelernt

von Andreas Seifert am 16.06.2021 um 19:49 Uhr

Gesundheitsämter, Bürgerämter, "lokale" u. sporadisch arbeitende Impfzentren, Impfbuse u. a.
dürfen nach §22 Infektionsschutzgesetz IFSG
keine Impfzertifikate ausstellen.
Die ist nur den Ärzten, die es nicht machen; den großen Impfzentren, die es wohl nicht alle können und den Apotheken erlaubt.
Die lokalen Zuständigkeiten wurden mit dem IFSG den
Landratsämtern / Gesundheitsämtern entzogen und auf das RKI und somit direkt dem Gesundheitsministerium übertragen.
Ohne Gesetzesänderung kommen die Apotheken hier nicht mehr raus.

Eingetragene Kaufleute?

von Thomas Eper am 16.06.2021 um 17:56 Uhr

Für die Zukunft schlage ich vor, dass als erstes die Vergütung vereinbart wird, wie es sich zwischen Kaufleuten gehört:

"Was möchten Sie haben? OK, machen wir, das kostet...€."

Was hier abgeht ist eigentlich ohne Worte!
Übelste Abzocke.

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Honorarkuerzung

von Niclas Arz am 16.06.2021 um 17:50 Uhr

Man sollte sich halbwegs ehrlich machen. Mit optimierter Eingabemaske koennten 2 digitale Impfzertifikate gleichzeitig erstellt werden. Die Stammdaten sind ja identisch - lediglich Impfdatum, Impfstoff und Charge variieren. Im Durchschnitt ist das eine Angelegenheit von 5 Minuten. Es haetten einen Einmalzuschuss fuer die Einrichtung eines Arbeitsplatzes geben können (ist kalkulatorisch wohl in den 18€ fuer Juni enthalten). Eine dauerhafte Honorierung mit 24€ fuer die digitale Zertifizierung von 2 Impfungen lässt sich seriös nicht argumentieren. Wer das macht, soll handfeste kalkulatorische Zahlen auf den Tisch legen. Mit schlechter technischer Anbindung lässt sich nicht argumentieren - auch nicht mit schlechter technischer Infrastruktur im eigenen Betrieb.

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AW: Honorarkuerzung

von Beobachter am 16.06.2021 um 18:19 Uhr

Sehe ich genauso. Wenn man 6 Euro und 5 Minuten pro Eingabe und Ausdruck und die Sachkosten mitrechnet kommt man auf ungefähr 60-70 Euro/h (12 Zertifikate/h x 6 Euro - Sachkosten)
Dass jetzt mehr gezahlt wird ist ok. Das ist immer so, wenn man schnell etwas haben will, was es noch nicht gibt.
Und irgendwann ist dieses Geschäft sowieso vorbei.

AW: Honorarkuerzung

von Thomas Kerlag am 17.06.2021 um 8:53 Uhr

Absoluter Quatsch.
Er hat den teilweise enormen Erklärungs,- und Prüfaufwand beim
Kunden überhaupt nicht berücksichtigt

Gut, aber...

von Michael Staesche am 16.06.2021 um 16:24 Uhr

... warum fordert sie die Apothekerschaft auf? Da werden immer Opportunisten lauern. Einfach das Modul des DAV abschalten, und gut ist. Dann haben wir Vermittlungsarbeit in den Medien, aber zumindest mal die Aufmerksamkeit. Und Jens hat mehr Ärger als wir am Hals...

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AW: Korrekt

von Stefan Haydn am 17.06.2021 um 12:19 Uhr

Der beste Lösungsvorschlag überhaupt.
Wer unterbezahlt weitermachen möchte kann dies ja dank anderer technischer Lösungen auch. NoQ und was auch immer.
Kostet dann halt zusätzlich, aber dürfte bei dem üppigen Salär doch machbar sein.

Ungehorsam?

von Jan Kusterer am 16.06.2021 um 16:17 Uhr

Es geht nicht um Ungehorsam. Es geht um den freien Willen der Apothekerschaft eine freiwillige Leistung für die Hälfte (bei 12€ für zwei statt 24€ brutto) des vereinbarten Lohns anzubieten oder nicht.

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