Diskussion zum Thema Nachwuchsgewinnung

Benkert bleibt beim Thema PTA-Vertretungsbefugnis hart

Berlin - 14.09.2021, 16:45 Uhr

Könnte eine erfahrene PTA in Zukunft stundenweise eine:n Approbierte:n vertreten? Die BAK vertritt hier eine harte Linie: keinesfalls. (Foto: contrastwerkstatt /AdobeStock)

Könnte eine erfahrene PTA in Zukunft stundenweise eine:n Approbierte:n vertreten? Die BAK vertritt hier eine harte Linie: keinesfalls. (Foto: contrastwerkstatt /AdobeStock)


Viele Apotheken suchen händeringend nach Personal. Woran liegt es, dass der Nachwuchs offenbar schwer für die öffentliche Apotheke zu gewinnen ist? Und wie lässt sich einem drohenden „Personal-Kollaps“ entgegenwirken? Dies war Thema einer Diskussionsrunde bei der digitalen „Expopharm impuls“. Zur Sprache kam dabei auch der Vorschlag, PTA zumindest stundenweise eine Vertretung zu ermöglichen. Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert, machte allerdings unmissverständlich klar: Für die Standesorganisation ist diese Idee gar kein Thema, sondern einfach nur „sehr gefährlich“.

Unter dem Titel „Nachwuchsgewinnung: Steuert der Apothekenmarkt auf einen Personal-Kollaps zu?“ diskutierten am gestrigen Dienstagabend der Bundesapothekerkammer-Präsident Thomas Benkert, die Vorsitzende des Saarländischen Apothekerverbands Susanne Koch, Adexa-Chef Andreas May und Bianca Partheymüller vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden. Einig waren sich alle in einem Punkt: Studierenden und Berufsanfängern muss ein positiveres Bild von der Arbeit in den Apotheken vermittelt werden. Koch macht dies nur zu gern – sie ist Apothekerin mit Leib und Seele. Doch in berufspolitischen Diskussionen geht es zumeist um die Probleme des Berufsstands, räumt auch Benkert ein.

Schon in der Universität werde den angehenden Pharmazeut:innen oft vermittelt, dass sie mit ihrer anspruchsvollen Ausbildung dort eigentlich fehl am Platze seien. Ein solches Heranziehen von Eliten gefällt Koch gar nicht, für sie als Arbeitgeberin sind nicht nur Bestnoten im Studium wichtig. Dennoch: Viele Studierende schielen eher nach einem Arbeitsplatz in der Industrie – die auch mehr Geld zahlt – oder in Krankenhäusern. Patheymüller ist dennoch überzeugt: Die öffentliche Apotheke bietet Abwechslung und vor allem Sinnhaftigkeit. Patienten und Patientinnen helfen zu können, ist für sie von besonderem Wert, das Geld spiele „nicht unbedingt eine Rolle“, meint sie – allerdings kann sie da nur für sich selbst sprechen.

Wertschätzung und ein gutes Arbeitsklima fördern die Zufriedenheit

Ein guter Verdienst ist natürlich auch wichtig – und bei der Adexa ringt man beharrlich um bessere Bezahlung, um die Apothekenberufe attraktiver zu machen. Doch die Inhaber:innen können ihren Mitarbeitenden auch weitere Annehmlichkeiten bieten, seien es flexible Arbeitszeitmodelle, klare Überstundenregeln, aktuell ein Coronabonus oder vielleicht sogar Hilfe bei der Kinderbetreuung. Es gibt viele Möglichkeiten, die Zufriedenheit beim Personal zu erhöhen, sind May wie auch Koch sicher.

Für und Wider der PTA-Vertretungsbefugnis

Doch gibt es auch Möglichkeiten, Apotheken Luft zu verschaffen, die einen kurzfristigen Engpass haben? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß hatte im August vorgeschlagen angesichts sich verschärfender Personalengpässe berufserfahrenen PTA die kurzfristige Vertretung eines Approbierten zu erlauben. 

Während der Bundesverband der PTA diesen Aufschlag nur zu gerne aufgriff, hatte sich die BAK schnell dagegen positioniert. Susanne Koch, selbst vierfache Mutter und Inhaberin von drei Apotheken, zeigte sich hingegen offen für eine stundenweise Vertretungsmöglichkeit: Gerade mit Kindern könne es passieren, dass man als Leiterin die Apotheke kurz verlassen müsse – dann wäre es aus Kochs Sicht sehr hilfreich, wenn es ihr rechtlich erlaubt wäre, einer PTA für eine kurze Zeit die Apotheke zu überlassen. Selbstverständlich derart, dass sie selbst noch erreichbar wäre. Eine Urlaubsvertretung durch PTA kann sich auch Koch nicht vorstellen. Ähnlich sieht es May: Über eine stundenweise Vertretung müsse man zumindest reden können. Dies könne den PTA-Beruf auch aufwerten und damit attraktiver machen.

Tür und Tor geöffnet für die Abschaffung des akademischen Heilberufs?

Benkert zeigte sich in diesem Punkt allerdings unnachgiebig: Der Hochschulberuf lasse sich nicht durch PTA vertreten. „Kein Arzt würde auf die Idee kommen, sich in der Praxis von seiner Medizinischen Fachangestellten vertreten zu lassen“, betonte er. Es könne auch schlicht nicht kontrolliert werden, wann eine PTA da oder ob die Chefin wirklich erreichbar sei. Er entwickelte düstere Zukunftsszenarien: Es bestehe die Gefahr, dass hier der Weg geebnet würde für Modelle, in denen der Apotheker in einem Büro erreichbar wäre und Arzneimittel – kontrolliert über den Bildschirm – über ein Distributionszentrum im Supermarkt ausgegeben werden. Wenn die Politik sehe, es gehe stundenweise auch mit einer Ausbildung und zwei Jahren Berufsfachschule, könne sie auch auf die Idee kommen, die Apotheke gleich ganz an die Fachhochschule zu degradieren, fürchtet der BAK-Präsident. Hier ließe sich auch die PTA-Schule einschieben – und am Ende habe man ein „Mittelding“ und der akademische Heilberuf „Apotheker“ sei weg.

Koch und May sind dagegen weniger pessimistisch und stellen die praktischen Aspekte in den Vordergrund. Sie sehen durchaus die Möglichkeit, einen rechtlich sicheren Weg zu finden, der eine eng umgrenzte Vertretungsbefugnis ermöglicht. Die Diskussion dürfte noch nicht zu Ende geführt sein.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

PTA und VERTRETEN

von Dr.Diefenbach am 16.09.2021 um 18:11 Uhr

Solche Standpunkte wie von Herrn Benkert vertreten ,werden sich irgendwann von selbst erledigen.Würden Teile des ABDA Vorstandes sich so deutlich in ANDEREN politischen Bereichen bewegt haben, wäre das sicher effizienter für den ganzen Stand gewesen.Nur nochmal zum Mitschreiben:Wie soll das gehen, wenn in einer durchgehend geöffneten Apotheke, wenn nur ein Pharmazeut DA ist, hier eine geordnete Pause statt finden?Es ist doch heute schon real, dass PTAs auch eine
Vertretung machen, nur eben illegal, weil es die Sachlage nicht anders hergibt.Wir hängen in diesem Fall alten Zöpfen nach.Ich kenne genug PTAs die es vom Fachwissen her mit KollegInnen aufnehmen können.Tut mir "leid",aber es ist so.Und auch darum sollte man die Brücke überschreiten auch PTAs,diei eine Zusatzausbildung machen und lange Praxis aufweisen, eine
legale Perspektive aufzeigen.Viele würden es dankend annehmen!Und:Wenn irgendwann Kapitalgesellschaften aufschlagen, werden Benkertsche und anderer Herren Denkprozesse überholt sein!!

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PTA vertretungsbefugnis

von Brigitte am 15.09.2021 um 11:08 Uhr

Ich bin auch der Meinung, dass eine erfahrene PTA mehr Kompetenz hat, als eine frisch Examinierte! Die müssten erst mal 1 Jahr Beruferfahrung sammeln. Bis 2019 war es möglich, dass ich telefonisch erreichbar und in 10 Minuten in der Apotheke sein musste. Warum wurde das abgeschafft? Also in meiner Apotheke gab es jedenfalls keine Toten . Mindestens muss es eine Regelung bei Personalmangel oder Erkranung der Vertretung geben. Ausserdem habe ich ja auch keine Oberaufsicht, wenn ich selbst im Beratungsgespräch bin, telefoniere oder aufs Klo gehe! Muss ich dann die Apotheke zusperren?

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?‍♀️

von Kristina am 14.09.2021 um 22:24 Uhr

Meine Urlaubsvertretung müsste ein IT-Techniker und „Männchen für alles“ sein und kein Apotheker…
Ich bin der Meinung, dass eine PTA mit 20 Jahren Berufserfahrung mich besser vertreten kann als die frisch examinierte Apothekerin…und es wird keiner sterben, weil ich als Apothekerin vielleicht mal kurz zum Bäcker gehe…sonst sterbe ich vor Hunger!!!

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Rechtsgrundlage

von Dr Schweikert-Wehner am 14.09.2021 um 16:48 Uhr

Um in der öffentlich Apotheke wichtig zu sein und wirklich helfen zu können, fehlt die notwendige Rechtsgrundlage. Wir können ja nicht mal einen Lippenherpes erkennen, ohne die Aprobation zu gefährden.

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