Kommentar

Wozu Präqualifizierung? Apotheker sind hochqualifiziert!

21.10.2021, 10:45 Uhr

Ob die Versorgung besser wird, nur weil man eine Bohrmaschine im Keller haben muss, darf bezweifelt werden. (c / Foto: janvier / AdobeStock)

Ob die Versorgung besser wird, nur weil man eine Bohrmaschine im Keller haben muss, darf bezweifelt werden. (c / Foto: janvier / AdobeStock)


Die Präqualifizierung war in den Apotheken von Anfang an ein Ärgernis. So war so manche Versorgung, die man jahrelang problemlos gestemmt hatte, plötzlich nicht möglich, weil irgendwelche formalen, in der Praxis bislang völlig irrelevanten Anforderungen nicht erfüllt waren. Der neueste Irrsinn ist die Präqualifizierung für Trink- und Sondennahrung. Dabei sollte es dort, ebenso wie vielen anderen Versorgungsbereichen, doch eigentlich einfach reichen, Apotheker und somit nicht nur  vor-, sondern hochqualifiziert zu sein.  

Für viele Dinge, die früher selbstverständlich in der Apotheke abgegeben wurden, ist heute eine Präqualifizierung notwendig. Dazu gehören zum Beispiel Pennadeln, Spacer und Inkontinenzprodukte. Dieser zusätzliche Aufwand in Kombination mit teils absurden Anforderungen und oft nicht einmal kostendeckender Honorierung hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass immer mehr Apotheken bestimmte Versorgungsbereiche aufgeben. Die Dummen sind die Patient:innen, weil sie plötzlich mehrere Anlaufstellen haben.

Besonders absurd mutet der Präqualifizierungswahn bei Hilfsmitteln an, die im direkten Zusammenhang mit einem Arzneimittel zur Anwendung kommen, wie beispielsweise Vorschaltkammern für Dosieraerosole. Apotheker:innen sind studierte Arzneimittelfachleute und hochqualifiziert. Warum braucht es da eine zusätzliche Vor-Qualifizierung? Zumal diese sich ja rein auf Formalien beschränkt und nichts darüber aussagt, ob in der betreffenden Apotheke tatsächlich adäquat zu dem jeweiligen Hilfsmittel beraten wird und eine gute Versorgung stattfindet. Die neueste Schikane: Es braucht künftig eine Präqualifizierung für Trink- und Sondennahrung. Was kommt als Nächstes? Müssen sich Apotheken demnächst „präqualifizieren“, um Arzneimittel abzugeben?

Apotheke zu sein, sollte reichen

Dabei wäre die Lösung ganz einfach: Für bestimmte Versorgungsbereiche sind Apotheken qualifiziert und sollten sie abgeben dürfen, einfach nur, weil sie Apotheken sind. Die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke ist bekanntermaßen an ein erfolgreich abgeschlossenes Pharmaziestudium inklusive Approbation geknüpft. Das sollte eigentlich mehr wert sein, als gestellte Fotos mit dem vom Nachbarn ausgeliehenen Spiegel. Für „fachfremde“  Bereiche kann man ja dann über zusätzliche Anforderungen reden, aber nicht für die, für die man per Ausbildung qualifiziert ist. 

Die Apotheker:innen sind übrigens nicht die einzige Berufsgruppe, die das trifft. So benötigen beispielsweise Optiker:innen eine Präqualifizierung, um Brillen zulasten der GKV abzugeben. Das tröstet allerdings genauso wenig wie die Tatsache, dass man für die Abgabe von Trink- und Sondennahrung immerhin keine Bohrmaschine braucht.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Wasserkopf

von J.M.L. am 21.10.2021 um 18:29 Uhr

Ich bin für die Einführung einer Präqualifizierung bei den Krankenkassen. Jede Kasse muss alle 2 Jahre ermitteln wie groß ihr bürokratischer Wasserkopf ist. Dies muss ähnlich dem Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt und Apotheker" bei jeder Krankenkassen-Werbung verpflichtend im Nachsatz angegeben werden "Dies ist die Kasse XY. Unser aktueller bürokratischer Wasserkopf verprasst XY€."

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ey

von Karl Friedrich Müller am 21.10.2021 um 12:14 Uhr

warum meckert sonst keiner?
Sind alle so saturiert und bequem, dass ihnen das am Popo vorbeigeht?

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AW: ey

von Gregor Huesmann am 21.10.2021 um 12:44 Uhr

Wundert Sie das? Sie kennen doch sicherlich den Witz: Professor verlangt von seinen Studenten, das Telefonbuch von Berlin auswendig zu lernen. Der Medizinstudent fragt: "Warum denn das?", der Pharmaziestudent fragt: "Bis wann?"
Dies erklärt doch alles.

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