Corona-Kabinett

50er-Inzidenz soll aus Infektionsschutzgesetz gestrichen werden

Berlin - 23.08.2021, 16:00 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Messgröße eines Inzidenzwerts von 50 zügig aus dem Infektionsschutzgesetz streichen. (c / Foto: IMAGO / Metodi Popow)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Messgröße eines Inzidenzwerts von 50 zügig aus dem Infektionsschutzgesetz streichen. (c / Foto: IMAGO / Metodi Popow)


Die Zahl 50 spielt derzeit im Infektionsschutzgesetz eine entscheidende Rolle, wenn es um Schutzmaßnahmen gegen SARS-CoV-2 geht. Doch dieser Inzidenzwert könnte in Kürze ausgedient haben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn soll jetzt einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung vorlegen, die vorsieht, die Belastung der Kliniken als neuen Maßstab einzuführen. Die SPD begrüßt die Pläne.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich bereits heute früh im ZDF-Morgenmagazin dafür ausgesprochen, in der Corona-Pandemie die Messgröße eines Inzidenzwerts von 50 aus dem Infektionsschutzgesetz zügig zu streichen. „Die 50er-Inzidenz im Gesetz, die hat ausgedient“, sagte er. Der Wert – der bei mehr als 50 neuen SARS-CoV-2-Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen die Notwendigkeit „umfassender Schutzmaßnahmen“  an sich knüpft – habe für eine ungeimpfte Bevölkerung gegolten. Spahn erklärte, über eine entsprechende Änderung könne der Bundestag noch vor der Wahl am 26. September entscheiden. „Der neue Parameter ist dann die Hospitalisierung“, so der Minister.

Im Corona-Kabinett mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Fachministerinnen und -ministern, das am heutigen Montag erstmals seit der Sommerpause wieder getagt hat, war man sich ebenfalls einig, dass Spahn zügig einen entsprechenden Vorschlag machen und das Bundeskabinett diesen dann beschließen soll. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Den genauen Zeitplan ließen Seibert und ein Sprecher Spahns vorerst offen.

Geimpfte und Genesene müssen nicht mit neuen Einschränkungen rechnen

Menschen, die gegen COVID-19 geimpft oder die genesen sind, müssen nach dem jetzigen Stand dabei keine gravierenden Einschränkungen mehr fürchten. „Man kann den Geimpften sagen, dass sich für sie, auch wenn jetzt die Zahlen weiter ansteigen, nichts ändern wird, und das gilt auch für die Genesenen: Sie müssen jetzt nicht mit neuen Einschränkungen rechnen“, sagte Seibert. Noch könne allerdings nicht vorhergesehen werden, ob eine neue Virus-Variante auftauche, bei der die bisherigen Impfstoffe nicht wirkten.

Die stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas und Dirk Wiese, begrüßten die Pläne: „Die im Frühjahr festgeschriebenen konkreten Inzidenzwerte im Infektionsschutzgesetz von 35 und 50 haben mit dem Impffortschritt in der Bevölkerung längst ausgedient“. Sie kritisieren zugleich, dass CDU und CSU die Vorstöße der SPD, diese Inzidenzwerte zu streichen, immer wieder zurückgewiesen hätten. Die SPD habe seit Monaten auf den Änderungsbedarf im Infektionsschutzgesetz hingewiesen und dazu auch konkrete Formulierungsvorschläge vorgelegt. „Durch die Unionsblockade sind wertvolle Wochen, in denen ein Gesetzgebungsverfahren ordentlich hätte vorbereitet werden können, verstrichen“, so Bas und Wiese. Sie fordern Spahn nun auf „schnellstens einen Gesetzentwurf vorzulegen, damit wir in den kommenden Wochen eine sichere Rechtsgrundlage für Corona-Schutzmaßnahmen der Länder schaffen können.“

Derzeit schreibt das Infektionsschutzgesetz in § 28a Absatz 3 vor, dass bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Genannt wird zudem der Schwellenwert von 35 – ab ihm sind „breit angelegte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine schnelle Abschwächung des Infektionsgeschehens erwarten lassen“. Die 35-er Inzidenz sprachen Spahn und der Regierungssprecher allerdings nicht an.

Künftig sollen sich mögliche Einschränkungen maßgeblich auch an der Zahl der im Krankenhaus behandelten Fälle ausrichten. Details der geplanten Neuregelung nannte ein Sprecher des Gesundheitsressorts auf Nachfrage noch nicht.

Noch diese Woche, nämlich am 25. August, tritt der Bundestag ohnehin zu einer Sitzung während der Sommerpause zusammen. Auf der Tagesordnung stehen eine Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur Lage in Afghanistan und die Beratung von Anträgen zum Thema. Zudem wird über den Entwurf eines Aufbauhilfegesetzes im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Juli beraten. Und: Die Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite steht einmal wieder auf dem Plan. Eine weitere Sitzung wird es am 7. September geben.


Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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